Der heitere Polizeireport 2
genommen. Ein zweites Augenpaar an der Seite seines Kopfes zur Sicherheit seines Partners. Und ein Paar vorn am Kopf des Polizisten, welches versichernd zum Verunglückten schauen kann und ihn sagen lässt, dass alles wieder gut wird, obwohl er weiß, da ss es nicht so ist. «
»Gott«, sagte besorgt der Engel und zupfte ihn am Är mel. »R uhe dich doch erst mal aus, du kannst dieses Mode ll doch später fertigstellen.«
» Das kann ich nicht, ich habe schon einen ziemlich guten Prototyp erschaffen. Er kann einen 150 Kilogramm schweren Betrunkenen überreden, in den Funkstreifenwagen einzusteigen, ohne dass es zu Zwischenfällen kommt. Und er kann mit seinen geringen Dienstbezügen eine fünfköpfige Familie durchfüttern. Ich kann jetzt nicht aufgeben.«
Der Engel umkreiste den Polizisten-Prototyp sehr langsam und sah ihn sich sehr genau an. Dann sagte er: » Ka nn dieses Modell auch denken?«
»Aber natürlich«, entgegnete Gott. »E s kann dir die Tatbestandsmerkmale von mehr als tausend Straftaten aufsagen, Verwarnungen im Schlaf erteilen und einen Gangster schneller von der Str aße ho len, als die Ric h ter diskutieren, ob es berechtigt und verhältnismä ßig war oder nicht. Und während alledem behält der Pol i zist noch seinen Sinn für Humor, ist dem Bürger gegenüber stets freundlich u nd ausgeglichen. Außerdem hat dieses gute Modell eine wahnwitzig gute Kontrolle über sich selbst. Ohne mit der Wimper zu zucken , ist es fähig, Verbrechenszenarien zu untersuchen und abzusichern, die aussehen als wären sie einem Horror Film entsprungen. Es kann einen brutalen Kinde r schänder ein Geständnis entlocken und hat trotzdem seinen Hass unter Kontrolle. Es kann die Familien von Opfern trösten und ihnen Mut z u reden, obwohl die Zeitungen wieder mal schreiben, Kriminelle wü r den nicht gerecht behandelt.«
Der Engel sah sich das Gesicht des Polizisten genauer an. Er strich mit seinem Finger über die Wangen des Modells und rief aus: » Siehst du Gott, hier ist ein Leck! Ich sagte doch, dass du dir zu viel vorgenommen hast!«
»Das ist kein Leck« , entgegnete Gott . »Es ist eine Träne!«
« Eine Träne? Wesha lb?«, wollte der Engel wissen.
» Nun ja, für die aufgestauten Gefühle, für die verletzten und getöteten Kolleginnen und Kollegen, für die vielen Beschimpfungen, die er hinnehmen muss, für die Undankbarkeit und falschen Beschuldigungen . F ür die Frustration und Wut, für Einsamkeit, für Schmerz und Ohnmacht, wegen der schrecklichen Dinge, die er sehen muss. Wegen der Al b träume und der Angst ...“ 30
Was ist ein Polizist?
(Nicht nur im Land Brandenburg)
Ein Polizist ist eine Mischung aus allen Menschen, zusammengesetzt aus Heiligen und Sünde rn, aus Staub und Göttlichkeit.
Von allen Menschen ist er einmal der am dringendsten Benötigte und ein anderes Mal der Unerwünschteste.
Er ist eine seltsame n amenlose Kreatur; von vorn mit » Herr Kommissar « angespro chen, hinter seinem Rücken mit » Idiot «.
Er muss diplomatisch sein, dass nach Beilegung einer Streitigkeit jeder der Beteiligten glaubt, er habe recht bekommen.
Er muss im Augenblick Entscheidungen fällen, für die Richter im stillen Kämmerlein vielleicht Mo nate oder sogar Jahre brauchen.
Ist er freundlich, dann biedert er sich an, ist er es ni cht, dann heißt es, er meckert.
Ist er adrett, heißt es, er sei eingebildet, fehlt ein Knopf, ist er ein Landstreicher.
Beeilt er sich, ist er unvorsichtig, ist er be dächtig, heißt es, er ist faul.
Er muss als Erster am Unfall- und Tatort sein und u n fehlbar mit der Diagnose.
Er muss künstlich beatmen können, Blutungen stillen, eine Schiene anlegen und sich vergewissern, dass dem anderen nichts fehlt.
Er muss imstande sein, sich mit zwei Männern h e rumzuschlagen, die doppelt so groß und nur halb so alt sind wie er, ohne seine Uniform zu zerr eißen und ohne brutal zu sein.
Wenn jemand auf ihn einschlägt, ist er ein Feigling, schlägt er zurück, ist er ein Rohling.
E in Polizist muss alles wissen , und nichts sagen.
Er muss die Sünde ken nen - und darf nicht teilhaben.
Ein Polizeibeamter muss anhand eines einzelnen menschlichen Haares imstande sein, ein Verbrechen, die Tatwaffe und den Täter zu beschreiben und möglichst auch sofo rt zu wissen, wo sich der Täter verbirgt.
W enn er den Täter fasst, hat er Glück, fasst er ihn nicht, ist er ein Dummkopf.
Ein Polizist muss sich zehn Nächte lang bemühen, einen Zeugen zu suchen, der sich dann
Weitere Kostenlose Bücher