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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Einsatz in Somalia als weiteren Affront gegen die islamische Welt.
    In den USA hatte bis dahin noch nie jemand von Al-Qaida gehört, Bin Laden war eine weitgehend unbekannte Figur. Die Amerikaner sonnten sich 1992 in dem Gefühl, als weltweit agierende Wohltäter willkommen zu sein. Der Extremist Bin Laden aber fühlte sich provoziert – und er wurde aktiv. Ein kleiner Kreis von Gleichgesinnten versammelte sich Ende 1992 in Bin Ladens Haus in Khartum. Unter ihnen war auch der Iraker Abu Hadscher. Er hatte mit Bin Laden gegen die Sowjets in Afghanistan gekämpft. Davor war der gelernte Elektroingenieur Oberst der irakischen Armee gewesen. Im Gegensatz zu Bin Laden verfügte Abu Hadscher über eine gewisse spirituelle Autorität, da er den Koran auswendig konnte und durch Deklamieren der Verse seine Zuhörer anrührte – er galt als Bin Ladens Imam. Ein Al-Qaida-Angehöriger, der später zu den Amerikanern überlief und als Kronzeuge gegen seine ehemaligen Gesinnungsgenossen aussagte, berichtete über die fatale Entwicklung, die im Dezember 1992 im Haus Bin Ladens in Gang gesetzt wurde. Der Hausherr hatte den Kern Al-Qaidas, etwa drei Dutzend Mitglieder, eingeladen, um sie durch eine »Fatwa« zu motivieren – also durch ein religiöses Rechtsgutachten. Damit sollte sein persönlicher Imam Abu Hadscher eine theologische Grundlage für militante Aktionen gegen die Amerikaner liefern, zum Beispiel in Somalia. In seiner Fatwa verkündete dieser, dass Angriffe auf amerikanische Soldaten religiös gutgeheißen würden. In einer zweiten Fatwa erklärte er, dass auch Zivilisten, die im weitesten Sinne die Amerikaner unterstützen, getötet werden dürfen. Ebenso seien Muslime, die Amerikaner unterstützen, legitime Ziele, sagte Abu Hadscher unter Berufung auf den Gelehrten Ibn Taimiya, der im 13. Jahrhundert gewirkt hatte. Dessen historische Fatwa bezog sich auf den Kampf gegen Mongolen, die Bagdad geplündert hatten, aber auch zum Islam übertraten. Im Machtkampf stellten sich heikle Fragen: Durfte man muslimische Brüder angreifen, die mit den Mongolen zusammenarbeiteten? Taimiya fand eine einfache Lösung. Man dürfe auch Muslime töten, die den Mongolen halfen. Seien sie gute Muslime gewesen, kämen sie ja ohnehin in den Himmel; seien sie schlechte Muslime gewesen, wäre ihnen eben die Hölle gewiss. Für Abu Hadscher und seine Al-Qaida-Komplizen hieß dies: Man dürfe jeden umbringen, der sich mit dem Gegner einließ. Das war die selbst erteilte Lizenz zum fast unterschiedslosen Töten. Sie entsprach der Mentalität jener Extremisten, die sich im Haus Bin Ladens versammelt hatten. Diese Männer, die er im Sudan um sich geschart hatte, waren entwurzelte Islamisten, zum Teil Al-Qaida-Veteranen aus dem Afghanistankrieg. Sie alle waren Fanatiker, die in ihren Heimatländern keine Basis und keine Existenz hatten. Diese Männer radikalisierten sich nun gegenseitig und bestärkten sich in dem Ziel, die islamistische Revolution in die Welt zu tragen – so etwa nach Europa: 1992 beobachte-ten Bin Laden und seine Al-Qaida-Kerntruppe aufmerksam die Situation im zerfallenden Jugoslawien. Dessen Teilrepubliken führten Krieg gegeneinander; in Bosnien gab es eine muslimische Bevölkerungsgruppe, die durch serbische Angriffe schwer in Bedrängnis geriet. Al-Qaida schickte Hunderte von arabischen Gotteskriegern nach Bosnien in einen Krieg, den man durchaus noch als »defensiven Dschihad« rechtfertigen konnte.

    Bild 216
    In Somalia herrscht Anarchie, die zu einer Hungersnot führt – Hunderttausende sterben.
    Bild 179
    US-Truppen sollen im Rahmen eines UN-Mandats in Somalia Ordnung schaffen und Hilfslieferungen schützen.

    Bild 195
    Ein Gotteskrieger in Bosnien 1992: Der Anführer einer geheimen, 400 Mann starken arabischen Truppe beim Gebet.
    Doch Al-Qaida wollte auch in die Offensive gehen – und zwar gegen Amerika. Auch dort gab es islamistische Fanatiker, die von Bin Laden finanziell unterstützt wurden. In New Jersey, nur durch den Hudson River von New York City getrennt, gab es ein Stadtviertel, das »Little Egypt« genannt wurde. Hier hatte sich der blinde Scheich Omar Abdel-Rahman niedergelassen, ein Ägypter, der in den USA politisches Asyl beantragt hatte. In den USA hielt er vor muslimischen Einwanderern Vorträge, in denen er gegen die Amerikaner hetzte; er bezeichnete sie als »Abkömmlinge von Affen und Schweinen, die an den Tischen der Zionisten, Kommunisten und Kolonialisten speisen«. Er rief dazu auf,

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