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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Flamen – gebärdet haben. Die Venezianer hatten es vor allem auf die wertvollen Kunstschätze abgesehen, während die anderen raubten, was ihnen in die Hände fiel. Doch es wurde nicht nur geplündert, sondern auch zerstört, geschändet und vergewaltigt. Selbst vor Kirchen, Klöstern und Bibliotheken hatten die Eroberer keinen Respekt. Ein solches Verhalten hätte man nicht einmal den Sarazenen zugetraut. Zwar kam es nicht zu einem Massaker wie dereinst in Jerusalem, doch war niemandes Leben sicher. Welch eine Wendung der Kreuzzugsidee, die ihren Anfang genommen hatte, als der byzantinische Kaiser Alexios den Papst um Hilfe ersuchte und auf Unterstützung durch Ritter aus dem Westen hoffte. Nun raubten sie sein Land aus. Weite Gebiete des Oströmischen Reiches – vor allem in Griechenland – teilten abendländische Grafen unter sich auf, der Thron des Kaisers und der Sitz des Patriarchen wurden vorübergehend mit Lateinern besetzt, die östliche Kirche hatte sich in die westliche einzufügen. Der Kreuzzugsbegriff richtete sich hier nicht gegen die »Feinde« Gottes oder »Heiden«, sondern gegen die angeblichen »Schismatiker«, gegen Byzanz, dem die Schuld an der Kirchenspaltung zugewiesen wurde. Zwar verurteilte Papst Innozenz III. die Plünderung Konstantinopels – er hatte versucht, sie zu verhindern – , doch war gerade er ein resoluter Verfechter des römischen Primats innerhalb der Christenheit. Um die Neuordnung im Byzantinischen Reich zu festigen, entband er die Kreuzfahrer sogar von ihrer Pflicht, nach Jerusalem zu ziehen. Dass sich nach all diesen Wirren auch im Westen die Kritik an den Kreuzzügen verstärkte, durfte kaum überraschen: Habgier und Machtstreben wurden einigen Päpsten und Regenten vorgehalten, und selbst Dichter und Sänger in Frankreich und Deutschland prangerten die Zustände an. Die Gottgefälligkeit des Kreuzzugs stand wie nie zuvor infrage – auch weil das eigentliche Ziel, das Heilige Land zu sichern, offenbar in den Hintergrund rückte.
    Bild 39
    Belagerung Konstantinopels durch das Heer des vierten Kreuzzugs. Nach der Eroberung (1204) wurde die Stadt geplündert.

    Bild 40
    Papst Innozenz III., der zum vierten Kreuzzug aufrief. Fresko (frühes 13. Jahrhundert) des Klosters San Benedetto in Subiaco.

     
    Die friedlichen Jahre nach dem Abkommen, das der Staufer Friedrich II. geschlossen hatte, gingen vorüber. Im Sommer 1244 wurde Jerusalem wieder von etwa 10 000 türkischen Reiterkriegern zurückerobert. Es gab keine Gnade für die Einwohner der Stadt. Die Grabeskirche wurde gestürmt, die Königsgräber wurden aufgebrochen; Priester und Gläubige, die dort ausharrten, verloren ihr Leben.

    Ob auf dem Land- oder dem Seeweg: Im Laufe von fast 200 Jahren machten sich sieben Kreuzzüge auf den Weg ins Heilige Land. Manche erreichten nie ihr Ziel.
    Nun versuchte der französische König Ludwig IX. (der »Heilige«), durch Einfälle in Ägypten Entlastung für die Kreuzfahrerstaaten der Levante zu schaffen. Doch beim siebten und letzten Kreuzzug 1270 verstarb der Monarch an einer Krankheit.
    Während Saladin bei der Rückeroberung Jerusalems gegenüber den Besiegten Milde hatte walten lassen, kannten die mamlukischen Herrscher, die der Ära der Kreuzritter im Heiligen Land in den folgenden Jahren ein Ende setzten, keine Gnade. In Akkon, Tripolis und Antiochia kam es
zu Gewaltexzessen, die auch islamische Chronisten nicht verschwiegen, wie Imad Abul al-Fida, der sogar eine historische Parallele zeichnete: »Das Massaker von Antiochia von 1268 erscheint wie eine Wiederholung des Massakers von 1098« – die Kreuzfahrer hatten dort seinerzeit auf dem Weg nach Jerusalem ein Blutbad angerichtet. Auch von der Rückeroberung der Grafschaft Tripolis im Jahr 1289 berichtet Abul al-Fida: »Die meisten Männer wurden niedergemetzelt, die Frauen und Kinder gefangengenommen. « Zwei Jahre später fiel Akkon, auch dort seien die Franken »gefangengenommen und getötet« worden, die Stadt wurde »dem Erdboden gleichgemacht«. Die Exzesse standen »im völligen Widerspruch zu der im Koran vorgeschriebenen Dschihad-Regel«, konstatiert Bassam Tibi, »ebenso wie die Taten der Kreuzzügler gegen die religiösen Lehren des Christentums verstießen«.
    Kreuzzug und Dschihad
    So ist die Bilanz der Kreuzzüge ins »Heilige Land« frappierend. Insgesamt starben viele hunderttausende Kreuzfahrer, aber auch eine große Zahl islamischer Krieger sowie Zivilisten – Christen, Juden und Muslime. Die

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