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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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doch nichts anderes aus Ihnen geworden. Sie können nicht gegen Ihre innere Natur an, Rosen. Sie sind dazu geboren, zu sein, wer Sie sind, jemand, der im Dreck wühlt, in anderer Menschen Fehler, im widerwärtigen Teil der menschlichen Natur. Dazu sind Sie hier, das ist es, was Sie sind, und ich sage Ihnen, dass diese nagende Stimme in Ihrem Inneren – Was wäre wenn? Was, wenn ich bessere Startchancen gehabt hätte? Was, wenn ich an eine bessere Schule gegangen wäre? –, dass diese Stimme ein Phantom ist. Sie sind ein Müllsammler.» Flint seufzte. «Ich versuche, Ihnen hier entgegenzukommen, Rosen, ich versuche, Ihnen zu helfen, merken Sie das?»
    Rosen blickte beim Zuhören auf die Gesichter seiner im Raum versammelten Kollegen und begriff, dass der Lautsprecher eingeschaltet war und alle Flint hörten. In diesem Augenblick schaute ihm keiner richtig in die Augen.
    «David, die Sache mit Ihnen ist die …»
    Rosen starrte auf den kalt gewordenen Kaffee in einer Tasse auf seinem Schreibtisch, gefoltert von dem Bedürfnis, Flint erneut zu fragen, wo seine Frau war, obwohl er wusste, dass das Flint nur neue Nahrung geben würde. Es würde ihn befriedigen und seine Lust am Manipulieren verstärken.
    «Was ist die Sache mit mir, Father Flint?»
    Dort, wo Flint sich befand, ging metallisch hallend eine Tür auf und schlug wieder zu. Dieses Geräusch schien die Aufmerksamkeit des Priesters zu erregen und ließ ihn kurz verstummen.
    «Sie sind jemand, der immer nur nimmt. Nehmen, nehmen, nichts als nehmen. Mehr haben Sie nie mit mir getan.»
    «Was kann ich Ihnen geben, Father Flint, einem Mann von Ihrem Rang und Ihrer Gelehrsamkeit?» Rosen fasste seine Kollegen scharf ins Auge. Bellwood begegnete seinem Blick, und er hatte das Gefühl, dass sie ihn anspornte. «Was kann ich Ihnen geben?»
    «So spricht ein wahrhaft armer Mann.»
    Aus den Tiefen von Rosens Verdauungssystem stieg Übelkeit auf, und gleichzeitig damit Zorn.
    «David, ich bedaure Ihren Verlust.»
    «Nein, das tun Sie nicht.»
    Die Wellen um Flint schienen höher zu wogen, und als Rosen ihr Klatschen hörte, hatte er das Gefühl, dass Flint den Anruf beenden würde.
    «Deswegen habe ich Sie angerufen. Um Ihnen zu sagen, dass ich Ihren Verlust bedaure.»
    «Wenn Sie meinen Verlust bedauerten, Father Flint, würden Sie mir sagen, wo meine Frau ist!»
    «Ich hatte an einen ganz anderen Verlust gedacht. Er ist noch nicht so lange her.»
    Eine Tür öffnete sich tief in Rosens Innerem, eine Tür zu einem anderen Tag in einem anderen Jahr, der nie zurückkehren konnte, aber ihn auch niemals loslassen würde.
    «Haben Sie ein Kind, David? Nein, nein, nein, drei Mal haben Sie sie im St Mark’s verleugnet. Erinnern Sie sich? Sonderbar, wie diese kleinen Treuebrüche immer das größte Gewicht haben … Oder?»
    «Ich habe Hannah nicht vergessen.»
    «Ihr verstorbenes Mädchen?»
    «Sie wissen nichts über unseren Verlust.»
    «Dann klären Sie mich auf. Wie fühlt er sich an, diese Art von Verlust?»
    Rosen rückte auf seinem Stuhl zurück, starrte das Telefon auf dem Schreibtisch an und blickte sich dann in dem Raum voller Gesichter um. Das Ganze wirkte wie ein erstarrter Moment seines Lebens, der vor ihm aufblitzte.
    «Geben Sie mir Ihren Verlust, David», sagte Flint, «dann gebe ich Ihnen Hoffnung.»
    «Hoffnung?»
    «Ich kann so schnell verschwinden, wie ich gekommen bin. Ihre Frau? Wo haben Sie sie heute Morgen zurückgelassen?»
    «Hannah war ein wunderschönes Kind», begann Rosen.
    «Wo ist sie gestorben?»
    «Sie ist in ihrem Bettchen gestorben.»
    «Haben Sie sie an jenem Abend zu Bett gebracht?»
    «Ich hatte Dienst.»
    «Aber sie hat noch gelebt, als Sie heimkamen?»
    «Ich habe nach ihr geschaut, sobald ich im Haus war.»
    «Sind Sie sich sicher, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch geatmet hat?»
    «Ja.»
    «Wie sicher?»
    «Ich habe auf ihren Atem gelauscht, das Licht im Flur war an, und ich habe gesehen, wie sie sich im Schlaf bewegt hat.»
    «Haben Sie sie berührt? Haben Sie sie geküsst, bevor sie … Sie verlassen hat?»
    «Sie … Sie stellen mir Fragen, die ich nicht beantworten kann, Flint.»
    «Sie sind von ihrem Bettchen weggegangen?»
    «Ich kann Ihnen diese Augenblicke nicht geben.»
    «Wohin sind Sie gegangen?»
    «Ich bin ins Bad gegangen.»
    «Und als Sie zurückkamen?»
    «Ich dachte, Sie wollten von meinem Verlust hören.»
    Im Hintergrund legte das gedämpfte Schreien von Möwen die Vermutung nahe, dass Flint sich, wo immer er auch

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