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Der heilige Schein

Der heilige Schein

Titel: Der heilige Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Berger
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gebärden sie sich wie wildgewordene Schweine«, ereiferte sich ein emeritierter Universitätsprofessor an einem der Herrenabende bei Tisch. Das führe dazu, dass die Grundfesten unseres Moralsystems , das im Naturrecht und in der Familie wurzele, untergraben würden. Andererseits verhindere es auch, dass man diesen unglücklichen Menschen medizinisch-psychologische Hilfe leiste, um wieder »normal« zu werden. Irgendwann hatte man sich gegenseitig so hochgeschaukelt, dass am Tisch offen ausgesprochen wurde, was wohl die meisten dachten: Man könne über das Dritte Reich denken, was man wolle, dort jedenfalls habe es noch einen § 175 gegeben, und man habe das Problem zu lösen verstanden. Hier wurde also jener Paragraph des damaligen Reichsstrafgesetzbuches gelobt, mit dessen Hilfe die Nationalsozialisten bereits »beischlafähnliche« homosexuelle Handlungen mit Zuchthaus bestraften und tatsächliche homosexuelle Akte mit der Internierung in Konzentrationslagern, was häufig gleichbedeutend war mit Tod. Wie sehr sich solche Positionen in bestimmten katholischen Kreisen seither durchgesetzt haben, zeigt die Tatsache, dass die Piusbruderschaft 2009 auf ihrer Internetseite ganz unverblümt und in aller Öffentlichkeit eine Wiedereinführung dieses Paragraphen in seiner von den Nationalsozialisten verschärften Form forderte.
    Wie so viele schwule Theologen in ähnlichen Situationen schwieg ich damals zu all diesen Äußerungen und fühlte mich entsprechend schlecht. Mir schlug das Ganze sogar derart auf den Magen, dass ich mich früher als geplant entschuldigte und nach Hause fuhr. Meine überstürzte Abreise und mein Schweigen provozierten offensichtlich das Misstrauen meiner Zuhörer und derer, mit denen anschließend darüber gesprochen wurde. Immer wieder und immer häufiger ließ man sich fortan in meiner Gegenwart über das Thema Homosexualität aus, wohl um eine Reaktion meinerseits zu provozieren.

Wie kommt man an eine gute katholische Frau?
    Man war aber auch bemüht, sich meiner helfend anzunehmen. Dieser delikaten Aufgabe widmeten sich die dem Netzwerk verbundenen Frauen. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Gespräch, das ich mit einer in Köln lebenden, aus einem traditionsreichen westfälisch-katholischen Adelshaus gebürtigen alten Dame führte. Durch ihren Einsatz für die alte Liturgie war sie mit Kardinal Ratzinger persönlich bekannt. Im Sommer 2000 hatte sie zu der Gruppe vornehmer, vorwiegend adeliger Damen gehört, die sich mit der Bitte an Kardinal Ratzinger wandten, er möge etwas gegen den von vielen katholischen Politikern in Deutschland unterstützten Verein » Donum vitae « unternehmen. Der katholische Verein berät schwangere Frauen im Hinblick auf einen Abtreibungswunsch im christlichen Geist und lässt ihnen schließlich die vom deutschen Recht her vorgesehene freie Entscheidung, ob sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen oder nicht. Genau diese freie Entscheidung wollten die vornehmen Damen schwangeren Frauen jedoch nicht einräumen. Und sie hatten Erfolg. Schon im November desselben Jahres stellte der Botschafter des Vatikans in Deutschland auf Anweisung Ratzingers öffentlich fest, dass sich der Verein im »offenen Widerspruch« zu den Weisungen des Papstes befinde und Katholiken diesen daher in keiner Form unterstützen dürften.
    Ich war also zum Tee in die Villa der Baronin eingeladen, um ein gemeinsames Gespräch beim Kölner Weihbischof Klaus Dick vorzubereiten, in dem es um die Förderung der tridentinischen Messe in Köln gehen sollte. Auf die Frage der Baronin, ob es denn eine Frau an meiner Seite gebe, antwortete ich ihr, ich sei noch ledig. Worauf sie, selbst Mutter von sechs Kindern, zu meinem Erstaunen größtes Verständnis für mich zeigte. Die deutschen Frauen seien nun auch wirklich keine gute Wahl. Nicht nur, dass es mit der Kochkunst nicht weit her sei. Echt katholische Frauen, die wüssten, wo ihr Platz sei, und die dem Mann eine wirkliche Hilfe im Sinne der Lehre des heiligen Paulus seien, finde man bei uns kaum noch. Zur Erinnerung für alle weniger Bibelfesten sei erwähnt, dass Paulus im ersten Korintherbrief schrieb: »Die Frau sei dem Mann untertan.« Darauf spielte die feine Dame wohl an.
    Ob ich schon einmal erwogen hätte, eine Frau von den Philippinen oder aus Südamerika zu heiraten, erkundigte sich die Baronin als Nächstes. So etwas lasse sich leichter und schneller realisieren, als man gemeinhin denke. Viele ihrer Bekannten aus dem

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