Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
recherchiert, dachte Rhodes voll Bewunderung.
    »Gern«, sagte er, vielleicht eine Spur zu hastig. »Aber bitte, selbstverständlich gern.«

Kapitel 14
     
    Enron sagte: »Da ist ein Restaurant. Da drüben. Komm, gehen wir hin und essen etwas.«
    »Restaurant?«, sagte Jolanda. »Ich sehe nirgendwo ein Restaurant, Marty.«
    »Dort. Dort! « Enron hob ihren Arm, als wäre sie eine hölzerne Gelenkpuppe, und deutete damit in die Gegend. »Das kleine Haus da mit den Tischen davor, unter den grün-roten Markisen. Hier oben sind die Restaurants alle so im Freien. Weil man hier nämlich die Luft atmen kann, verstehst du?«
    »Oh«, sagte sie verträumt. »Ooooh, ja. Ich verstehe.«
    Tat sie das wirklich? Seit acht Stunden waren sie nun schon in Valparaiso Nuevo, aber sie lief noch immer herum wie eine Schlafwandlerin. Sicher, es war ihr erster Aufenthalt in einem Habitat, aber trotzdem – wirklich …
    Bei der Ankunft im Terminal, als diese ganzen aufdringlichen smarten Kids sich an sie heranmachten und ihn dazu überreden wollten, sie als Touristenführer anzuheuern, wirkte sie in dem ganzen Trubel benommen und verwirrt und stand hilflos dabei, während Enron sich mit ihnen herumschlug. »Wer sind die denn?«, fragte sie mit einer Stimme wie ein verschrecktes Kind, als der hartnäckige Schwarm sie umringte. Und sie hatte sichtlich auch kaum zugehört, als er ihr erklärte: »Verdammte Blutsauger, das sind sie. Parasiten, die dir einen Packen Geld abknöpfen wollen dafür, dass sie dir angeblich durch den Zoll helfen und dir ein Hotelzimmer verschaffen, was jeder einigermaßen intelligente Mensch durchaus selbst erledigen kann.« Aber schließlich heuerte er doch einen an, einen massigen blonden Stöpsel, der seinen Namen als Kluge angab. Zum Teil weil ihm der Verdacht kam, dass die Dienstleistungen dieser Kinder an einem dermaßen korrupten Ort wie hier wahrscheinlich notwendig sein würden, aber auch weil er jemanden brauchte, der vielleicht nützliche Verbindungen für ihn herstellen konnte, wenn er sich der bevorstehenden Aufgabe zuwandte. Spezifisch hieß das, Jolandas konspirativen Freund Davidov aus Los Angeles in dieser kleinen Kugelwelt ausfindig zu machen, beziehungsweise dabei zu helfen, vor allem, weil es zwangsläufig nicht so sehr leicht sein konnte, hier Leute zu finden, die keinen gesteigerten Wert darauf legten, dass man sie fand.
    Zum Teil hatte Enron dies auch Jolanda zu erklären versucht, aber nur wenig, und sie nickte, aber irgendwie dumpf und schläfrig. Kein Fünkchen von Begreifen zeigte sich in ihren Augen.
    Vorläufig schien Valparaiso Nuevo wie eine narkotisierende Droge auf Jolanda zu wirken. Man hätte erwarten dürfen, dass sie am ersten Tag ihres allerersten Trips zu den L-5-Welten nach so vielen Jahren voller Sehnsuchtsträume hypermanisch reagieren müsste, dass sie mit großen Augen herumlaufen würde und alles auf einmal in sich aufzunehmen versuchen würde. Doch nein, der Überraschungsschock hatte genau die gegenteilige Wirkung. Trotz ihres starken Hyperdex-Konsums – Enron hatte sie das Stimulans mehrmals nehmen sehen, und sie lutschte es wie Bonbons – wirkte sie stumpf, wie betäubt und schleppte träge und plump die Füße hinter sich drein, ganz die dumpfhirnige faule Kuh, die sie hinter dem ganzen Geplapper von der Bedeutung von Kunst und Kultur wirklich war, dem Geschwätz von der Notwendigkeit, den Planeten zu schützen, und dem ganzen übrigen Quark ihrer kalifornischen Eselspolitik.
    Vielleicht kam das von der frischen Luft, dachte Enron, und dem relativ hohen Sauerstoffanteil und dem völligen Fehlen von Methan und toxischen Verunreinigungen. Sie wurde nicht fertig mit dieser ganzen sauberen süßen Luft. Vielleicht setzte ihr Gehirn aus, wenn es nicht den gewohnten richtigen CO 2 -Fix bekam. Oder aber es war die geringere Schwerkraft. Die allerdings hätte sie beschwipst-beschwingt machen sollen, statt dessen verwandelte sie das in einen Zombie. Drunten im Terminal an der Nabe waren sie fast über den Boden geschwebt, so gering war dort die Schwerkraft, und beinahe vom ersten Moment nach der Landung an war Jolanda mit diesem glasigen Blick und dem Hirntotenausdruck auf dem Gesicht herumgeschlichen.
    Und nun hatten sie den ganzen aberwitzigen bürokratischen Mist beim Zoll und der Einreisebehörde hinter sich gebracht, waren in ein Hotel gezogen, und es war Dinnerzeit und sie befanden sich in einer Stadt namens Valdivia, etwas weiter als auf halber Strecke zum Rand in

Weitere Kostenlose Bücher