Der Hausflug
dieser Planet sein?
Jonas erinnerte sich an drei Dinge, die ihm wenig sagten: Xindy habe einen Bogen um den Kern der Galaxis geschlagen, über drei Spiralarme hinweg, und er sei etwas über 40 000 Lichtjahre geflogen.
Unsere Galaxis – oder Milchstraße – sieht von der Seite wie ein doppelter, zugedeckter Suppenteller aus, wenn man aber von oben auf sie blicken könnte, würde die Milchstraße wie eine Spirale aussehen: in der Mitte der Kern, von ihm gehen gebogene Strahlen aus; Kern und Strahlen bestehen aus Sternen. Insgesamt sind es rund einhundert Milliarden Sterne, eine schon unvorstellbar große Zahl: 100 000 000 000.
Wenn Xindy nun einen Bogen um den Kern der Galaxis geschlagen und drei Spiralarme durchquert hatte, mußte er fast vom anderen Ende der Milchstraße gekommen sein; dem würde auch die Entfernung entsprechen, die er angegeben hat. Lichtjahr ist nämlich kein Zeitmaß, sondern ein Entfernungsmaß, eine Art Superkilometer. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die ein Lichtstrahl in einem Jahr zurücklegt; in der Sekunde schafft er 300 000 Kilometer.
Die Entfernung zwischen Xindys Stern und unserer Sonne wäre also etwa 380 Trillionen Kilometer. Ich schreibe diese Zahl einmal aus, damit ihr wenigstens seht, wie groß sie ist:
380 000 000 000 000 000 Kilometer. Vorstellen kann man sich das nicht mehr, höchstens vergleichen. Die Entfernung zwischen Erde und Mond beträgt „nur“ 384 400 Kilometer.
Xindy hat behauptet, sein Raumschiff fliege schneller als das Licht. Wie das möglich sein soll, weiß ich nicht. Kein Mensch weiß das, und Xindy hat es, wie so vieles andere, nicht erklärt. Bestimmt hätte Jonas es auch gar nicht verstanden, es nicht einmal andeutungsweise wiedergeben können.
Ich könnte euch jetzt etwas über „Hyperraum“ oder „Schwarzes-Loch-Passagen“ oder die „Raum-Zeit-Knoten“ erzählen, aber das sind nur sehr vage, sehr schwer zu verstehende, vor allem aber durch nichts zu beweisende Theorien. Ja, in utopischen Büchern und Filmen fliegen die Raumschiffe spielend von einem Stern zum anderen, sogar zu unendlich fernen Galaxien, die Wissenschaftler jedoch grinsen nur, wenn man ihnen damit kommt. Überlichtgeschwindigkeit sei unmöglich, sagen sie, reine Phantasie, Hirngespinste.
Ich hoffe, sie behalten nicht recht. Ich hoffe, daß Jonas sich richtig erinnert, daß er sich nicht verhört hat. Wenn Xindy tatsächlich von so weit hergekommen ist, wenn sein Raumschiff wirklich schneller als das Licht fliegen kann, dann werden auch wir Menschen eines Tages solche Reisen machen können. Es ist ein beklemmender Gedanke, daß die Menschen nie weiter fliegen können sollen als bis zu dem Dutzend Sternen in unserer ummittelbaren Nachbarschaft.
Nun, wo Xindys Planet auch sein mag, für ihn und seine Kameraden war es eine Reise ins Unbekannte. In diesen Teil unserer Milchstraße war bisher noch nie ein Raumschiff vom Chlm gekommen. Fast wäre es auch für Xindy eine Reise in den Tod geworden; alle seine Kameraden sind dabei umgekommen.
Das Raumschiff wurde von einem Meteoriten getroffen. Wo, wissen wir nicht. Vielleicht geschah es bereits in der sogenannten Oortschen Wolke, einer riesigen Wolke von Milliarden Kometen am Rande unseres Sonnensystems, noch jenseits von Neptun und Pluto, ich vermute aber, es passierte in dem Asteroidengürtel zwischen Jupiter und Mars, wo etliche zehntausend Asteroiden und Meteoriten umherfliegen. Einige dieser Steinbrocken sind bis zu mehreren Kilometern dick, die meisten aber nur so groß wie eine Faust oder ein Ball, dazu kommen unendlich viele kosmische Splitter.
Soviel ist sicher: Es kann nur ein kleiner Meteorit gewesen sein, sonst wäre das Raumschiff völlig zerstört worden.
Selbstverständlich haben, solche Raumschiffe ein Sicherheitssystem, das Zusammenstöße unmöglich machen soll, Computer, die viel schneller reagieren können, als ein Mensch – oder ein Chlmianer – denken kann, die das Raumschiff ausweichen lassen oder den Meteoriten vernichten, aber dieses System war ausgefallen. Warum, hat Xindy nicht gesagt; vielleicht war es ihm selbst unerklärlich.
Die Hülle des Raumschiffes wurde aufgeschlitzt. So schnell die Schotten zu den anderen Räumen auch von der Automatik geschlossen und das Leck von den selbständig arbeitenden Robotern abgedichtet wurde, der größte Teil des Atmungsstoffes entwich, und die Besatzung, die zu diesem Zeitpunkt keine Skaphander trug – warum auch, wer rechnet schon damit, daß das
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