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Der Hase mit den Bernsteinaugen

Der Hase mit den Bernsteinaugen

Titel: Der Hase mit den Bernsteinaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund de Waal
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Partys. Wenn alle gegangen waren, tranken wir spätnachts noch einen Whisky und hörten uns Opernplatten an.«
    Ein Leben in Kodachrome - ich kann das gelb-schwarze Auto auf einer staubigen Straße in den japanischen Alpen aufblitzen sehen, wie eine Hornisse, ich sehe die rosa Kroketten, umrahmt von Weiß.
    Sie erkundeten Japan zusammen, fuhren zu einem Gasthof, wo es an bestimmten Wochenenden besonders gute Bachforellen gab; in eine Küstenstadt zum Herbst-mafswn, einer unter viel Gedrängel und Gestoße ablaufenden Parade rot-goldener Festwagen. Sie gingen in Ausstellungen japanischer Kunst in den Museen im Ueno-Park. Und zu den ersten Ausstellungen, in denen Impressionisten aus den europäischen Museen gezeigt wurden, die Schlangen reichten vom Eingang bis zum Ausgang. Sie kamen aus der Pissarro-Ausstellung, und Tokio sah aus wie Paris im Regen.
    Doch die Musik war mit ihrem Zusammenleben am innigsten verbunden. Beethovens Neunte Symphonie war im Krieg außerordentlich populär geworden. Die Neunte - im Volksmund als Dai-ku bekannt - wurde zum essenziellen Teil des Jahresendfestes, riesige Chöre sangen die »Ode an die Freude«. Während der Besatzung wurde das Tokyo Symphony Orchestra teilweise von den Besatzungsbehörden gesponsert, die Programme richteten sich nach den Wünschen der Soldaten. In den frühen 1950er Jahren nun gab es in ganz Japan regionale Orchester. Schulkinder, den Ranzen auf dem Rücken, waren mit Geigenkästen unterwegs. Ausländische Orchester gaben Gastspiele, und Jiro und Iggie besuchten ein Konzert nach dem anderen: Rossini, Wagner, Brahms. Sie sahen zusammen »Rigoletto«, und Iggie erinnerte sich, dass dies die erste Oper gewesen war, die er mit seiner Mutter in ihrer Loge in der Hofoper während des Ersten Weltkriegs gesehen hatte; beim Schlussvorhang hatte sie geweint.
    Und so ist dies der vierte Ruheplatz der Netsuke. Es ist eine Vitrine in einem Wohnzimmer im Tokio der Nachkriegszeit, das hinaussieht auf ein Beet mit gestutzten Kamelien; nachts wird sie umspült von brausenden Wellen aus Gounods »Faust«.
     
    Wo haben Sie die her?
     
    Die Ankunft der Amerikaner bedeutete, dass Japan neuerlich ein Land zum Ausbeuten geworden war, ein Land voll attraktiver Dinge, Satsuma-Vasen, Kimonos, Lackarbeiten und vergoldete Schwerter, Faltwandschirme, mit Pfingstrosen bemalt, Truhen mit Bronzegriffen. Japanische Sachen waren so billig, so reichlich verfügbar. Der erste Bericht von Newsweek über das besetzte Japan vom 24. September 1945 war übertitelt: »Yanks auf Kimonojagd - was dürfen Geishas und was nicht?« Diese anzügliche und zugleich kryptische Überschrift, die Souvenirs und Mädchen in eines setzt, bildet ein Resümee der Besatzung. Später berichtete die New York Times von »Matrosen auf Einkaufsbummel«: Für GIs gab es wenig zu kaufen, wenn sie schon alles für Zigaretten, Bier und Mädchen ausgegeben hatten.
    Ein erfolgreicher apres-guerre eröffnete am Pier in Yokohama eine kleine Geldwechselbude, wo die ersten amerikanischen Soldaten Dollars in Yen umtauschen konnten. Er kaufte und verkaufte auch amerikanische Zigaretten. Der Punkt aber war: Die dritte Sparte seines Geschäfts bestand darin, »billige japanische Nippsachen, etwa bronzene Buddhafiguren, zu verkaufen. Messingkerzenleuchter, Weihrauchöfchen, die er aus ausgebombten Stadtvierteln geborgen hatte. Diese Kuriositäten, damals große Neuheiten, verkauften sich wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.«
    Woher wusste man, was man kaufen sollte? Alle Soldaten »mussten eine Stunde Gefechtsausbildung in Themen wie japanische Blu-mensteckkunst, Weihrauchanzünden, Ehe, Kleidung, Teezeremonien und Kormoranfischerei über sich ergehen lassen«, ätzte John LaCerda in »The Conqueror Comes to Tea: Japan under MacArthur«, erschienen 1946. Wer es ernsthafter wollte, der hatte die neuen Einführungen in japanisches Kunsthandwerk zur Verfügung, gedruckt auf seidenpapierdünnem grauem Papier. Das Japanische Reisebüro gab solche Führer heraus, »um Touristen und anderen an Japan interessierten Ausländern Grundkenntnisse über die verschiedenen Epochen der japanischen Kultur zu vermitteln«. Darunter waren etwa: »Die Blumenkunst Japans«, »Hiroshige«, »Kimonos (japanische Kleidung)«, »Japanischer Teekult«, »Bonsai (Miniaturbäumchen im Topf)«. Und natürlich: »Netsuke: eine japanische Kunst en miniature«.
    Vom Nippesverkäufer am Pier von Yokohama zu den vor einem Tempel sitzenden Männern mit einer

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