Der Heiratsantrag - Almost a Bride
nicht würdig, dann war ihre Ehe hohl, eine bloße Farce.
Kurz nach Jack traf auch sie zu Hause ein. Sein Pferd war locker am Geländer angebunden, die Haustür stand weit offen. Sie glitt aus dem Sattel und lief, die weiten Röcke hochraffend, die Stufen hinauf. Tidmouth wollte eben die Tür schließen, als sie an ihm vorüber ins Haus fegte. Erst in ihrem Boudoir hielt sie inne und zwang sich zur Ruhe. Sie erhaschte einen Blick auf ihr Spiegelbild. Auf ihrer Stirn standen Schweißperlen, ihr Haar hing zerzaust und staubig unter ihrem Hut hervor, ihr Halstuch saß schief. Sie warf Hut und Gerte auf einen Sessel, marschierte durch ihr Schlafzimmer und öffnete die Tür zu Jacks Räumen.
Jack war dabei, Reithosen anzuziehen, während Louis die Falten eines Hemdes glättete, das er auf eine offene Reisetasche auf dem Bett legte. »Fünf Minuten kannst du erübrigen«, sagte sie, um einen neutralen Ton bemüht. »Louis, lassen Sie uns bitte allein.«
Der Kammerdiener sah seinen Herrn mit einer entrüsteten Frage im Blick an. Von der Herzogin nahm er keine Befehle entgegen. Erst auf Jacks knappes Nicken hin ging Louis naserümpfend hinaus.
»Was ist?«, fragte Jack, der sein Halstuch band.
»Warum hast du mir verschwiegen, dass du eine Schwester hast?« Sie stand neben dem Bett, eine Hand auf dem Bettpfosten, dessen kühle glatte Fläche sie als tröstlich empfand.
»Es ging dich nichts an und geht dich auch jetzt nichts an«, stellte er fest.
»Ich bin deine Frau, Jack. Wie sollte es mich da nichts angehen?«, fragte sie ruhig und mit unverwandtem Blick, entschlossen, ihn zu einer Reaktion zu zwingen.
»Glauben Sie wirklich, dass ich einer Frau vertraue, die hinter meinem Rücken herumschnüffelt und spioniert?« Er war außer sich. »Lassen Sie sich gesagt sein, Madam, dass ich nicht das geringste Vertrauen in Sie setze. Ich weiß nicht, wie Sie es anstellten, in jenen Teil meines Lebens einzudringen, den ich Ihnen lieber vorenthielt, doch lassen Sie sich gesagt sein, dass es ein großer Fehler war.« Er drehte sich mit einer Geste des Abscheus und der Verachtung zum Spiegel um.
Schmerzlich sagte sie: »Jack, bitte ... ich wollte mich nicht einschleichen. George sagte mir, du hättest eine Schwester, von der du glaubst, sie sei in den Revolutionswirren ums Leben gekommen. Er sagte auch, du wärest ihr sehr nahe ... «
»Ich bin ihm sehr verpflichtet«, unterbrach er sie. »Lass mich nicht vergessen, ihm meinen Dank gebührend auszusprechen.«
»Es ist nicht Georges Schuld, sondern deine eigene«, hielt sie ihm entgegen, da nun Zorn ihr lähmendes Schuldbewusstsein hinwegfegte. »Wenn du nur nicht so zugeknöpft wärest, was dich persönlich angeht ... wenn du dich nichtvon allen absondern würdest, die dir näher kommen möchten ... dann hätte ich nicht anderswo Fragen über dein Leben stellen müssen ... über das, was darin Bedeutung hat.«
Er drehte sich zu ihr um und war wieder ganz ruhig. »Und was hast du George sonst noch gefragt, mein süßes, falsches Weib?«
»Ich bin nicht falsch«, schoss sie zurück. »Wenn jemand falsch ist, bist es du. Warum hältst du so viel vor mir verborgen? Welche Geheimnisse hast du noch?« Sie ging näher zu ihm. »Ich fordere dich auf, sie mir zu offenbaren.« Ihr Kinn war herausfordernd vorgeschoben, ihre goldenen Augen sprühten Funken.
Er drehte sich um, und sie packte seinen Arm, zerrte daran, versuchte, ihn zu zwingen, sie wieder anzuschauen. Er schüttelte sie ab wie eine lästige Fliege und sagte resigniert und geduldig: »Lass mich in Frieden, Arabella.«
»Nein.« Wieder fasste sie nach seinem Arm. »Warum hast du mich geheiratet, wenn du mich verachtest? Und du verachtest mich doch, oder?« Ohne seinen Arm loszulassen, tat sie einen Schritt, so dass sie nun vor ihm stand und ihn zwang, sie anzuschauen. »Nein?«
Nach einer scheinbaren Ewigkeit sagte er: »Nein ... nein, dich verachte ich nicht!«
Sie starrte ihn an, während es ihr dämmerte. »Was hat mein Bruder dir angetan, Jack?«
Jack starrte über ihren Kopf hinweg und sah den blutigen Aufruhr des Schlachthauses, das das Gefängnis La Force in jener Nacht geworden war. »Er verriet meine Schwester.«
Arabella verspürte plötzlich Eiseskälte. Schauer liefen ihr über den Rücken und ließen ihre Kopfhaut prickeln. Sie ließ seinen Arm los. »Ich verstehe wohl nicht.«
»Dann will ich es dir so erklären, dass du es verstehst, meine Liebe.« Bitterkeit und Ironie färbten seine Worte.
»Um
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