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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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einmal Vergeltung!
    Du bist ein taktloser Mensch! entgegnete Berta. Ein Mann von
Bildung setzt sich mit seiner Frau nicht in der Küche
auseinander.
    Sie zog sich in ihr Zimmer zurück, die Türen heftig hinter sich
zuschlagend. Rachel hatte sich wieder zu ihrer Bratpfanne gewandt
und schien auf den Streit ihrer Herrenleute nicht weiter zu achten.
August trippelte noch eine Weile in der Küche herum, dann folgte er
seiner Frau ins Zimmer.
    Verstehe mich recht, meine Liebste, sagte er; ich habe nicht
deinetwegen gesprochen, sondern wegen dieser Magd, die uns
vielleicht bestiehlt. Die 20 Sous müssen sich doch finden.
    Die junge Frau machte eine Gebärde der Verzweiflung; bleich und
entschlossen blickte sie ihm ins Gesicht und sagte:
    Lasse mich endlich zufrieden mit deinen 20 Sous! Mit 20 Sous
wäre mir wenig geholfen: 500 Franken brauche ich monatlich! Ja, 500
Franken für meine Toilette! Du sprichst von Geld vor der Magd in
der Küche! Ich will auch davon sprechen! Lange genug habe ich
geschwiegen! 500 Franken will ich haben.
    Diese Forderung machte ihn sprachlos vor Erstaunen. Sie aber
begann den heftigen Streit, den ihre Mutter seit 20 Jahren alle
vierzehn Tage mit ihrem Vater hatte. Ob er sie vielleicht barfuß
wolle herumlaufen lassen? Und wenn man sich eine Frau nehme, müsse
man sich wohl auch entschließen, sie wenigstens anständig zu
kleiden und zu ernähren. Lieber wolle sie sterben, als ein solches
Bettlerleben führen! Sei es denn ihre Schuld, wenn er sich im
Geschäfte als unfähig erweise? Ja, unfähig, ohne
Gedanken, ohne Tatkraft, nichts weiter
verstehend, als jeden Heller in vier Teile zu zerschneiden. Ein
Mann, der seinen Ruhm habe darein setzen müssen, rasch sein Glück
zu machen, seine Frau wie eine Königin zu schmücken, um die
Besitzer des Ladens »Zum Paradies der Damen« vor Wut bersten zu
machen! Aber nein! Mit einem so beschränkten Kopf sei der Bankerott
unvermeidlich! Aus dieser Flut von Worten trat die wütende Gier
nach dem Gelde hervor, diese Anbetung des Geldes, die sie im
Elternhause gelernt hatte, wo sie die Scheußlichkeiten gesehen, in
die man verfällt, um sich auch nur den Schein zu geben, als ob man
es habe.
    500 Franken! sagte er endlich. Lieber sperre ich den Laden.
    Sie blickte ihn kalt an und sagte:
    Du weigerst dich? Gut denn: so werde ich Schulden machen.
    Wieder Schulden! Du Unglückliche!
    In einer Bewegung plötzlicher Heftigkeit hatte er sie am Arme
ergriffen und stieß sie gegen die Mauer. Ohne zu schreien, vor Wut
erstickend, lief sie zum Fenster, wie um sich auf die Straße zu
stürzen; doch kam sie wieder zurück, stieß ihn zur Türe und warf
ihn hinaus, indem sie stammelte:
    Gehe, sonst geschieht ein Unglück!
    Dann schob sie geräuschvoll den Riegel vor. Er blieb einen
Augenblick zögernd stehen und lauschte. Dann ging er rasch in den
Laden hinunter, entsetzt durch die im Schatten funkelnden Augen
Saturnins, den das Geräusch des kurzen Kampfes aus der Küche
gelockt hatte.
    Octave, der eben einer alten Frau Taschentücher verkaufte, sah
sofort seine verstörten Züge. Er sah ihn nervös vor dem Pulte auf
und ab trippeln. Als die Kunde fort war, brach er los.
    Mein Lieber, sie wird verrückt, sagte er, ohne seine
Frau zu nennen. Sie hat sich in ihrem
Zimmer eingeschlossen. Tun sie mir den Gefallen und gehen Sie
hinauf, um mit ihr zu reden. Ich fürchte ein Unglück!
    Der junge Mann tat, als ob er zögere. Die Sache sei heikel,
meinte er; doch entschloß er sich endlich aus Ergebenheit für das
Haus. Vor der Türe Bertas traf er Saturnin aufgepflanzt. Der
Verrückte hatte ein drohendes Grunzen vernehmen lassen, als er die
herannahenden Schritte hörte, doch zeigte er ein freundliches
Grinsen, als er Octave erkannte.
    Ach, du? sagte er. Du, das ist gut… Sie soll nicht weinen.
Erfinde etwas für sie; sei artig mit ihr… Und bleibe da; fürchte
nichts; ich bin hier; wenn die Magd nachschauen will, schlage ich
zu.
    Er setzte sich auf die Erde und bewachte die Türe. Da er noch
immer einen Stiefel seines Schwagers in den Händen hielt, fuhr er
fort zu wichsen, um sich die Zeit zu vertreiben.
    Octave entschloß sich anzuklopfen. Kein Geräusch, keine Antwort.
Da nannte er seinen Namen. Sogleich ward der Riegel
zurückgeschoben. Berta öffnete zur Hälfte und ließ ihn eintreten.
Dann schob sie mit erregter Hand den Riegel wieder vor und
sagte:
    Sie ja; er nicht!
    Und sie ging, zornig erregt, im Zimmer auf und nieder, vom Bett
bis zum Fenster, das offen

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