Der Hauch von Skandal (German Edition)
wollte keinen schnellen Liebesakt mit einer Dirne. So etwas brachte nur oberflächliche Befriedigung – und möglicherweise auch noch irgendeine Krankheit. Er war zu abgespannt, um diese Vorstellung auch nur im Entferntesten reizvoll zu finden. Er wollte Joanna Ware. Joanna mit ihrem wunderschönen, geschmeidigen Körper, den er – zugegeben – zwar noch nie gesehen, aber sich in äußerst lustvollen Einzelheiten vorgestellt hatte … Joanna, der er misstraute und die er dennoch so leidenschaftlich und heiß begehrte. Joanna, die er am liebsten geschüttelt hätte wegen ihres hartnäckigen Beharrens darauf, selbst in die Arktis zu reisen und die kleine Nina Ware abzuholen. Sah sie denn nicht ein, wie gefährlich das war?
Er würde ihren Plan jedoch mühelos durchkreuzen, deswegen war er an diesem Abend schließlich hier.
„Du hast schlechte Laune“, stellte Owen Purchase mit seiner tiefen, volltönenden Stimme fest. Er kippelte auf seinem Stuhl nach hinten und hob den Bierkrug an die Lippen. „In letzter Zeit ein Dauerzustand bei dir, wie ich hörte.“
„Wahrscheinlich hat Dev dir das erzählt.“ Alex machte es sich auf der Bank an dem groben Holztisch bequem. „Und ich vermute, er ist ebenfalls hier, oben, mit irgendeinem Mädchen, oder?“
Purchase grinste. „Was bist du neuerdings – sein Vater?“
„Manchmal fühle ich mich tatsächlich so“, stöhnte Alex. „Am liebsten würde ich ihn von hier fortzerren, ihn ermahnen, vorsichtig zu sein, damit er sich keine Krankheit einfängt …“
„Er ist jung, Grant“, fiel Purchase ihm ins Wort. „Die Jungen machen ihre eigenen Fehler. Sie wollen nie auf einen hören.“ Er stellte den Krug ab, legte die Unterarme auf den Tisch und sah Alex aus seinen hellgrünen Augen belustigt an. „Die Älteren wohl auch nicht, wie ich gehört habe. David Ware?“
„Du hast die Neuigkeiten also schon erfahren.“
„Ich habe gehört, dass er dich zusammen mit seiner Witwe zum Vormund für sein uneheliches Kind gemacht hat“, berichtete Purchase und neigte den Kopf zur Seite. „Und dass du versuchst, sie daran zu hindern, nach Spitzbergen zu reisen und das Mädchen nach Hause zu holen.“
„Es heißt, du seist pleite, weil Cummings und seine Bankkollegen sich geweigert haben, deine verrückte Reise nach Mexiko finanziell zu unterstützen“, konterte Alex. „Daher willst du dein Schiff an Lady Joanna vermieten, damit sie ihre verrückte Reise nach Spitzbergen antreten kann.“
Purchase lachte, seine weißen Zähne blitzten in dem gebräunten Gesicht auf. „Schlechte Neuigkeiten sprechen sich schnell herum. Aber ich werde mein Vermögen in Mexiko machen und dich eines Besseren belehren, Grant.“
„Vielleicht. Kann ich dich bis dahin überreden, nicht mit Lady Joanna ins Geschäft zu kommen?“
Purchase schwieg einen Moment und schüttelte dann langsam den Kopf. „Zu spät. Ich habe den Vertrag heute Nachmittag unterschrieben.“
Alex zuckte zusammen, doch seine Überraschung wich rasch unbändigem Zorn. Wie es aussah, hatte Joanna keine Zeit verloren. „Zur Hölle mit ihr!“, stieß er gepresst hervor. „Dummheit gepaart mit Geld ist eine verhängnisvolle Kombination.“
Purchase zog die Augenbrauen hoch. „Du bist ziemlich aufgebracht. Warum?“
Alex spürte einen ebenso rasenden Zorn wie im Park von Lincoln’s Inn Fields, als Joanna ihm deutlich gesagt hatte, dass sie seinen Rat ignorieren und nach Spitzbergen reisen würde. „Die Arktis ist kein Ort für eine Frau“, sagte er schroff und versuchte, seinen Zorn zu bändigen. „Das weißt du, Purchase.“
Purchase zuckte die Achseln. „Ich gebe zu, das Klima dort ist rau.“
„Rau!“, brauste Alex auf. „Es ist tödlich! Und sie ist eine Frau, die ohne Luxus nicht leben kann. Sie macht sich keine Vorstellung von Entbehrungen, Hunger und erbarmungsloser Kälte …“
„Das wird sie schnell lernen“, erwiderte Purchase ungerührt.
„Sie wird schnell sterben.“ Alex verstummte, schockiert über die Heftigkeit seiner Gefühle.
Owen Purchase sah ihn mit beherrschter Miene an. „Ich wusste gar nicht, dass du sie magst, Grant.“
„Das tue ich auch nicht!“, fuhr Alex ihn an.
Purchase zuckte erneut die Achseln. „Wenn Sorge um Lady Joanna also nicht der Grund für deine Gefühle ist, was dann? Schuldgefühle wegen deiner Frau?“
Alex fühlte sich, als hätte er einen Fausthieb in den Magen erhalten.
Schuld.
Nicht einmal seinen engsten Freunden gegenüber hatte er je die
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