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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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fürchten, das so lustige, so schöne Augen hatte, die sich drollig auf ihren Stielen bewegten, in denen sich das Licht wie in einem tausendfachen Spiegel brach, so daß sie zauberhaft glitzerten.
    „Xindy, mein Freund“, sagte Jonas. Sie gaben sich die Hand. Xindys fremdartige, dreifingrige Hand hatte nur so ausgesehen wie ein, spitze, harte Kralle, sie war weich und zart.
    „Guten Morgen, Jonas“, sagte Xindy. „Soll ich dir etwas zu trinken bringen?“
    „Später, Xindy, ich will erst noch ein wenig schlafen.“
    Als Jonas wieder aufwachte, war er allein. Auf dem Regal neben dem Bett stand ein Glas Sirupwasser.
    „Ihr könnt hereinkommen“, rief er, „ich bin wach.“
    „Es ist niemand da, nur ich.“
    „Xindy!“ Jonas war froh, seine Stimme zu hören. „Dann habe ich wohl nur geträumt, daß Vater hier war?“
    „Ja, es war ein Traum. Wie fühlst du dich? Hast du Angst?“
    „Nein.“
    „Glaube mir, Jonas, ich will dir nichts Böses tun. Und du bist kein Gefangener. Ich bringe dich sofort nach Hause, wenn du es möchtest – es war nicht meine Idee, hier oben auf dem Berg zu landen, oder?“
    „Tut mir leid“, sagte Jonas. „Ich verstehe gar nicht, was mit mir los war.“
    „Ich habe dir wohl zuviel zugemutet. Ich weiß halt noch zuwenig über euch Menschen. Ich hatte vor allem keine Ahnung, daß du dich daran erinnern konntest, mich im Traum gesehen zu haben.“
    „Dann bist du das wirklich?“
    „Ja. Ich habe mein Bild in deine Träume geschickt, um zu testen, wie du auf meinen Anblick reagierst. Er ist ziemlich schlimm für einen Menschen, nicht wahr?“
    „Nun ja, etwas ungewöhnlich, das muß ich schon zugeben.“
    „Für uns sieht ein Mensch auch sehr, sehr ungewöhnlich aus“, sagte Xindy. „Was denkst du, welches Aufsehen du in meiner Heimat erregen würdest.“
    „Nimmst du mich mit?“ Jonas faltete die Hände, preßte die Finger gegeneinander, daß sie ganz rot wurden; er hatte Angst vor der Antwort.
    „Würdest du gerne mitkommen?“
    „Ich weiß nicht, ich glaube, mir fehlt der Mut.“
    „Hab keine Angst. Ich werde nichts tun, was du nicht willst, das verspreche ich dir. Großes Ehrenwort.“
    Jonas lachte erleichtert.
    „Und du fürchtest dich jetzt nicht mehr vor mir?“
    „Nein, du kannst ruhig herunterkommen. Laß uns zusammen frühstücken, ich habe einen Mordshunger.“
    „Es geht wirklich nicht. Die Luft auf der Erde ist giftig für uns. Ich muß hier oben bleiben. Ich habe die Dachkammer umgebaut, jetzt ist sie so etwas wie eine kleine Raumstation für mich, eine hermetisch abgeschlossene Kabine.“
    „Und wenn ich zu dir komme?“
    „Du würdest auf der Stelle tot umfallen. Die Luft, die ich atme, ist Gift für Menschen.“
    „Dann können wir uns nie richtig sehen?“ fragte Jonas betroffen.
    „Nein, niemals.“
    Aber Xindy mußte hier unten gewesen sein. Wer sonst hatte ihn ins Bett gelegt, das Sirupwasser hingestellt? Und heute früh die Herdplatte repariert?
    „Ja, das war ich“, sagte Xindy. „Aber wenn ich meine Kabine verlasse, muß ich einen Raumanzug anziehen; das ist sehr beschwerlich, und du würdest doch nur meinen Skaphander sehen.“
    „Ich verstehe.“ Das Fernsehen hatte vorige Woche übertragen, wie Kosmonauten hoch über der Erde ihr Raumschiff verließen, sie sahen auch nicht wie Menschen aus, sondern wie Roboter. Oder die Astronauten, die so merkwürdig über den Mond gehüpft waren – Jonas stutzte. Das mit der Herdplatte hatte er doch gar nicht ausgesprochen, nur gedacht.
    „Stimmt“, sagte Xindy, „ich kann deine Gedanken lesen.“ Jonas erschrak.
    „Ich entschuldige mich für das ,Ungeheuer’ und das ,Monster’“, stotterte er.
    „Schon gut, ich bin nicht empfindlich. Und ich kann dich verstehen. Bei mir zu Hause würde man dich für ein Monster halten. Mit diesen merkwürdigen Haaren auf dem Kopf, den winzigen Ohren, den fest im Schädel sitzenden Augen und der geradezu ekelhaft nackten Haut bist du für unseren Geschmack, entschuldige bitte, entsetzlich häßlich, ganz abgesehen davon, daß du nicht einmal einen Schwanz hast.“
    „Das fehlte noch!“ rief Jonas.
    „Wie unterschiedlich wir auch aussehen, wir können uns trotzdem verständigen, oder? Wir sind beide intelligente Lebewesen.“
    „Stimmt“, sagte Jonas.
    „Wir müssen uns halt so nehmen, wie wir sind. Auf meinem Planeten gelte ich für ein ziemlich schönes Exemplar, und du bist, soviel ich weiß, für einen Menschen auch nicht gerade

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