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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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wieder nach Hause bringen. Sie hatte es zu früh versucht, das Beste war es, noch einen Monat zu warten. Oder noch zwei.

    Eine neue Wohnung, Matt kam zu der Entscheidung, dass darin die Lösung lag! Ein neuer Anfang an einem Ort, der keine schrecklichen Assoziationen weckte. In positiver, energischer Stimmung ging Matt zu einem Immobilienhändler, aber Maeve fand an allen Vorschlägen etwas auszusetzen, so dass Matts Schwung schwand und er unglücklich und ängstlich in die Zukunft blickte. Maeve hatte Recht. Wenigstens kannten sie sich hier aus. Bloß keine Experimente. Außerdem wäre es ein schmerzlicher Schnitt, gestand er sich ein, wenn sie die Wohnung, die sie mit so viel Hoffnung für ihr gemeinsames Leben gekauft hatten, aufgeben müssten.
    Es gab noch einen weiteren Grund, dass sie blieben, wo sie waren. Sie mussten ans Geld denken. Nach sechs Monaten Krankschreibung war Maeves Gehalt um die Hälfte reduziert worden; jetzt, ein ganzes Jahr später, bekam sie gar kein Gehalt mehr.
    Dann gab es da den Garten – der Garten hinter dem Haus in der Star Street Nummer 66 gehörte zu ihrer Wohnung. Er hatte den Ausschlag gegeben bei ihrer Entscheidung, die Wohnung zu kaufen, denn Maeve hatte lauter Pläne, was sie dort anbauen wollte; Malven und Möhren und Tomaten. »Es ist ganz leicht! Du wirst sehen, Matt. Im Nu sind wir autark.«
    Jetzt waren sie auch autark, aber auf ungesunde Weise. Sie hatten nur einander. Alle ihre Freunde – wirklich alle – hatten sich von ihnen abgewandt, weil sie fanden, dass Maeve merkwürdig geworden war mit ihrem Gerede von der Vergewaltigung und ihrem Beharren, dass dieser oder jener Mann sie ansah, und ihren dramatischen
Auftritten, wo sie nach Luft schnappte und vor- und zurückschaukelte und sich an die Brust fasste. Und zwar in aller Öffentlichkeit.
    Matt konnte seine Freundschaften mit anderen Männern nicht aufrechterhalten, weil Maeve es nicht ertrug, einen ganzen Abend ohne Matt zu verbringen. Dass Matt zur Arbeit ging, konnte sie akzeptieren, weil es dazu keine Alternative gab: Sein Einkommen bewahrte sie vor der sicheren Armut.
    Der Einzige, der ihnen die Stange hielt, war Alex, Matts Bruder, aber schließlich hatte auch er genug davon, dass Matt nie verfügbar war. »Irgendwann muss sie lernen, allein zu sein«, sagte er zu Matt. »Du machst es nur schlimmer, wenn du ihr immer nachgibst.«
    So schmerzlich es auch war, von Menschen, die ihnen vormals so viel bedeutet hatten, fallengelassen zu werden, so war es auch eine seltsame Erleichterung. Sie hatten mit diesen Menschen nichts mehr gemein, deren Sorgen schienen so trivial. Maeve war mehr als erleichtert, dass es ihr gelungen war, die ganze Sache vor ihren Eltern verborgen zu halten. Auch Matts Eltern hatten sie nichts erzählt. Aber weil es anstrengend war, im Zusammensein mit ihnen so zu tun, als wäre alles normal, mieden sie nach Möglichkeit die Begegnungen. Maeve fuhr kaum noch nach Hause, und ein paarmal hatte sie Krankheit vorgeschützt, um nicht mit zu den Gearys gehen zu müssen.
    Was sie beide unendlich quälte, war die Tatsache, dass David frei herumlief, während sie im Gefängnis saßen.
    Matt wollte ihn umbringen. Richtig ernsthaft umbringen.
Er sah ihn fast täglich in der Firma und hatte Fantasien, dass er ihm nachgehen und ihn in einen Lieferwagen sperren würde, dass er ihn in seiner Wohnung knebeln und fesseln und quälen würde, lang und ausgiebig.
    »Ich denke auch darüber nach«, sagte Maeve. »Wusstest du, dass du für nur zweitausend Euro einen Mörder anheuern kannst? Ich habe es bei Google gefunden.«
    »Ich auch.«
    Aber sie beschlossen, keinen Mörder für David anzuheuern.
    »Damit würden wir uns auf seine Ebene begeben«, sagte Maeve.
    »Das wäre mir egal«, sagte Matt.
    Das galt auch für Maeve. Sie war ohnehin zerstört. »Aber es würde rauskommen. Wir sind die offensichtlichen Verdächtigen. Dann kommen wir ins Gefängnis. Und wir dürfen nicht zulassen, dass er unser Leben noch mehr zerstört als ohnehin schon.«
    »Ich verstehe nicht, warum nicht mehr Leute durchknallen, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen und jemanden umbringen.« Matt hatte Dinge erfahren, über die er früher nie nachgedacht hatte: Nur ein Vergewaltigungsfall von zehn angezeigten landet vor Gericht, und davon kommt es nur in sechs von hundert Fällen zu einer Verurteilung. Und was ist mit all den Fällen, die nie angezeigt werden, weil die Frauen solche Angst haben? Vor dem Vergewaltiger. Oder vor der

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