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Der heilige Schein

Der heilige Schein

Titel: Der heilige Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Berger
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Kleriker denn besonders >feminin< auftreten oder mit eitlen Bekleidungsgewohnheiten das Klischee des homophil-klerikalen >Ästheten< bedienen.« [48]
    Ich verzichte hier auf Spekulationen und erlaube mir, auf eigene Erfahrungen zurückzugreifen: Wenn ich mit offensichtlich homosexuell veranlagten Klerikern zusammentreffe, fallen mir an ihnen des Öfteren Verhaltensweisen auf, die mich an effeminierte Schwule aus den 50er und 60er Jahren erinnern, wie ich sie eigentlich nur noch aus Büchern oder Filmen und ein wenig aus meiner Jugend in einer nordbayerischen Kleinstadt kenne. Das Verhalten dieser Homosexuellen aus unserer Eltern- oder Großelterngeneration war Ausdruck des restaurativen, verklemmten Klimas der Adenauerära. Um nur ja nicht aufzufallen, versuchten sie, mit einer Überfülle an Plüsch und der Imitation heterosexuellen Verhaltens die bürgerlichen Wertvorstellungen sozusagen in überspitzter Form selbst zu leben - und fielen gerade dadurch auf. Das damals noch verbotene Ausleben ihrer Sexualität sublimierten sie häufig durch biedere Opern- und Schlagerseligkeit, beruflichen Ehrgeiz sowie feine Kleidung.
    Während diese Mechanismen allgemein aus der schwulen Kultur seit vielen Jahren weitgehend verschwunden sind, leben sie bei vielen katholischen Priestern, die ich kennengelernt habe, fort: Diese Männer geben ein Vermögen für klerikale Kleidung, Körperpflege oder Perücken aus. Sie gehen zur Maniküre und lassen sich die Nägel lackieren. Ihr Ehrgeiz, eine neue römische Ernennung zu ergattern, ist enorm, auch weil dies mit neuen Kleiderprivilegien verbunden ist: von violetten Quasten auf dem Birett und seidenen Schärpen bis hin zu den Pontifikalinsignien Mitra und Krummstab im Gottesdienst.
    Da man in Rom natürlich keine Titelinflation herbeiführen möchte, erfanden manche traditionelle Gruppierungen wie das »Institut Christus König und Hoherpriester « des Monsignore Schmitz eigene Kleiderordnungen, die jene Roms an Farbigkeit und Pracht noch übertreffen und jede Drag Queen kurz vor dem Christopher Street Day zu Neidausbrüchen veranlassen müssten.
    Gerne suchen diese Kleriker die Nähe starker Frauen, die zumeist eine mütterlich-dominante Rolle übernehmen und die ihre Entsprechung in den » Fag Hags« der Schwulenszene finden. Der bei Kleinstadtschwulen früher sehr beliebte Brauch, sich gegenseitig weibliche Spitznamen zu geben, ist auch unter homosexuellen Klerikern weit verbreitet: Da hat Heidi ein neues Buch geschrieben, Wilhelmine ihm in ihrer legendären Bibliothek einen Ehrenplatz eingeräumt, Lady Prandy hat sich mit einem Kardinal getroffen, die ehrwürdige Schwester Anna Schäfer in Rom ein Abendessen gegeben, Trautl einen Autounfall weitgehend heil überstanden usw. Die Geschichten von Bischof Mixa, der sich von seinem Freund Monsi nennen ließ und ihn Hasi rief, wenn sie ihr von Spendengeldern gekauftes Heimsolarium benutzten, diese Geschichten, die im Frühjahr 2010 zur Belustigung der deutschen Bevölkerung in den Medien die Runde machten und die Mixa später euphemistisch als »kultiviert-konservativen Katholizismus« bezeichnete, nehmen sich in meinen Ohren nur als Light-Version dessen aus, was ich über viele Jahre in Klerikerkreisen gesehen und gehört habe.
    In diesem Zusammenhang konnte ich es im Jahr 2008 nicht lassen, einen Geistlichen, der in der Fördergemeinschaft von Theologisches wirkte, zu einer Besprechung in das Kölner Café »Rico« einzuladen, das fast ausschließlich von schwulen Männern, darunter auch bekannteren Politikern, frequentiert wird. Fast zwei Stunden dauerte die Besprechung, bei der wir unter lauter schwulen Männern saßen, von denen sich nicht wenige auch so verhielten, dass ihre sexuelle Orientierung unübersehbar war. Dies geschah ganz offen, ohne dass es dem Geistlichen als irgendwie außergewöhnlich aufgefallen wäre. Der atmosphärische Unterschied zu einer Zusammenkunft mit seinen Mitbrüdern dürfte eben nicht sehr groß gewesen sein! Vielmehr bemerkte er, als wir das Café verließen, dass das Flair dort »sehr angenehm« gewesen sei und er solche Lokalitäten in der Kleinstadt, wo er Pastor war, schmerzlich vermisse. Von da an traf ich mich oft mit Geistlichen in dem Café. Bis auf eine Ausnahme fühlten sie sich dort alle sehr wohl...
    Interessant ist auch eine Anekdote aus St. Pölten, die mir einer der Betroffenen erzählte, die später auf Basis schriftlicher Mitteilungen von Bischof Küng aber auch durch die Medien ging.

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