Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
»Die Entschlüsselung des Rätsels ist nicht sehr hilfreich, sie gibt eigentlich nur Hinweise auf Toulouse.« Man hörte ihm die Enttäuschung deutlich an. »Die zweite Zeile erwähnt Rosen. Handelt es sich um einen Garten? Und wenn ja, wo ist er?«
»Wie ich schon gesagt habe, fürchte ich, dass wir das Rätsel nicht vollständig entschlüsselt haben.« Ignazio deutete auf das Pergament. »Es muss noch andere versteckte Hinweise geben.«
»Das glaube ich auch«, sagte der Junge und starrte auf die Buchstaben, die sie vorher nicht gedeutet hatten.
»Ich habe schon versucht, die nicht unterstrichene Hälfte der Buchstaben zu lesen, aber keinen Sinn darin gefunden.«
»Schreib sie trotzdem in das Notizheft«, forderte ihn Ignazio auf, während sich sein Gesicht nachdenklich verzog.
Gehorsam begann Uberto, die Buchstaben auf das Pergament genau neben das vorherige Rätsel zu kopieren.
ecsvnrvtas
latverbain
teroiamara
olose+lvna
togtangism
hvsrvberpo
enigersitn
+celvmsanc
midnvcafit
iratvrlavr
csa+svitne
lepivsserv
camgineata
ampistelle
Als er damit fertig war, sah sich der Händler die übertragenen Buchstaben genau an. Zunächst versuchte er, die Ochsentritt-Methode anzuwenden, durch die er die erste Hälfte der Botschaft hatte deuten können, doch das brachte ihm keinen Erfolg. Von links nach rechts gelesen, ergab die erste Zeile keinen Sinn. Deshalb nahm er sich die zweite Zeile vor und erkannte dort plötzlich das Wort verba . Er zügelte seine Erregung, da er nicht sicher war, ob er den rechten Weg gefunden hatte. Seiner Eingebung folgend, überprüfte er das Ganze noch einmal genau, sah sich auch die darunterliegenden Zeilen an … und erhielt seine Vermutung bestätigt.
Er hatte den Schlüssel gefunden! Triumphierend sah er seine Begleiter an.
»Hast du etwas herausgefunden?«, fragte ihn Willalme.
Ignazio nickte. »Wir sind so einfältig gewesen, wir hätten nur die Richtung umkehren müssen.«
»Welche Richtung?«, fragte Uberto, der vor Neugierde beinahe platzte.
»Die Leserichtung selbstverständlich!« Ignazio tippte mit dem Finger auf das Pergament. »Wir müssen diese zweite Abschrift auf ähnliche Weise lesen wie die erste, nur dass wir diesmal die Richtung umkehren und zuerst von rechts nach links lesen müssen.«
Uberto und Willalme blickten ihn erstaunt an, während er im Banne seiner Entdeckung die Botschaft gemäß seinen Ausführungen niederschrieb:
satvrnvsce
latverbain
aramaioret
olose+lvna
msignatgot
hvsrvberpo
ntisregine
+celvmsanc
tifacvndim
iratvrlavr
entivs+asc
lepivsserv
ataenigmac
ampistelle
»Nimmt man die Trennelemente, also die Kreuze, heraus, dann lautet der Text folgendermaßen:
satvrnvscealtverbainarmaioretolose
lvnamsignatgothvsrvberpontisregine
celvmsanctifacvndimiratvrlavrentivs
asclepivsserataenigmacampistelle
Uberto beugte sich vor, um den Text zu lesen. »Diesmal scheint es sich um Latein zu handeln«, bemerkte er.
»So ist es wohl«, bestätigte Ignazio. »Der Text ist auf Latein verfasst, auch wenn es ein wenig dialektal gefärbt ist.«
»Vielleicht wissen wir ja jetzt, wo unser Ziel liegt«, freute sich Willalme.
Ohne eine Erwiderung las Ignazio die Botschaft laut vor, indem er die einzelnen Worte voneinander trennte:
Saturnus celat verba in ara maiore Tolose
Lunam signat Gothus Ruber Pontis Regine
Celum Sancti Facundi miratur Laurentius
Asclepius servat aenigma Campi Stelle
Nachdem er dies gehört hatte, übersetzte Uberto den Text für Willalme so, wie der es vor einigen Tagen für ihn getan hatte:
Saturnus verbirgt die Worte im Hauptaltar von Toulouse.
Gothus Ruber zeichnet den Mond auf der Brücke der Königin.
Lorenzo beobachtet den Himmel in Sanctus Facundus.
Asclepius bewahrt das Geheimnis im Sternenfeld.
Der Franzose runzelte die Stirn. »Also enthält die verschlüsselte Botschaft von Viviën nicht nur ein, sondern zwei Rätsel, eins auf Provenzalisch und eins in Latein.«
»Dieses unterscheidet sich jedoch grundlegend von dem vorigen«, fügte Uberto hinzu. »Das erste spricht von gefallenen Engeln, das zweite von Planeten, vom Mond und von den Sternen.«
»Meiner Meinung nach ist die Deutung des zweiten Rätsels viel einfacher«, sagte Ignazio. »Jede Zeile weist auf einen anderen Ort hin, also wird unsere Reise vier Ziele haben.«
»Vier«, wiederholte Uberto. »Genau wie die vier Teile des Buches.«
»Genauso ist es.« Ignazio zählte es an seinen Fingern ab. »Vier Buchteile, vier Orte. Das ist
Weitere Kostenlose Bücher