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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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für Amerika noch nicht vorüber war. 50 Minuten nach dem ersten Einschlag in das World Trade Center näherte sich ein Passagierjet im Tiefstflug dem Pentagon in Washington, D.C. In einem riesigen Feuerball explodierend, bohrte sich die Maschine in die fünfstöckige Fassade des US-Verteidigungsministeriums. In Afghanistan hob Osama bin Laden wenig später demonstrativ den dritten Finger. Wie ein Zeremonienmeister des Terrors zeigte er seinen Männern, dass an diesem Tag die große Stunde von Al-Qaida gekommen war. Was zählte es angesichts dieses Erfolgs, dass ein vierter Jet sein Ziel – das Kapitol in Washington – nie erreichte und stattdessen bei Shanksville im ländlichen Pennsylvania zerschellte?
    Bild 182
    Der Tag des Terrors: New York am 11. September 2001.

    Während in den Bergen Afghanistans eine Handvoll selbst ernannter »Gotteskrieger« einen vermeintlichen Triumph bejubelte, versank die Weltmetropole New York im Chaos. Mit heulenden Sirenen jagten die Einsatzfahrzeuge der Rettungskräfte an die Südspitze Manhattans auf die brennenden Türme des World Trade Centers zu. Den Menschen in Amerika war nun klar, dass ihr Land angegriffen wurde. Um 9.59 Uhr stürzte der Südturm in sich zusammen, um 10.28 Uhr der Nordturm. Manhattan war plötzlich in eine riesige Staubwolke gehüllt, die noch lange über der Stadt stand. In ersten Medienberichten war davon die Rede, dass allein im World Trade Center 50 000 Menschen arbeiteten; auch im Pentagon in Washington, dem Zentrum der US-Militärmacht, gingen täglich Tausende ihrer Arbeit nach. Wie viele hatten überhaupt eine Chance gehabt, dem Inferno zu entkommen? Wer steckte dahinter?, fragte sich eine geschockte Öffentlichkeit.
    Die Welt werde nie mehr so sein, wie sie einmal war, hieß es allenthalben: Am 11. September hatte sich ein Angriff auf die westliche Zivilisation zugetragen, sämtliche Sicherheitsfachleute schienen überrascht und überfordert. Die Urheber mussten wahre Genies des Bösen sein. Amerikas schlimmste Albträume, bislang eher Ausgeburten der Fantasie und der Fiktion, waren plötzlich real geworden. Bereits zwei Tage nach den Anschlägen ließen US-Regierungsbeamte verlauten, dass man als Drahtzieher der Tat »zu neunzig Prozent« den saudischen Extremisten Osama bin Laden vermute. Präsident George W. Bush konstatierte in einer ersten Erklärung: »Wir haben es mit einem anderen Gegner zu tun als jemals zuvor.« Das US-Nachrichtenmagazin Newsweek präzisierte 14 Tage nach dem Anschlag die Bedrohung: »Für eine freie und offene Gesellschaft ist es sehr schwer, sich gegen einen Gegner zu verteidigen, der gleichzeitig geduldig, klug und zu sterben bereit ist.«
    »Die Terrorangriffe auf New York und Washington, auf die beiden Städte, die wirtschaftlich, kulturell und politisch zu Symbolen für diese Zivilisation geworden sind, übertreffen in der teuflischen Genialität ihrer Gleichzeitigkeit und wegen des Zerstörungsfurors, der durch Manhattan gerast ist, alles, was Sicherheitsfachleute befürchtet hatten.«
    Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. September 2001

    Bild 183
    Beim Besuch einer Schule in Florida erfährt Präsident Bush von den Terroranschlägen.
    Amerika war angegriffen worden, der Traum von seiner Unverwundbarkeit war zerbrochen. »Die Terroristen haben das erreicht, was der
Kaiser, Hitler und das mächtige Nukleararsenal der Sowjetunion nie vermocht haben: Sie haben mit blutigen Angriffen Schrecken auf amerikanischem Boden verbreitet«, schrieb ein Kolumnist der New York Times . So erschien es vielen Patrioten als selbstverständlich, dass Amerika sich fortan im Krieg befand. Doch wer war in diesem Konflikt der Gegner? Keine fremde Nation, keine hochgerüsteten Truppen bedrohten Amerika, sondern Extremisten, die sich auf ihren islamischen Glauben beriefen. Sie hatten mit infamer Präzision einen Schlag gegen die bis dahin gültige Weltordnung geführt. Die Fragen, die sich nun stellten, waren beunruhigend: War zum Auftakt des neuen Jahrtausends eine neue Zeit angebrochen? Hatte nun der »Clash of Civilizations« begonnen, also jener »Kampf der Kulturen«, den der Harvard-Politologe Samuel Huntington bereits 1992 prognostiziert hatte? Er hatte das Ende der nationalen und ideologischen Konflikte konstatiert und vorhergesagt, dass sich künftig Kulturkreise – insbesondere die westliche und die islamische Welt – feindlich gegenüberstehen würden. Plötzlich schien es manchem, dass das Schicksal der Welt von einem Mann

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