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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Polizei. Massen von Vergewaltigungen – nicht benannt, nicht gesühnt. Das machte ihn fast verrückt. Wieso drehte sich
die Welt einfach so weiter? Wie konnten all der Zorn, die Ungerechtigkeit und die Angst am Ausbrechen gehindert werden?

    Als Matt klar wurde, dass Maeve nicht bei Goliath bleiben würde und er nicht bleiben musste, um sie zu beschützen, kündigte er seine Stelle dort.
    Zunächst war er entschlossen gewesen, nicht zu gehen, sich nicht von dem Dreckskerl vertreiben zu lassen, so wie Maeve vertrieben worden war, aber er war es leid, bebend vor Zorn in Besprechungen zu sitzen und kaum den Computer bedienen zu können, wenn David in der Nähe war, weil seine Finger so zitterten. Es war für ihn eine Frage des Stolzes, dass er David nie seine Schwäche zeigte oder überhaupt eine Reaktion. In seiner Fantasie quälte er ihn lang und ausgiebig, aber im wirklichen Leben gab er sich unbeteiligt. Die Fassade der Unberührbarkeit war alles, was ihm blieb, ein hauchdünner Trost, aber immerhin etwas.
    Was David anging, so waren bei ihm keinerlei Anzeichen von Gewissensbissen oder Schuldgefühlen zu erkennen. Er sprach nie mit Matt, aber das höhnische Lächeln sprach Bände. Du hast sie mir weggenommen, und ich habe dir alles zerstört.
    Matt ging von Goliath weg und fing bei Edios an, einer noch besseren und größeren Firma. Offenkundig machte er seine Arbeit gut.
    Sowohl Matt als auch Maeve fingen an, Antidepressiva zu nehmen und jede Woche zu einer Sitzung bei Dr. Shrigley zu gehen. Doch dann wollte Dr. Shrigley Matt zu dem Eingeständnis bringen, dass er manchmal
an Maeves Geschichte zweifelte, und Matt hörte auf, zu ihr zu gehen.
    Fast zwei Jahre vergingen, bevor Maeve wieder eine Arbeit fand, einen harmlosen kleinen Job, den sie bekam, weil sie die einzige Bewerberin war, die mit dem geringen Gehalt einverstanden war. Ihr wurde klar, dass sie ein regelmäßiges Leben brauchte. Das brachte ihr Sicherheit. Sie hielt sich an kleine und sehr vorhersagbare Sachen, und manchmal erhaschte sie einen Blick auf das, was sie verloren hatte. War sie wirklich dieser Mensch gewesen – ein fröhlicher Mensch, der seine Mitmenschen mochte? Der sich der Welt mit offenem Herzen gezeigt hatte, als wäre das Leben ein großer, saftiger Apfel, der nur darauf wartete, dass sie in ihn hineinbiss?
    Sie hatte in der Fülle gelebt. Innerhalb ihres normalen Lebens war sie vom Glück verwöhnt gewesen. Sie war geliebt worden und hatte Freunde und eine gute Arbeit gehabt, sie hatte ein glückliches Leben gehabt. Und jetzt war das alles vorbei.

    Sie blieben David auf der Spur. Nur dass Matt nicht wusste, dass Maeve es tat, und umgekehrt. Hin und wieder fanden sie sich unabhängig voneinander vor den Toren der Firma ein, weil sie hofften, dass David Reue zeigen würde. Aber jedes Mal fühlten sie sich danach schlechter.
    Auch in den düstersten Zeiten brach bei Matt manchmal sein alter Optimismus durch, und er machte grandiose Vorschläge, wie sie geheilt werden könnten: Sie würden reiten lernen, wandern gehen oder Badminton spielen oder – das war die häufigste Idee – umziehen.

    Nichts war von Dauer, nichts funktionierte.
    »Die Zeit heilt alle Wunden«, sagte Matt manchmal zu Maeve.
    Aber inzwischen waren drei Jahre vergangen, und sie waren immer noch verletzt, und sie warteten noch immer auf Heilung.
    EIN TAG …
    Conall trieb Lydia vor sich her die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer. Er hatte es ungeheuer eilig.
    »Was hast du gedacht?« Lydia entwand sich seinem Griff. »Als du Matt in der Badewanne gesehen hast?«
    Conall presste die Lippen zusammen. Er wollte nicht darüber sprechen. Als er die Badezimmertür aufmachte, war er wie versteinert stehen geblieben. Alle seine Muskeln waren wie erstarrt, er bekam Wadenkrämpfe.
    Weil es im Fernsehen so viele blutrünstige Szenen zu sehen gab, hatte er sich für immun gegenüber einem solchen Anblick gehalten, aber CSI: Miami konnte nicht vermitteln, wie es war, wenn man einen echten Toten vor sich hatte. Das Bild stand deutlich vor seinem geistigen Auge: Das Wasser in der Badewanne rot gefärbt von Matts Blut, hellrote Wirbel auf der Oberfläche, das wächserne, leblose Gesicht, der Kopf, der oberhalb der roten Linie sachte hin- und herrollte.
    »Ich dachte, er ist tot«, sagte er.
    Er hatte in der Tür zum Bad gestanden und das Gefühl gehabt, die Welt würde aufhören sich zu drehen,
und zu seinem Entsetzen kam eine Traurigkeit, ein überwältigendes Gefühl von

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