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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Gefühle. Ich kann auf ihr spielen, aber ich kann ihr nichts vormachen. Zur Zeit bin ich sehr verwirrt, ängstlich und traurig. Wir hätten einen Umweg nehmen sollen, nicht an der gelben Tür vorbei. Dort ruhen meine toten Kameraden.“
    „Du hast sie an Bord?“
    „Ja, aber glaube nicht, daß es bei uns Pflicht ist, die Toten mitzunehmen. Es ist durchaus üblich, gestorbene Astronauten im Weltall auszusetzen, in der Nähe einer Sonne, in die sie dann stürzen und verbrennen. Doch nach der Katastrophe hatten wir drei uns geschworen, unsere Kameraden zum Chlm zurückzubringen und dort beizusetzen.“
    „Darf ich sie sehen?“
    „Warum?“ Xindy blickte ihn aufmerksam an. Jonas zuckte mit den Schultern. „Gut, komm.“
    Ein Raum voller Apparaturen und geschlossener stählerner Wannen, drei Reihen mit je sechs solcher Behälter. Sollte der achtzehnte etwa Xindys Sarg sein?
    „Das sind sozusagen unsere Reisebetten“, erklärte Xindy. „Für Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit braucht man sehr komplizierte Apparaturen, sonst würde kein Lebewesen es überleben. Wir reisen im Tiefschlaf, das Raumschiff wird von Automaten geführt. Erst wenn es wieder unter Lichtgeschwindigkeit fliegt, dürfen die Astronauten diese Wannen verlassen.“
    Xindy trat an die Wand, schaltete, die Wannen wurden durchsichtig. Es war nicht viel von den toten Astronauten zu sehen, alle trugen die hochgeschlossenen, weißen, seidigen Kombinationen, die großen Ohren bedeckten die Augen, die Hände waren über der Brust gekreuzt. Jonas mußte ein Schluchzen unterdrücken, sein Mund war trocken, und es würgte ihm im Hals.
    „Als schliefen sie nur.“ Xindy seufzte. „Ich fürchte, ich kann unseren Schwur nicht erfüllen. Ich werde wohl hier auf der Erde sterben.“
    „So was darfst du nicht denken!“ sagte Jonas. „Du kehrst bestimmt zurück, ganz bestimmt.“
    Xindy schwieg lange.
    „Niemand wird wissen, wo wir abgeblieben sind“, sagte er dann. „Ich habe nicht genug Energie, um einen Funkspruch von hier aus zum Chlm zu schicken; das verbliebene Phlochl brauche ich, um das Raumschiff zu vernichten.“
    „Vernichten?“ Jonas sah ihn ungläubig an.
    „Ich darf es auf keinen Fall in irdische Hände fallen lassen. Es kann zu einer furchtbaren Katastrophe kommen, wenn Unwissende an den Geräten herumspielen, und das würden eure Wissenschaftler mit Sicherheit tun. Ich habe immer Angst, daß mir etwas passiert, wenn ich unterwegs bin. Es gibt zwar eine automatische Einrichtung, die das Raumschiff zerstört, sobald ich kein Lebenszeichen mehr gebe, aber wenn schon das Sicherheitssystem versagen konnte… Ich habe auch Angst, daß man meine Leiche findet und sie in einem Institut der Menschen aufbewahrt und auseinandernimmt, verstehst du?“
    „Das verstehe ich“, sagte Jonas. „Hab keine Angst. Wenn es wirklich passieren sollte, werde ich dich heimlich beerdigen. Das verspreche ich dir. Und daß ich niemandem was sage, nicht einmal Vater.“
    „Das würdest du tun?“
    „Großes Ehrenwort.“ Jonas streckte Xindy die Hand entgegen, und der schlug ein.

Das zwölfte

    Wo liegt Kongo? – Es brennt!
Von Eiern, „Schwanzhakeln“ und „Himmelsball“
     
    „Wir müssen zum Haus zurück“, sagte Xindy. „Deine Luft reicht nur noch für dreißig Minuten.“
    „Schade. Ich habe erst so wenig gesehen. Du nimmst mich noch einmal mit, ja?“
    „Wenn wir Zeit dafür finden – unser zweiter Tag ist schon fast vorüber.“
    „Was?“ Jonas wollte auf die Uhr sehen, doch die steckte unter dem Skaphander. „Wie spät ist es denn?“
    „Einundzwanzig Uhr dreißig Erdzeit.“
    „Und wie spät ist es jetzt auf dem Chlm?“
    „Das ist nicht zu vergleichen. Ich erkläre dir das später. Komm.“
    Xindy drängte ihn zur Tür. Er hastete, als ginge es um Minuten. Die „fliegenden Teller“ rasten den Gang hinunter, Xindy stoppte kurz vor seinem Zimmer, kam mit einem Kasten wieder heraus, schwang sich auf seinen Sitz, weiter, den Raumanzug anlegen, die Schleuse passieren, zum Haus schwimmen – eine blaue Lampe leuchtete an Jonas’ Helm auf.
    „Auftauchen“, befahl Xindy. Er nahm Jonas an die Hand und zog ihn nach oben. Kaum hatten sie die Köpfe aus dem Wasser gesteckt, strich Xindy mit dem Finger um seinen Hals und nahm ihm den Helm ab.
    „Das war knapp“, sagte er. „Das letzte Stück mußt du über Wasser schwimmen.“
    Das Haus war nirgends zu sehen. Xindy mußte auch an ihm einen Peilsender angebracht haben, denn er schwamm

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