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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nicht sehr glücklich sein, wenn er die Neuigkeit erfährt.« David wusste aus eigener Anschauung, wie zärtlich Maeves Eltern sie liebten.
    »Er weiß es schon«, sagte Maeve. »Und er ist ganz
außer sich. Es sei eine riesige Ungerechtigkeit, sagt er. Er will den Namen des Prüfers wissen, damit er sich offiziell beschweren kann.«
    In das Lachen hinein sagte Maeve: »Aber wenigstens kann ich jedes Feld pflügen und wunderbar gerade Furchen ziehen«, als Matts Stimme sie unterbrach.
    »Ich habe es gerade gehört!«, sagte er. »Ich war in einer Besprechung und habe es gerade gehört.«
    Er ging zielstrebig auf Maeve zu, und die anderen machten ihm instinktiv den Weg frei.
    »Fahrprüfer! Tyrannen in Blechkisten!« Matt nahm Maeve in die Arme, um sie zu trösten, und ihr Kopf ruhte an seiner dunklen Anzugschulter. Die anderen waren ergriffen von seinem Mitgefühl. Dass sie, die Kollegen, nett zu ihr waren, war die eine Sache, aber Matt war immer noch ihr Chef, bei aller Umgänglichkeit. Und die Umarmung war nicht unecht oder vorgetäuscht, sie dauerte sogar länger als die obligatorische halbe Sekunde. Matt zeigte offensichtlich ehrliches Mitgefühl für Maeves Demütigung. So freundlich von ihm, dachten die anderen. Was für ein netter Typ. Sie lächelten, manches Paar Augen wurde gar feucht. Doch dann entstand ein leichtes Unbehagen. Jetzt sollte die Umarmung aber zu Ende sein. Sie dauerte schon eine Sekunde länger als akzeptabel. Sie musste aufhören! Aufhören! Sofort! Aber Matt und Maeve blieben in ihrer Umarmung. Zur allseitigen Verwirrung zog Matt Maeve noch enger an sich heran, und Maeve schmiegte ihren Kopf noch fester an Matts Hals.
    Lasst jetzt voneinander ab, und es ist kein Schaden angerichtet. Das Lächeln der anderen gefror und verschwand
dann aus den Gesichtern. Sie standen wie erstarrt um die in inniger Umarmung Verschmolzenen und warfen sich besorgte, fragende Blicke zu – aber niemand sah David an.
    Emotionale Schwingungen gingen von Matt und Maeve aus und breiteten sich im ganzen Büro aus, bis hin zu Natalie. Etwas ist nicht in Ordnung. Sie stand von ihrem Schreibtisch auf und bahnte sich einen Weg zu der kleinen Versammlung um Maeves Schreibtisch.
    Endlich, zur allgemeinen Erleichterung, entstand Bewegung. Maeve hob den Kopf. Lasst voneinander ab , war der kollektive Gedanke. Matt, geh wieder in dein Büro. Maeve, setz dich an deinen Platz. Und wir tun alle so, als wäre das hier nicht geschehen.
    Aber die sprachlosen Zuschauer mussten miterleben, dass es noch schlimmer wurde. Auch Matt hob den Kopf, und in dem Moment, als sein Blick den von Maeve traf, war eine Energie zwischen ihnen zu spüren, so stark, dass man fast ein Knistern hören konnte. Mit vor Staunen leuchtenden Gesichtern sahen sie sich an. Maeve hob die Hand und berührte Matts Gesicht, als wollte sie prüfen, dass es wirklich so war, dass das, was geschah, auch wirklich geschah. Die anderen wussten, dass es unschicklich war, diesem Augenblick äußerster Nähe beizuwohnen, aber niemand brachte es über sich, die Augen abzuwenden.

    Matt hatte nicht vorgehabt, Natalie auf diese Weise mitzuteilen, dass er sie nicht mehr liebte, aber sie hatte verstanden. Würdevoll, wie es ihre Art war, verließ sie den Schauplatz, sie ging aus dem Büro, fuhr in die Stadt,
parkte in einem Parkhaus und weinte. Dann kaufte sie sich ein neues Duschgel, ließ sich die Haare zehn Zentimeter kürzer schneiden, aß elf Makronen, und zwar die großen, und hatte sich wieder gefangen.

    Das Erste, was Maeve sah, als sie sich aus der Umarmung löste, war Davids kalkweißes Gesicht. Es war das Gesicht eines Menschen, den sie vor langer Zeit gekannt hatte. Innerhalb von siebenundvierzig Sekunden war ihre Welt völlig verändert.
    Jetzt musste sie Worte finden, um die Welt wieder ins Lot zu bringen, aber sie fand keine. Sie sah David flehentlich an.
    Was ist geschehen? Er betrachtete sie mit ungläubigem Blick.
    Ich weiß es nicht.
    Ich liebe dich.
    Ich weiß.
    Und ich dachte, du liebst mich.
    Das habe ich auch gedacht.
    Du hast mich gedemütigt.
    Ich wusste nicht, dass dies geschehen würde.
    Alle anderen um sie herum waren verschwunden, außer Matt.
    »David, ich …« Aber Maeve wusste nicht, was sie sagen sollte. David beobachtete sie, wartete darauf, dass sie die erlösenden Worte sprach. »Es tut mir leid«, flüsterte sie. Sie konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht ertragen, den Schock, die Trauer, die Wut. »Wirklich, es tut mir furchtbar

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