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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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hatte der im Jahr 316 geborene Sohn eines römischen Tribuns aus der Provinz Pannonien, dem heutigen Ungarn. Sein Name, Martinus, ist von dem des Kriegsgottes Mars abgeleitet. Eine Laufbahn als Offizier in der römischen
Armee war für ihn vorgezeichnet. Mit 15 wurde er zur Leibgarde des römischen Kaisers eingezogen. Erst nach Vollendung der 25-jährigen Dienstzeit, in der er gegen Alemannen und Germanen ins Feld hatte ziehen müssen, begann Martin seine Laufbahn als Missionar des Christentums.
    Bild 2
    Als Dank für seinen Sieg über die Alemannen ließ sich der Merowingerkönig Chlodwig I. Ende des 5. Jahrhunderts taufen. Französische Buchmalerei, 14. Jahrhundert.
    Bild 3
    Die Buchmalerei aus Fulda (10. Jh.) zeigt zwei Szenen aus dem Leben des Bonifatius (675 – 755): Germanentaufe und Tod bei der Friesenmission.
    Bild 9
    Der »Bassenheimer Reiter« aus der Mitte des 13. Jahrhunderts zeigt die Szene, die den heiligen Martin berühmt machen sollte. Sandsteinrelief, Sankt Martin in Bassenheim.
    Die zweite Karriere Martins deutete sich bereits früher an. Zu den berühmtesten Legenden, die über den späteren Heiligen erzählt werden, gehört die Teilung seines Mantels. Als Mitglied der kaiserlichen Garde im französischen Amiens habe der Zwanzigjährige, so heißt es, auf diese Weise einem nackten Bettler zu einem wärmenden Kleidungsstück verholfen. Der halbierte Mantel des Heiligen gehörte später zum Kronschatz der fränkisch-merowingischen Könige. Chlodwig I., mit dessen Taufe Ende des 5. Jahrhunderts das Christentum zur verbindlichen Staatsreligion im Frankenreich wurde, erhob Martin zum Nationalheiligen.
    Die Stadt Tours wurde zum Schwerpunkt der seelsorgerischen Tätigkeit Martins. Nicht zuletzt dank seiner asketischen, vorbildlichen Lebensführung war der Nothelfer im Jahr 372 zum Bischof von Tours geweiht worden. Es war vor allem sein Ruf als Wundertäter und Heiler, der die Wirkungsstätte des Heiligen im Laufe der Jahrhunderte zum wichtigsten Pilgerziel Zentraleuropas machte. Die Reichtümer, die ab dem Tod Martins im Jahr 397 in Tours angehäuft worden waren, weckten dreieinhalb Jahrhunderte später auch die Begehrlichkeiten der maurischen Besatzer Andalusiens.
    Die Verteidiger von Tours verließen sich bei ihrem Kampf gegen die fremden Invasoren nicht nur auf ihre militärische Stärke, sondern auch auf göttlichen Beistand. Eine Reliquie sollte helfen, übernatürliche Kräfte aufseiten der Christen zu mobilisieren: ein Stück des Schwamms, der Jesus am Kreuz zur Linderung seiner Durstqualen gereicht worden war. Das heilige Fragment hatte Odo von Aquitanien 732 als Glücksbringer mit in die Schlacht von Tours und Poitiers geführt. Überreicht worden war ihm die Reliquie vom Papst in Rom in Anerkennung seiner früheren Erfolge gegen die Muslime. Der Fürst von Aquitanien hatte die Invasoren aus Andalusien schon einmal zurückgeschlagen: nämlich 721 vor der größten Stadt seines aquitanischen Reiches, Toulouse.
    Die Inanspruchnahme göttlichen Beistands in Form einer Reliquie deutet darauf hin, dass die christlichen Verteidiger in dem Kräftemessen mit
den Muslimen mehr sahen als eine Abwehr unliebsamer Räuber. Das Verhalten der Männer um Karl Martell könnte vielmehr darauf hinweisen, dass sie eine Ahnung davon hatten, dass das Schicksal Europas auf dem Spiel stand. Jedenfalls spricht die Gegenwart der Passionsreliquie dafür, dass die Führung der Koalitionstruppen die militärischen Fähigkeiten ihres Gegners als äußerst hoch und gefährlich einstufte. Und dass sie bereit war, für einen Sieg auf jede Art von Hilfe zu vertrauen.
    Christianisierung durch das Schwert
    Karl Martell gehörte wie seine karolingischen Nachfolger zu jenen Herrschern, welche die Verbreitung des Christentums massiv vorantrieben. Er unterstützte die Mission iroschottischer Mönche in Zentraleuropa. Bonifatius, von der katholischen Überlieferung zum »Apostel der Deutschen« ernannt, stattete der Hausmeier 723 mit einem Schutzbrief aus. Die fränkischen Machthaber sahen in der straff organisierten Kirchenhierarchie auch ein Mittel zur Konsolidierung ihrer eigenen Macht. Darüber hinaus waren sie an guten Beziehungen zum Papst in Rom interessiert. Der Stellvertreter Christi in Rom konnte ihre Herrschaft im Frankenreich durch seinen Segen legitimieren – eine symbolische, aber für das Herrschaftsverständnis des Mittelalters unentbehrliche Geste. Als der Hausmeier Pippin 751 den letzten rechtmäßigen König der

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