Der hellste Stern am Himmel
neben ihm gelegen und keine Ahnung, was er vorhatte. Doch als die Sekunden verrannen und nichts geschah, war sie, so schnell sie irgend konnte, aufgestanden, hatte sich hastig Slip und Jeans angezogen, rechnete aber die ganze Zeit damit, dass er sie packen und wieder zu Boden werfen und von vorn beginnen würde.
Wäre sie ein anderer Typ gewesen, hätte sie ihn vielleicht angeschrien: Du hast mich vergewaltigt, und ich werde es allen sagen. Aber sie hatte keine Rachegedanken. Das einzig Wichtige war, dass sie weglaufen konnte und am Leben blieb.
Auf der Straße schloss sie ihr Fahrrad auf. Sie konnte nicht fahren, unmöglich, auf dem Sattel zu sitzen, aber sie konnte es auch nicht stehen lassen. Sie musste sich und alles, was zu ihr gehörte, mitnehmen, nichts durfte hierbleiben. Sie fing halb an zu laufen, schob ihr Fahrrad die drei Kilometer zu ihrer Wohnung neben sich her und kam im nächsten Moment, so schien es, bei ihrem Haus an.
Sie hatte Matt nicht angerufen. Sie hatte seinen Abend nicht stören wollen. Stattdessen saß sie zusammengesunken
und frierend auf dem Sofa und wartete, dass er nach Hause kam. Und als er heimkam, war er komplett verwirrt, am Anfang wenigstens, aber er glaubte ihr.
Zwei Polizisten, ein Mann und eine Frau, nahmen ihre Aussage auf.
»Sie haben das … Beweismaterial?«, fragte Maeve und versuchte nicht zu zittern. »Sie können doch anhand der DNS nachweisen, dass er es war?« Sie hatte nicht gebadet, sie hatte keine Beweise weggewaschen – darauf war sie stolz. Sie war nach Hause gegangen und hatte auf Matt gewartet, und obwohl sie das Gefühl hatte, wie in einem Traum zu sein, hatte sie intuitiv gewusst, dass sie auch ihre Sachen nicht wechseln sollte.
»Sie greifen den Dingen vor«, sagte der Polizist. Vincent hieß er. »Wir wissen ja noch nicht, ob es gegen Ihren Willen war.«
Maeve sah ihn verständnislos an. »Aber das war es.« Sie sah Sandra, die Polizistin an. »Aber das war es«, sagte sie wieder. Sie sah Matt an. »Es war gegen meinen Willen.«
»Ich weiß«, sagte Matt.
Sandra blickte sie unverwandt an. »Fangen wir von vorn an. Was hatten Sie an?«
»Das hier.« Maeve zeigte auf den Plastikbeutel mit ihrer Jeans und der Unterwäsche. Auch hier hatte sie genau das Richtige getan, denn sie hatte gewusst, dass man ihr die Sachen wegnehmen würde, weshalb sie Ersatzkleidung mitgebracht hatte.
»Nicht gerade provozierend, was?«, sagte Matt in einem Anflug von Sarkasmus.
»Es wäre besser, wenn Mrs. Geary einfach die Fragen
beantwortete«, sagte Sandra. »Maeve, Sie haben kein Kleid angehabt?«
»Was soll das heißen?«
»Es ist gar nicht so leicht, einer Frau die Jeans auszuziehen, wenn man sie dabei festhält.«
»Ja, aber er hat es getan.« Wie sollte sie das erklären – das Gewicht, mit dem David sie niedergedrückt hatte, seine Kraft.
»Hier.« Vincent reichte ihr ein paar Papiertücher, und Maeve merkte, dass ihr Tränen über das Gesicht rannen.
»Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Mr. Price beschreiben?«, fragte Sandra.
»Mit wem? Ach so, David. Er war mein Freund. Bevor ich Matt kennenlernte.«
»Sie sind heute am frühen Abend zu ihm in die Wohnung gegangen.« Sandra sah auf die Uhr. »Immer noch heute, gerade noch. Sie waren allein, nur Sie und David? Warum war Ihr Mann nicht dabei?«
»Er war mit Kollegen aus«, erwiderte Maeve, während Matt gleichzeitig sagte: »Sie hat doch ein Recht auf ihr eigenes Leben.«
»Ihr Mann war mit dem Besuch einverstanden?«
»Er wusste nichts davon«, gestand Maeve.
»Aber ich hätte nichts dagegen gehabt«, sagte Matt.
»Und Sie haben ihm nicht gesagt, dass Sie Mr. Price besuchen wollten? Warum war es geheim?«
»Es war nicht geheim. Ich habe es ihm einfach nicht erzählt.«
»Sie und Mr. Price haben zusammen etwas getrunken? Könnte man annehmen, dass Ihre Hemmschwelle aufgrund des Alkohols niedriger war?«
»Ich habe ein Bier getrunken. Ich habe es nicht mal ausgetrunken. Ich wollte ihn gar nicht besuchen, aber er hat gesagt, er hätte ein Hochzeitsgeschenk für mich.«
»Ein Hochzeitsgeschenk?« Sandra zog die Augenbrauen hoch, und Maeve wurde bewusst, wie anzüglich das klang.
»Ich muss Ihnen diese Fragen stellen, Mrs. Geary, denn sollte dieser Fall vor Gericht kommen, werden sie Ihnen dann auch gestellt: Als Mr. Price Ihr Freund war, haben Sie da mit ihm eine sexuelle Beziehung gehabt?«
Sie schluckte. »Ja, aber damals war es anders.«
»Sie sind gründlich untersucht worden. Sie haben
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