Der Heilige Krieg
persönlicher Armut, Keuschheit und Gehorsam. Ging es zunächst um die Versorgung von Verwundeten und Krankenpflege im Heiligen Land, so übernahmen die Ordensritter im Lauf der Zeit zum Schutz der Pilgerzüge immer mehr militärische Pflichten und beteiligten sich an Kampfhandlungen gegen die Muslime. Als Besatzung im Heiligen Land wurden sie zum bedeutenden Machtfaktor. Doch die Ritterorden vermochten ihre Stellungen im Heiligen Land nur so lange zu behaupten, wie die islamischen Gegner zerstritten waren.
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Kapitelversammlung des Ordens der Tempelherren in Anwesenheit Papst Eugens III. im April 1147.
Saladin
Ein legendärer Herrscher sollte den Wunsch al-Sulamis erfüllen: Salah ad-Din Yusuf bin Ayyub, genannt Saladin, einte muslimische Kräfte und führte sie 1187 in die Schlacht gegen die Kreuzritter. Der gebürtige Kurde diente als Feldherr und Wesir des Fatimiden-Kalifen in Kairo, bevor er als Sultan von Ägypten, Palästina und Syrien eine eigene Dynastie gründete. Unter ihm wurde bis zum Ende des 12. Jahrhunderts auch die sunnitische Dominanz im islamischen Herrschaftsgebiet wieder hergestellt. Saladin war gelungen, was al-Sulami als die wichtigste Voraussetzung für den Sieg über die Kreuzfahrer erachtete: Rückbesinnung auf den Glauben und Einigung der Gläubigen gegen ihre Feinde. Vor allem aber verfügte er über ein professionell geführtes Heer, zu dem neben Söldnertruppen auch Mamluken gehörten, ursprünglich turkstämmige und kaukasische Militärsklaven.
Am Anfang stand die Provokation durch die Lateiner. Hatten die christlichen Herrscher jahrzehntelang die muslimischen Händler auf den Routen zwischen Ägypten und Syrien passieren lassen, so wurde der Friede nun leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Rainald von Chatillon, der in der mächtigen Festung Kerak residierte, war der wohl berüchtigtste unter den Adligen im Königreich Jerusalem. Er hatte ein Abkommen mit Saladin geschlossen und es Ende 1186 durch mehrere Überfälle auf Handelsrouten wieder gebrochen. Ein besonders eklatanter Vertragsbruch war der Angriff auf eine große Karawane, bei der sich auch Saladins Schwester befand. Als der empörte Bruder von König Guido von Jerusalem die Bestrafung des Täters forderte, erhielt er nur leere Ausflüchte. Daraufhin entschloss sich Saladin zur Ausrufung eines Angriffskriegs im Zeichen des Dschihad. Es gelang dem Sultan, 20 000 Kämpfer für einen entscheidenden Angriff gegen die Franken zu mobilisieren. Im Sommer des Jahres 1187 stellte Saladin dem christlichen Heer eine Falle. An dessen Spitze ritt ein Bischof mit dem »Wahren Kreuz«, der wertvollsten Reliquie des Königreichs Jerusalem. Am See Genezareth wollten die gepanzerten Reiter ihren Durst stillen, woraufhin Saladin ihnen mit 10 000 berittenen muslimischen Kämpfern den Weg versperrte. In der Nähe des Sees, auf dem Hügel von Hattin, kam es am 4. Juli 1187 zur entscheidenden Schlacht, die mit einer verheerenden Niederlage der Christen endete. Während er Guido von Lusignan, den König von Jerusalem, am Leben ließ, soll Saladin selbst Rainald von Chatillon erschlagen haben. Das gleiche Schicksal traf mehrere hundert Ordensritter, damit von ihnen nie wieder eine Gefahr ausgehe. Obwohl der muslimische Feldherr ansonsten seine Gefangenen unbehelligt ließ, setzte er nach dieser Schlacht ein grausames Fanal, was mit der Forderung des Koran, Wehrlose zu schonen, sicher nicht vereinbar war.
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In der Schlacht von Hattin 1187 fügte Saladin den Kreuzrittern ihre bis dahin schwerste Niederlage zu. Der Sultan führte den Krieg gegen die Eroberer im Zeichen des Dschihad.
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Eigenhändig soll Saladin nach der Schlacht von Hattin seinem skrupellosen Widersacher Rainald von Chatillon den Kopf abgeschlagen haben.
Nun war der Weg nach Jerusalem frei. Nur drei Monate später zogen seine Truppen vor die Heilige Stadt. Zunächst spielte der siegreiche Heerführer mit dem Gedanken, die christliche Besatzung zu vernichten, die Erinnerung an die blutige Eroberung 1099 war noch lebendig. Doch hatten die Christen in der Heiligen Stadt ein Faustpfand: Sie drohten, die Al-Aqsa-Moschee zu zerstören und 3000 gefangene Muslime umzubringen. Zudem boten sie den Belagerern Lösegeld an. Nach langem Verhandeln ließ der Eroberer 18000 Menschen für 30 000 Dinare (je vier Gramm Goldwert) ziehen. So konnte Saladin am Ende seinen größten Triumph ohne Blutvergießen feiern: die Rückeroberung Jerusalems. Er wandte nun getreu dem Vorbild
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