Der hellste Stern am Himmel
seinen schwarzen Pullover. »Kaschmir? Um Blut abzuwischen?«
»Ich habe keine Ahnung, was es ist«, sagte er. »Irgendwas musste ich anziehen, ist doch egal, wenn Blut draufkommt.«
Sie nickte traurig. »Ich weiß, was du meinst. Man kriegt einen anderen Blick auf die Dinge. Aber er kommt durch. Fionn sagt, sie haben ihm vier Liter Blut gegeben, und am Morgen kommt er raus.«
Conall nickte. »Hast du ihn näher gekannt? Matt?«
»Wir haben uns nur gegrüßt. Und du?«
»Ich habe ihn ab und zu gesehen.«
»Trotzdem.«
»Ja … ich dachte, Maeve wäre vielleicht schon zu Hause«, sagte Conall.
»Fionn hat gesagt, sie war um Mitternacht noch im Krankenhaus –«
» – und die Schlüssel liegen auf dem Tischchen –«
» – wir können also ruhig reingehen, oder? –«
Sie öffneten die Tür zu der stillen Wohnung und gingen den kurzen Flur entlang zum Bad. Conall gab der Tür mit den Fingerspitzen einen Stoß, die Tür öffnete sich, und da war die Badewanne voller Blut. Noch röter und noch schrecklicher als in seiner Erinnerung.
Conall schluckte hörbar. »Wir müssen den Stöpsel rausziehen.«
Sie sahen sich an.
»Ich mach’s«, sagte Katie.
»Nein, ich –«
Katie machte zwei Schritte, tauchte den Arm ein, zerrte mit einem Ruck an der Kette, dann das Gurgelgeräusch. »Bitte.« Sie versuchte zu lächeln. »Erledigt.«
»… Eh … danke. Mann, du bist großartig.« Er gab ihr ein Handtuch, mit dem sie sich den Arm abtrocknete.
Sie zuckte halb verlegen mit den Schultern. »Nichts dabei.«
»Ich wollte das nicht tun.«
»Ich glaube, tun wollte es keiner.«
»Ich dachte, er sei tot«, sagte Conall mit belegter
Stimme. »Als ich reinkam. Es war schrecklich. Das vergesse ich nie.«
»Für mich war das Seltsame, dass ich nicht wusste, was es war, da vor mir«, sagte Katie. »Ich konnte es nicht verstehen.«
»Ich weiß, was du meinst.«
»Also – warum war das Wasser so rot?«
»Ja, und warum sah er so … du weißt schon. Man ist nicht drauf vorbereitet.«
»Überhaupt nicht.« Sie war erregt. »Ich habe nie etwas so Schlimmes gesehen. Oh …« Plötzlich rannen ihr die Tränen übers Gesicht.
»Nicht weinen!« Beklommen legte Conall ihr die Hand auf die Schulter, und als sie weiterweinte, nahm er sie unbeholfen in die Arme. »Er kommt durch.«
»Aber es ist so traurig.« Sie lehnte sich an ihn, nur einen Moment lang, an seinen weichen Pullover. Es war so tröstlich, sich fallenzulassen. »Was sie wohl durchgemacht haben? Um an diesen Punkt zu kommen?«
Er legte sein Kinn auf ihren Kopf, und sie weinte an seiner Brust. Als die Tränen versiegten, straffte sie sich. »Geht schon wieder.«
»Bestimmt?«
»Bestens. Danke.« Aber von ihm gehalten zu werden, hatte sich gut und richtig angefühlt, und ihr war unerwartet der Gedanke gekommen, dass sie und Conall jetzt Freunde sein könnten.
»Lass uns saubermachen.«
»Ist gut.« Conall hob die blutigen Handtücher vom Boden auf. »Was soll ich damit machen?«
»Steck sie in die Waschmaschine und – ach, du weißt
wahrscheinlich nicht, wie man eine Waschmaschine anstellt.«
»Natürlich weiß ich das.«
»Dann wollen wir mal sehen.«
»Gut, komm mit!« Er ging mit dem Bündel Handtücher den Flur entlang, fand die Kammer mit der Waschmaschine, stopfte die Handtücher in die Maschine und knallte die Tür zu.
»Du musst sie anschalten«, erklärte Katie. »Du musst das Programm auswählen.«
»Ich weiß doch.« Er drehte an ein paar Knöpfen – so schwer konnte das ja nicht sein – und wartete, dass die Maschine anfing zu laufen.
»Waschpulver.« Katie hielt ihm die Schachtel hin.
»Ah, hätte ich beinah vergessen.« Er riss die Tür wieder auf und wollte schon den halben Inhalt der Schachtel hineinschütten.
»Nein, nicht so.« Jetzt lachte sie. Lachte lauthals. Wahrscheinlich die Nachwirkung des Schocks. »Du hast keine Ahnung, oder?«
Er sah sie an. Er gab nie zu, dass er etwas nicht wusste.
»Diese Maschine ist irgendwie anders als meine.«
Sie sah ihn mit einem Funkeln in den Augen an, bis er den Blick senkte und zugab: »Stimmt, ich habe keine Ahnung.«
»Wunderbar«, sagte Katie fast fröhlich. »Mehr wollte ich gar nicht hören.«
Sie füllte das Waschpulver ein, wählte das Programm, und als die Maschine zu laufen anfing, gingen sie wieder ins Badezimmer und putzten zusammen die Badewanne und den Fußboden, sie wischten die roten Spritzer an
den Kacheln und Wänden fort und tilgten alle Spuren. Sie arbeiteten
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