Der Heilige Krieg
Mohammeds strenge Richtlinien für die Kriegführung an. Christliche Gebäude blieben unbeschädigt, weder Zivilisten noch Kriegsgefangene wurden getötet. Ein Massaker, wie es ein Jahrhundert vorher noch die Kreuzritter verübt hatten, blieb aus. Als die Zerstörungen in der Stadt beseitigt waren, ordnete Saladin an, man möge den christlichen Pilgern wieder die Tore öffnen. Bis heute gilt der legendäre Feldherr für viele Muslime als Held – hatte er doch die heiligen Stätten zurückerobert, einen mächtigen Feind bezwungen und zerstrittene Glaubensbrüder geeint. Innerhalb der Christenheit hingegen wirkte die Nachricht von der Besetzung Jerusalems durch die Muslime wie ein Schock.
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Der Baron Balian Ibelin übergibt Saladin den Schlüssel zum »Davidstor«. Die Eroberung Jerusalems durch den Sultan im Oktober 1187 verlief daraufhin ohne Blutvergießen.
Der Verlust der Heiligen Stadt führte jedoch keineswegs zu einem Einlenken. Die Spirale der Gewalt drehte sich weiter. Papst Gregor VIII. rief in einem leidenschaftlichen Appell zum dritten Kreuzzug auf. Kein Geringerer als der 66 Jahre alte Stauferkaiser Friedrich Barbarossa machte sich in echter Kreuzzugsbegeisterung im Mai 1189 von Regensburg aus mit einem Heer aus 20 000 Rittern auf den Weg. Er war der mächtigste Mann Westeuropas, der Imperator des Heiligen Römischen Reiches. Beistand erhielt er vom Franzosen Philipp II. Augustus und vom Engländer Richard I. – beide Monarchen wollten über das Meer ins Heilige Land gelangen, während Barbarossa nach sorgfältiger Vorbereitung den Landweg wählte. Das wurde ihm zum Verhängnis: Wie muss es auf die christlichen Zeitgenossen gewirkt haben, als der Kaiser beim Baden im Fluss Saleph in Kleinasien ertrank – nachdem er bei Ikonion (Konya) einen glänzenden Sieg über ein weitaus stärkeres seldschukisches Heer errungen hatte? Es war ein herber Rückschlag für die Verfechter des Kreuzzugsgedankens.
Nach dem Tod Barbarossas war der englische König der mächtigste Anführer der Kreuzfahrer. Richard hatte in seiner Heimat eine Sondersteuer eingeführt, den sogenannten Saladin-Zehnten, um seine Kriegskasse zu füllen. Man sagte ihm nach, er hätte notfalls sogar London verpfändet, um nach Palästina zu gelangen. Bei Akkon griffen er und der französische König im Juni 1191 in die Belagerung ein. Die Hafenstadt mit ihrer starken Mauer war von besonderer strategischer Bedeutung. Vier Jahre zuvor war sie von Saladin erobert worden, nun gewannen die Christen wieder die Oberhand. Allein Richards mutiges Erscheinen vor der Küstenstadt soll die muslimischen Angreifer abgeschreckt haben. Der englische König erhielt nicht zuletzt deshalb den Beinamen »Löwenherz«. Wenig von Edelmut war jedoch zu spüren, als er nach einer gescheiterten
Lösegeldübergabe 3000 gefangene Muslime hinrichten ließ – ein weiterer grausamer Akt in den Annalen der Kreuzzüge. Dennoch zollten die beiden historischen Kontrahenten einander Respekt. Saladin ließ dem englischen König ein neues Pferd bringen, als dessen Streitross im Pfeilhagel zu Boden gegangen war. Er schloss mit Richard Löwenherz einen Vertrag, bei dem dieser den Küstenstreifen zwischen Tyros und Jaffa erhielt, der den Christen zu Pilgerbesuchen den Zugang nach Jerusalem gewährte. Hintergrund des Vertrags war, dass Richards Macht in England infrage stand und Saladin immer wieder Konflikte mit seinen Emiren auszutragen hatte. Der Engländer verließ das Heilige Land im Jahr 1192, wenige Monate später starb Saladin. In einem prachtvollen Mausoleum in Damaskus bestattet, wird er von vielen Muslimen bis heute als Heiliger verehrt, seine Grabstätte wurde Wallfahrtsort. Dass ihm Goldmünzen gewidmet wurden, die ihn als »Sultan des Islam und aller Muslime« darstellten, zeigt, wie es ihm gelungen war, den Dschihad-Gedanken nach innen und außen zu verkörpern, indem er an die Selbstüberwindung und Selbstfindung der Muslime appellierte und sie in die Lage versetzte, als Gemeinschaft im Glauben den Gegner zu bezwingen.
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Philipp II. Augustus von Frankreich und Richard I. von England empfangen das Kreuz für die Reise ins Heilige Land. Buchmalerei aus dem 14. Jahrhundert.
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Angriff der Kreuzfahrer auf die Hafenstadt Akkon während des dritten Kreuzzugs (1189 – 1192). Buchmalerei, Ende des 15. Jahrhunderts.
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Richard »Löwenherz« lässt 1189 nach dem Sieg von Akkon 3000 muslimische Gefangene hinrichten.
Der Kreuzzug der Kinder
Ein
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