Der heilige Erwin und die Liebe
komisch«, sagt Erbse. »Ich glaube, ich will lieber nach Hause!«
s ist ein herrliches Gefühl, wieder körperlos zu sein. Frei, leicht, schnell â eins mit der Atmosphäre. Das fühlt sich regelrecht himmlisch an, denkt Jesus. Er schieÃt als Sturmböe über die Stadt und liefert sich ein Wettrennen mit den Tauben, die aufgescheucht über die Dächer flattern. Dann lokalisiert er seinen Vater. Olli-Lolli schlurft mit müden Beinen durch die StraÃen, dem Zuhause des Jungen entgegen. Anscheinend kommt Er erst jetzt von der Verfolgung Erwins zurück, zu der Er am Vormittag aufgebrochen war. Jesus drosselt sein Tempo, dann sinkt er hinab und umhüllt den Körper des Jungen.
Gott spürt die Gegenwart seines Sohnes deutlich und bleibt wie erstarrt stehen. »Jesus, bist du das?«, flüstert Er.
Im nächsten Moment schlüpft Jesus in Olli-Lollis Körper.
»Was soll das denn werden?!«, fragt Gott aufgebracht, »Hier bin ich doch schon drin!«
»Sorry, ich musste bei mir raus!«, signalisiert Jesus ihm.
Im selben Augenblick kennt Gott die ganze Geschichte. Die göttliche Einheit ist wiederhergestellt â Vater und Sohn teilen ein gemeinsames Bewusstsein, mit allen Gedanken und allen Erinnerungen.
»Gabâs denn wirklich keine andere Lösung, als Erbse so überstürzt zu verlassen und das Projekt in Gefahr zu bringen?« Gottes Einwand schleicht in der Form eines schlechten Gewissens durch das Bewusstsein. Doch die Erinnerung an das galoppierende Pferd, die beide nun teilen, erschreckt auch ihn, so dass Er seinem Sohn keine weiteren Vorhaltungen macht. Jesus unterdessen liest in den Gedanken seines Vaters, wie dessen Tag verlaufen ist. Ein weiterer einsamer Spaziergang von Erwin, dem Gott als Olli-Lolli unauffällig folgte. Bis Erwin ihn durch das Fenster seines Stammcafés entdeckte und zur Rede stellte. SchlieÃlich hat der Mann ihn ins Café eingeladen. Die beiden haben sich nett unterhalten und für den folgenden Tag wieder zum Spaziergang verabredet.
»Ich bin mit Rita aber auch weitergekommen!«, lässt Jesus seinen Vater wissen und macht ihn auf die Erinnerung an das Gespräch zwischen Erbse und Rita aufmerksam.
»Gut«, signalisiert Gott, »aber was bringt uns das, wenn du nicht mehr in Erbse steckst? Du musst zu ihr zurückgehen, sie ist das Bindeglied zu Rita!« AuÃerdem ist es mir mit dir hier drin zu eng, denkt Gott, und sein Sohn muss ihm zustimmen. Trotzdem erscheint es ihm unmöglich, wieder in Erbse zu schlüpfen. Er macht sich noch immer Vorwürfe, das Kind in Gefahr gebracht zu haben.
»Und wie verwirrt und unsicher sie war, nachdem sie wieder aufgewacht ist«, erinnert er sich. »Das kann ich ihr wirklich nicht noch einmal zumuten!« Jesus überlegt hin und her. »Können wir nicht einen anderen Weg finden, um an Erwin und Rita heranzukommen?«, fragt er schlieÃlich. »Vielleicht eine neue Gestalt?«
Sofort erfüllt Gottes Gegenargument das geteilte Bewusstsein. »Ohne die Kinder ist alles bisher umsonst gewesen!«, rügt Er. »Wir brauchen Erbse und Olli-Lolli!«
»Und wenn wir versuchen, die Kinder davon zu überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten?«, setzt Jesus dagegen.
Gott zweifelt. Allerdings muss Er zugeben, dass ihn die Aussicht reizt, den Körper des Jungen so bald wie möglich zu verlassen. Nie wieder Ãrger mit Lollis Brüdern, wabert ein Gedanke als verführerische Aussicht durch das Bewusstsein. »Aber wie um alles in der Welt soll es uns gelingen, die Kinder für unsere Sache zu gewinnen?«, fragt Gott.
»Lass mich nur mal machen«, signalisiert ihm Jesus. »Es ist alles nur eine Frage des richtigen Auftretens!«
Und plötzlich, ohne dass sie genau sagen könnten, wie es geschieht, sind sich Vater und Sohn einig. Sobald Olli-Lolli an diesem Abend eingeschlafen sein wird, werden sie den Körper verlassen.
Still und friedlich liegen die StraÃen in der Dunkelheit. Eine klirrende Kälte hat Einzug in die Stadt gehalten und die Menschen in ihre Häuser getrieben. Niemand ist auf der StraÃe zu sehen, nur gelegentlich fährt ein Auto vorbei. Die Fenster der Häuser sind durch Vorhänge vor Blicken von auÃen geschützt, heimelig und warm scheint Licht auf die StraÃe hinaus. Einige Fenster sind weihnachtlich mit kleinen Lämpchen geschmückt, hier und da verzieren
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