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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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auf, er solle den zweiten nehmen. Sie schwebten den langen Gang hinunter, passierten mehrere durchsichtige Türen, die Jonas erst bemerkte, als er durch sie hindurchfuhr; es gab ein Gefühl in den Fingern, als dringe man durch Spinnweben. Sie stoppten vor einer lila Tür. Die „Teller“ sanken zu Boden, so daß sie bequem absteigen konnten, dann verschwanden sie in der Decke des Ganges.
    Die Zentrale verwirrte Jonas. Er blieb gleich am Eingang stehen, erschlagen von der Fülle des wechselnden, kreisenden, auf- und abschwellenden Lichtes, der Überfülle von dunkel oder grell leuchtenden, flirrenden Farben, von den wechselnden Tönen, dröhnend, dann wieder kaum wahrnehmbar leise, vom tiefsten, röhrenden Baß bis zu schmerzend schrillen Höhen. Dazu Apparate über Apparate, einer fremdartiger als der andere, in der Mitte des Raumes, unter einem riesigen, kuppelförmigen, in viele Facetten geteilten Bildschirm, ein Steuerpult mit fünf Sesseln. So etwas hätte er nicht einmal in seinen kühnsten Träumen erwartet. Das gab es nicht in den aufwendigsten utopischen Filmen. Aber das hier war keine Filmkulisse, dies war Wirklichkeit.
    Xindy trat an das Pult, strich liebevoll mit den Fingern darüber. Ein Laut kam von seinen Lippen, den der Computer nicht übersetzte, wahrscheinlich war es ein Seufzen. Xindy drehte sich um, winkte Jonas zum Ausgang.
    „Gehen wir. Die Maschinenräume kann ich dir nicht zeigen, sie wären bestimmt auch langweilig für dich, ebenso unsere Lager und Werkstätten.“
    „Und die Roboter?“ sagte Jonas. „Du hast mir doch von den Robotern erzählt, die das Leck abdichteten…“
    „Da steht einer.“ Xindy zeigte auf eine Kiste mit Greifarmen. „Und dort, dort, dort.“ Keiner sah aus, wie Jonas sich einen Roboter vorgestellt hatte. Xindy lachte, als er sein ungläubiges Gesicht sah. Er nahm einen flachen Kasten zur Hand, der wie eine Fernseh-Fernbedienung aussah; der erste Roboter setzte sich in Bewegung, wackelte zu einem der Geräte, nahm die Frontplatte ab, faßte mit den Greifarmen hinein, zog sie wieder zurück, machte den Apparat zu und glitt an seine ursprüngliche Stelle.
    „Wir haben etwa tausend an Bord“, sagte Xindy. „Jeder sieht anders aus, und alle sind letztendlich langweilige Maschinen.“
    „Und die Küche?“ sagte Jonas. „Eine Küche habt ihr doch bestimmt.“
    „Nein, nur Automaten, die alles liefern, was wir bestellen. Fast alles. Unsere Speisekarte hat nur zweitausend Gerichte, chlmische, versteht sich; dir würde davon nichts schmecken.“
    „Aber wenigstens einmal sehen möchte ich es, ja?“
    „Gut, fahren wir zum Speiseraum.“
    Der sah auch nicht gemütlicher aus als ihr Schulspeiseraum oder die Kantine in Vaters Betrieb, fand Jonas. Ein nackter, nüchterner Raum mit drei runden Tischen und jeweils sechs Sesseln.
    „Und hier schmeckt es euch?“ fragte Jonas. „Bei den kahlen Wänden?“
    „Das läßt sich ändern.“ Xindy trat an einen der Tische, ließ seine Finger auf einer Tastatur spielen, auf den Wänden erschien ein Bild, nein, es schien, als befänden sie sich plötzlich in einer richtigen Landschaft, am Strand eines chromgelben Meeres, auf dem sich leichte Wellen kräuselten und über dem der rostbraune Himmel stand und eine violette Sonne.
    Jonas setzte sich Xindy gegenüber, er wollte ganz genau mitbekommen, wie er aß. Kaum hatte er Platz genommen, da erschien auch vor ihm in der Tischplatte ein Bildschirm und zeigte ein buntes, äußerst fremdartiges Muster.
    „Die Speisekarte“, erklärte Xindy. Zeichen tauchten auf, huschten in rasender Geschwindigkeit vorüber – nicht einmal wenn er chlmisch gekonnt hätte, wäre es Jonas gelungen, etwas auszuwählen. Xindy stoppte die Zeichen, drückte die Taste, keine Minute später öffnete sich in der Mitte des Tisches eine bis dahin nicht sichtbare Klappe, und ein Teller erschien, dann ein halbes Dutzend Schüsselchen. Tatsächlich, sie hatten auch auf dem Chlm runde weiße Teller und Schüsseln.
    Das Essen hätte Jonas nicht kosten mögen, zu fremd sah es aus: schwarz und lila und blau, sechs verschiedene Sorten, Gemüse oder Früchte mochten das sein, langfaserig das eine, klebrig-klumpig das andere, ein drittes sah wie Salatblätter aus, ein anderes fast wie Rosenkohl; in den Schüsseln befand sich so etwas wie Suppen oder Soßen.
    Xindy ließ sich von Jonas’ neugierigen. Blicken nicht stören. Er nahm das Besteck, das aus einer anderen Öffnung des Tisches herauswuchs, eine

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