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Der Hase mit den Bernsteinaugen

Der Hase mit den Bernsteinaugen

Titel: Der Hase mit den Bernsteinaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund de Waal
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politischen Gesprächen zu, soll aber selber nichts sagen, wenn man sich nicht an sie wendet. Jeden Morgen spaziert sie mit ihrem Vater zur Bank. In ihrem Schlafzimmer stellt sie ihre eigene Bibliothek zusammen: Jedes neue Buch wird in Bleistift mit einem säuberlichen EE und einer Nummer bezeichnet.
    Gisela ist eine hübsche Zehnjährige, die sich gerne schön anzieht. Iggie ist neun, etwas pummelig und geniert sich deswegen; in Mathematik ist er nicht besonders, aber Zeichnen liebt er über alles.
    Der Sommer kommt, die Kinder fahren mit Emmy nach Kövecses. Sie hat ein neues Kostüm bestellt, schwarz, mit einer plissierten Bluse, sie wird damit auf Contra, ihrem Lieblingsbraunen, reiten.
    Am Sonntag, dem 28. Juni 1914, wird Erzherzog Franz Ferdinand, Thronfolger des Habsburgerreichs, in Sarajevo von einem jungen serbischen Nationalisten ermordet. Am Donnerstag kommentiert die Neue Freie Presse, die politischen Konsequenzen dieser Handlung würden stark übertrieben dargestellt.
    Am folgenden Samstag schickt Elisabeth eine Postkarte nach Wien:
    »4. Juli 1914. Liebster Papa, vielen Dank, dass Du Dich um die Professoren für das nächste Semester gekümmert hast. Heute war es vormittags sehr warm, wir konnten im See schwimmen gehen, aber jetzt ist es kälter, vielleicht wird es regnen. Ich bin mit Gerty und Eva und Witold nach Posztan gefahren, aber es hat mir nicht sehr gefallen. Toni hat neun Hündchen geworfen, eines ist gestorben, wir müssen sie mit der Flasche füttern. Gisela gefallen ihre neuen Kleider. Tausend Küsse. Deine Elisabeth«
    Am Sonntag dem 5. Juli verspricht der deutsche Kaiser den Beistand Deutschlands im Krieg Österreichs gegen Serbien; Gisela und Iggie schreiben eine Postkarte vom Fluss in Kövecses: »Liebster Papa, meine Kleider passen sehr gut. Wir gehen jeden Tag schwimmen, weil es so heiß ist. Uns geht’s gut. Viele Grüße und Küsse von Gisela und Iggie.«
    Am Montag dem 6. Juli ist es kühl in Kövecses, und sie gehen nicht schwimmen. »Heute habe ich eine Blume gemalt. Viele Grüße und tausend Küsse von Gisela.«
    Am Samstag dem 18. Juli kehren Mutter und Kinder aus Kövecses nach Wien zurück. Am Montag dem 20. Juli berichtet der britische Botschafter Sir Maurice de Bunsen nach Whitehall, der russische Botschafter in Wien sei zu einem vierzehntägigen Urlaub abgereist. Am selben Tag fahren die Ephrussi in die Schweiz, zu ihrem »langen Monat«.
    Immer noch flattert die kaiserlich-russische Flagge vom Dach des Bootshauses. Viktor, der sich Sorgen darüber macht, dass sein bald erwachsener Sohn eventuell Militärdienst in Russland ableisten wird müssen, hat den Zaren um Änderung seiner Staatsbürgerschaft ersucht. In diesem Jahr ist Viktor Untertan des vierundachtzigjährigen Franz Joseph geworden, Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venetien, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien, Großherzog der Toskana, König von Jerusalem und Herzog von Auschwitz.
    Am 28. Juli erklärt Österreich Serbien den Krieg. Am 29. Juli verkündet der Kaiser: »Ich vertraue auf Meine Völker, die sich in allen Stürmen stets in Einigkeit und Treue um Meinen Thron geschart haben und für die Ehre, Größe und Macht des Vaterlandes zu schwersten Opfern immer bereit waren.« Am 1. August erklärt Deutschland Russland den Krieg. Am 3. August erklärt Deutschland Frankreich den Krieg und marschiert am nächsten Tag im neutralen Belgien ein. Damit fällt das ganze Kartenhaus in sich zusammen, und Großbritannien erklärt Deutschland den Krieg. Am 6. August folgt die Kriegserklärung Österreichs an Russland.
    Mobilmachungsbescheide in allen Sprachen der Monarchie werden von Wien ausgeschickt. Züge werden requiriert. Jules und Fanny Ephrussis junge französische Lakaien, die so achtsam mit dem Porzellan umgehen und sie auf dem See herumrudern, werden einberufen. Die Ephrussi stecken im falschen Land fest.
    Emmy reist nach Zürich und bittet den österreichischen Generalkonsul Theophil von Jäger - einer ihrer Liebhaber -, ihnen beim Zurückschaffen des Haushalts nach Wien behilflich zu sein. Zahlreiche Telegramme fliegen hin und her. Kindermädchen, Dienstmädchen und Koffer müssen auf Reisen geschickt werden. Die Eisenbahnen sind überfüllt, es gibt zu viel Gepäck, und der Fahrplan der unerschütterlichen k.k. Eisenbahnen, so verlässlich wie das spanische Hofzeremoniell, so pünktlich wie die Hoch- und Deutschmeister, die am

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