Der Heiratsantrag - Almost a Bride
Tagen schaffen, eine Frau aber nicht. »Sie müssen nachmittags dort sein«, sagte er. »Die Stadttore werden bei Einbruch der Dämmerung geschlossen. Und wenn es finster ist, lässt man sich bessernicht mehr auf der Straße blicken. Am besten, Sie bleiben über Nacht außerhalb der Stadt und treffen am Morgen in Paris ein.«
Wieder nickte Jack, Arabella aber wusste, dass er nicht die Absicht hatte, den Rat zu befolgen. Sie sagten dem Kapitän Lebewohl und folgten einem Seemann, der ihr Gepäck hinunter an den Kai und zum Wirtshaus, einem Fachwerkbau, trug.
»Bestell einen Raum und ein Frühstück«, wies Jack Ara- bella an der Tür an. »Ach, und heißes Wasser.« Er strich mit einer Grimasse über sein Kinn. »Ich sehe mir indessen an, was der Stall zu bieten hat.«
Arabella legte eine Hand auf seinen Arm. »Soll ich nicht doch eine Schlafkammer nehmen? Nach ein paar Stunden Schlaf wirst du dich besser fühlen.«
»Nein«, sagte er kurz. »In einer Stunde möchte ich unterwegs sein.« Er ging nach hinten, und sie betrat die Wirtschaft. Sie musste sich mit der Tatsache abfinden, dass ihre einzige Rolle nun eine unterstützende war.
Sie hatte ein herzhaftes Frühstück bestellt, da sie der Meinung war, dass bei Schlafmangel dem Essen umso größere Bedeutung zukam. Jack trat ein, als sie Kaffee eingoss. Er blieb kurz an die Tür gelehnt stehen, dann strich er sich übers Gesicht und ging an die Kommode, auf der ihn Seife und Wasser erwarteten. Arabella hatte seine Reisetasche geöffnet und sein Rasiermesser bereitgelegt, minutenlang war nur das Kratzen des Messers über Bartstoppeln zu hören. Schließlich begrub er sein Gesicht in einem Handtuch, dann drehte er sich zum Tisch um, an dem sie saß und ihn ruhig beobachtete.
Er setzte sich, nahm einen großen Schluck Kaffee und sagte: »Ich möchte, dass du hier bleibst und wartest, bis ich mit Charlotte zurückkomme.«
Arabella starrte ihn erschrocken an. »Was soll das heißen? Natürlich komme ich mit.«
Er schüttelte den Kopf. »Du schaffst die zweihundert Meilen nicht in knapp zwei Tagen. Ich kann es von dir nicht verlangen.«
»Du verlangst es nicht«, erwiderte sie mit blitzenden Augen. »Ich verlange es von mir selbst. Du hast nichts damit zu tun, Jack Fortescu. Wenn du befürchtest, dass ich dich aufhalte, dann lass mich am Straßenrand zurück, doch kannst du sicher sein, dass ich nachkomme.«
Das hatte er erwartet. Tatsächlich befürchtete er, sie würde ihn aufhalten.
»Außerdem«, fuhr sie fort und festigte ihren Standpunkt, da sie ahnte, dass er schwankend wurde, »wird Charlotte weiblichen Beistand brauchen. Ich habe einiges für sie dabei ... Kleider, Medikamente, für alle Fälle ...« Ihre Stimme verlor sich, um dann umso entschlossener fortzufahren: »Sie wird in schlechter Verfassung sein. Sie muss schwach sein. Ich kann Dinge für sie tun, die du nicht tun kannst.«
Auf seinen Teller starrend, stellte er sich seine Schwester vor. Kräftig war sie nie gewesen, doch ein starker Wille hatte ihre körperliche Zartheit wettgemacht. Dieser Wille würde ihr geholfen haben, viele Härten zu überleben, aber wie viele? Hatte er sie irgendwie aufrecht gehalten, wenn sie verletzt war? Wenn sie das Massaker überlebt hatte, so musste sie doch verletzt worden sein. Das alte Weib hatte sich nicht geirrt und die Geschichte nicht erfunden. Man hatte auf Charlotte mit Bajonetten eingestochen. Sicher war sie vergewaltigt worden. Vermutlich hatte man sie für tot gehalten und liegen gelassen.
»Jack?« Arabellas Stimme, die vor Angst schrill klang, durchdrang seine schlimmen Gedanken. Er blickte auf. Siesah ihn voller Angst an. »Hör auf damit«, sagte sie. »Was immer du denkst, Jack, hör auf. Es nützt nichts.«
»Nein«, sagte er ausdruckslos mit noch immer gequältem Blick. »Es kann nichts nützen.«
Die sécurité hatte auch nach ihm gefahndet. An jenem Septembertag hatte Frederick Lacey ausgepackt und jeden Namen genannt, der ihm einfiel, einerlei, ob englisch oder französisch. Wer sich in Paris aufhielt und gegen die Revolution arbeitete, wurde vors Tribunal gezerrt, zur hungrig wartenden Guillotine. Charlottes Verhaftung war die erste von vielen, und Jack war mit einer kleinen Gruppe von Gefährten nur Minuten, ehe die sécurité bei ihm anklopfte, die Flucht aus der Stadt geglückt. Er war geflohen, weil Charlotte tot war und er leben musste, um sie zu rächen.
Er blickte über den Tisch hinweg Fredericks Laceys Schwester
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