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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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danach aus, als wäre sie am Ende angekommen –, sondern auch weil durch Fionn so viel anderes, was wehgetan hatte, beiseitegedrängt worden war. Er hatte die Traurigkeit nach dem Ende ihrer Beziehung mit Conall betäubt, hatte das alltägliche Einerlei in einen funkelnden Diamanten verwandelt und ihr gezeigt, dass auch für jemanden über vierzig das Leben noch viel zu bieten hatte. Das war vorbei, wie sie jetzt feststellte. Aus und vorbei.
    Am meisten fürchtete sie sich vor einem Wiederaufflackern des Verlassenheitsgefühls, das sie empfunden hatte, als sie Conall mit Lydia entdeckte. Das war ein schlimmer Schmerz gewesen, und sie glaubte nicht die Kraft zu haben, sich dem erneut auszusetzen. Ein kleiner masochistischer Impuls veranlasste sie, dem einen Moment lang nachzuspüren, um zu sehen, wie schrecklich schmerzhaft das war … aber vielleicht strengte sie sich nicht genug an, denn erstaunlicherweise fühlte es sich nicht allzu schlimm an.
    Vielleicht war sie drüber hinweg! Konnte das der Zweck der Affäre mit Fionn gewesen sein? War er geschickt worden, um sie zu heilen? Und dann abzuhauen, sobald sie geheilt war?

    Schließlich hatte sie mit Conall und seiner neuen Freundin in einer Bar einen Drink genommen. Und Conall und sie hatten friedlich gemeinsam das Bad geputzt. Und jetzt waren sie hier und kümmerten sich um die alte Dame.
    Aber vielleicht betrachtete sie die Sache mit Fionn auch ganz falsch. Vielleicht hatten sie und Fionn einfach nur ihr erstes ernsthaftes Zerwürfnis gehabt. Vielleicht hatte er die Nacht bei Grainne und Mervyn verbracht und würde gleich zerknirscht und voller Liebesschwüre hereinstürmen, und sie würden sich in die Arme fallen und weinen und sich tausendfach entschuldigen, und danach würden sie gestärkt daraus hervorgehen? Möglich war es!
    Jemima zog ein paar Haarnadeln aus ihrem Knoten. »Sie bohren sich in meine Kopfhaut«, sagte sie. »Seit mindestens achtzig Jahren habe ich täglich Unbequemlichkeiten erduldet, und jetzt reicht es.«
    »Sie lassen einfach locker«, sagte Conall.
    »So ist es, mein Guter!«
    »Dazu ist es nie zu spät.«
    »Das sollten Sie nie vergessen, Conall. Und jetzt …« Jemima bettete sich bequem auf das Sofa; sie sah bleich und zerbrechlich aus, das Herausziehen der Nadeln hatte sie sehr angestrengt.
    Katie kniete sich neben das Sofa und war eingeklemmt zwischen einem schweren geschnitzten Tisch aus Mahagoni hinter sich und einem ausladenden Sessel mit geblümtem Bezug neben sich. »Soll ich Ihre Hand halten?« Sie spürte, das Jemima Nähe brauchte, aber bei vornehmen Protestanten wusste man nie so genau. Sie konnten
zutiefst beleidigt sein, wenn man ihnen körperlich zu nahe kam.
    »Würden Sie das tun? Das wäre mir ein großer Trost.« Über ihr faltiges Gesicht huschte ein Lächeln, und sie streckte ihre knochige, von Adern überzogene Hand nach Katie aus
    »Ich nehme die andere«, sagte Conall.
    »Conall!«, sagte Jemima. »Das wäre wirklich reizend.«
    Katie sah ihn überrascht an. Seit wann erwies er alten Damen Freundlichkeiten? Er zuckte die Schultern, was so viel hieß wie: Warum auch nicht?
    Stimmt, warum auch nicht?
    Grollo drängte sich zwischen Katie und Conall und legte Jemima seinen Kopf in den Schoß, und das Einzige, was Katie denken konnte, war, dass dies alles ungeheuer seltsam war. Hier war sie! Hier war Conall Hathaway! In Jemimas Wohnung, und sie hielten ihr die Hände! Wie waren sie in derart absurder Dreisamkeit gelandet?
    Niemand sprach, zu müde wahrscheinlich, dachte Katie, nach den Ereignissen der letzten zwölf Stunden. Nach einer Weile fragte eine leise besorgte Stimme in ihr, wie lange Jemima sie wohl dabehalten wollte. Ging es ihr wieder so gut, dass man sie allein lassen konnte? Aber es schien unhöflich, das zu fragen, außerdem müsste Conall ohnehin jeden Moment aufspringen und in ein Flugzeug hasten oder die Welt retten, und bis es so weit war, musste sie zugeben, dass es hier auf Jemimas Teppich, wo sie Jemimas Hand hielt, unerwartet friedlich war. Sie hörte nur, wie sie atmeten – Conall, Jemima und sie. Und natürlich der Hund.

    »Darf ich …«, begann Jemima vorsichtig. »Darfich … ich meine, würden Sie es mir verübeln, wenn ich Sie um einen kleinen Gefallen bitten würde?«
    »Gar nicht«, sagte Conall.
    »Könnten Sie mir sagen, also, was ich immer schon wissen wollte – ein bisschen Tratsch.«
    Noch eine Stunde
    Fremd und roh – der Anblick der provisorischen Tür aus Tischlerplatte

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