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Der heilige Schein

Der heilige Schein

Titel: Der heilige Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Berger
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Art Partnerschaft zusammen. Immer wieder bekam ich zu hören: Das machen doch eh alle! Oder: Natürlich wissen die im Ordinariat davon, aber solange nichts nach außen dringt und wir uns gegenüber der Kirche loyal verhalten, tun sie so, als ob sie es nicht wüssten.
    Auch zahlreiche engagierte Laien aus gewöhnlichen katholischen Pfarreien begrüßten meinen Schritt als mutig und vorbildlich, jedoch nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man an der katholischen Basis mit Homosexuellen generell keinerlei Probleme habe, auch nicht mit homosexuell veranlagten Priestern, die mit sich und ihrer Veranlagung im Reinen seien. Häufig zeigten solche Priester sogar das größere pastorale Einfühlungsvermögen, und man könne mit ihnen sehr offen über seine Probleme sprechen. Die angeblichen Probleme mit homosexuellen Priestern würden von den Konservativen, den vielen Bischöfen und besonders vom Vatikan künstlich hochgekocht.
    Eine Beobachtung, die von Deutschlands bekanntestem katholischem Moraltheologen, dem Freiburger Professor Eberhard Schockenhoff, in gewissem Sinne bestätigt wurde. In einem Interview, das die Frankfurter Rundschau am 26. April 2010 veröffentlichte, wurde er gefragt: »Der homosexuelle Theologe David Berger hat sich am 23. April in der FR geoutet und der katholischen Kirche Bigotterie vorgeworfen: Nach außen bekämpfe sie Homosexualität, nach innen würden homosexuelle Geistliche und Mitarbeiter mit subtilem Druck gefügig gemacht. Teilen Sie seine Beobachtung?« Darauf antwortete er: »In extrem konservativen Kreisen mag das so sein. Die Pfarrgemeinden sind zumeist durchaus aufgeschlossen gegenüber Homosexuellen.«
    Was man allerdings nicht übersehen darf, ist die Tatsache, dass diese »extrem konservativen Kreise« in der katholischen Kirche zunehmend das Ruder übernehmen und die allgemeine Stimmung immer mehr in Richtung ihrer Homophobie verschieben.
    So waren die Reaktionen auf mein Outing natürlich auch nicht ausnahmslos freundlich. Die erste Rückmeldung, die ich aus dem Lager der extrem Konservativen erhielt, war eine anonymisierte Nachricht an meine von kreuz.net veröffentlichte E-Mail-Adresse: »Homofäkalsau verrecke! Wir bringen dich um, Verräter!« Damit war die Grundstimmung klar, die mein Schritt in den Kreisen ausgelöst hatte.
    Ansonsten herrschte erst einmal ungewohnte Funkstille im traditionell katholischen Lager. Die bereits erwähnte Felizitas Küble erklärte schließlich in einer Pressemeldung des » Christoferuswerkes « vom 28. April 2010, woran das lag: Alle seien schockiert, dass ihr ehemaliger Vorzeigetheologe »ein Outing in der linksgerichteten >Frankfurter Rundschau< hinblättert, das in der neueren Kirchengeschichte seinesgleichen sucht«.
    Kreuz.net , das neue Informationen über mich sonst innerhalb weniger Stunden publizierte, brauchte diesmal ganze drei Tage, um zu reagieren. Der Kommentar, der dann erschien, bildet das Pendant zu der Morddrohung und gibt ohne diplomatische Beschönigungen wieder, wie man in »gut katholischen Kreisen« über meinen Schritt an die Öffentlichkeit dachte: Ich sei, angestachelt von der Stimme Satans, durchgedreht und hätte offen gesagt, dass ich schwul sei, meldete man entrüstet - nachdem man seit zwei Jahren nichts anderes über mich kolportiert hatte. Die Kirche müsse sich endlich von dem »tödlichen Krebsgeschwür der Homosexuellen« befreien. Meine Erfahrung, dass Homosexualität gerne dazu benutzt wird, Priester und Gläubige gefügig zu machen, sei eine »Lügenlitanei« und zwanghaft »Homo-Erbrochenes« eines von »der Homo-Verderbnis zerfressenen« Neurotikers. [57]
    Im ganzen Artikel ergeht man sich in wutschäumenden Hasstiraden, um dann zu dem Schluss zu kommen, all das »schreie nach Rache«. Entsprechend reagierten die treuen kreuz.net -Anhänger in ihrem Forum, wo man unter dem wohlwollenden Auge der Redaktion darüber beriet, wie man der »Kotze Satans« am besten ein grausames Ende bereiten könnte: »Baseball-Schläger besorgen und dann bei nächster Gelegenheit in die schwule Fresse klopfen, bis wir die Homo-Kotze auf den Sondermüll entsorgen können«, wurde da etwa von jemandem mit einem sehr fromm klingenden Nicknamen vorgeschlagen.
    Auch die Piusbruderschaft meldete sich zu Wort, diesmal über eine ihrer Vorfeldorganisationen, das » Civitas -Institut«. Das unter der Aufsicht des geistlichen Beirats der Piusbruderschaft, Pater Franz Schmidberger, von dem Philosophen Raphael Hüntelmann geleitete

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