Der Herr Der Drachen: Roman
seinen Füßen neigte sich, als er besinnungslos zusammensackte.
5
A ls Shaan die Anlage verließ, senkte sich bereits das goldene Licht der Abenddämmerung über die Stadt. Nach dem Mittagessen hatte der Aufseher sie eingeteilt, mit einigen anderen zusammen die Baracken der Reiter zu putzen. Es war heiß und eine mehr als staubige Arbeit. Mehrere Male war Shaan von Schwindelanfällen übermannt worden, und sie hatte sich an einem Bettgestell festklammern müssen, um nicht umzufallen.
Nun schmerzten ihre Muskeln und ihr Kopf, und ihre Hände waren rot und rissig vom Schrubben. Sie reckte ihren Nacken und ließ die Schultern kreisen, als sie mit langsamem Schritt die Straße entlangtrottete, die von der Anlage aus in die Stadt zurückführte. Die Extramünzen, die sie für ihr Tagewerk verdient hatte, klingelten in ihrer Tasche. Andere Arbeiter hasteten an ihr vorbei, eilig darauf bedacht, vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein.
Unter ihr waren die flachen Dächer und die gewundenen Straßen in goldenes Licht getaucht, und das Meer war eine dunkle, wogende Fläche, die in kleinen Wellen gegen die Felsen am Land schwappte und eine feine Schaumlinie vor dem roten Sand bildete. In weiter Ferne am Horizont wurde der gleißende Lichtball der Sonne vom Meer verschluckt und färbte dabei die langen Wolkenbänke rosa. In den Hügeln über der Stadt fingen die Kuppeln und Fenster des Palastes der Führerin den Schein ein und funkelten wie Feuer.
Shaan kniff die Augen zusammen und senkte den Blick, während sie dem Weg folgte, der den steilen Hügel hinab in das Händler-Viertel führte. Der kräftige Geruch gebratener Zwiebeln wehte durch die Menge, und da sie zu müde war, um weiter zu laufen, ließ sie sich von einem Kaf-Verkäufer mitnehmen. Sie
machte es sich hinten auf seinem Wagen zwischen duftenden Säcken bequem und ließ ihre Beine hinunterbaumeln, während das Muthu das Gefährt durch die Stadt und hinab zum Ufer zog.
Als sie das quirlige Seefahrer-Viertel erreichten, war die Nacht bereits hereingebrochen. Die Luft war warm und feucht. Man hatte schon die Straßenlampen entzündet, in deren gelbem Lichtschein unzählige Insekten flatterten. Die Wirtshäuser hatten geöffnet, und die Seeleute kamen von ihren Schiffen herauf. Shaan wurde das Herz schwer. Es war eine ganze Meute, was bedeutete, im Red Pepino würde so viel los sein, dass Torg von ihr erwarten würde, sich als Bedienung nützlich zu machen. Sie haderte mit ihrem Schicksal und sprang vom Wagen des Kaf-Verkäufers hinunter, als er an einem kleinen Gasthaus haltmachte. Shaan drehte dem Meer den Rücken zu, beschleunigte ihren Gang und hoffte, dass sich wenigstens einige der Seemänner ein anderes Hurenhaus suchen würden.
Doch als Shaan endlich müde durch die Hintertür ins Red Pepino schlurfte, herrschte dort bereits buntes Treiben. Sie öffnete die Küchentür und entdeckte Torg, der mit schweißglänzendem Gesicht Fleisch von einer riesigen Keule säbelte. Der Tisch war übersät mit Brotlaiben und Stücken eines salzigen, weißen Käses, und auf dem Herd köchelte Bratensoße in einem Topf.
»Ah, da ist ja mein Serviermädchen!« Er lächelte breit, und sein Ohrring glänzte im Schein der Lampe. »Wird auch Zeit, dass du deine mageren Knochen durch die Tür schiebst. Wo hast du denn gesteckt? Hast du den Septenführern schöne Augen gemacht?«
Das Bild von Balkis’ blauen Augen, die zu ihr herunterstarrten, schoss ihr durch den Kopf. »Nein«, erwiderte sie schnippisch. »Ich habe gearbeitet.«
Der Duft der Soße machte sie hungrig, doch gleichzeitig stieg wieder Übelkeit in ihr auf. Sie ließ die Tür offen stehen, damit kühle Luft hereinwehen konnte, und sank ächzend auf einen Stuhl am Tisch.
Torg warf ihr einen Blick zu: »Du siehst ja schlimmer als eine nasse Straßenkatze aus. Hier«, er schob ihr ein Stück Fleisch zu,
»und nimm dir auch ein bisschen Brot und Käse, du bist viel zu dürr.«
Shaan seufzte und griff nach einem Laib Brot und einem Messer. »Willst du, dass ich hinter dem Tresen arbeite, oder soll ich servieren?« Langsam schnitt sie sich einige ungleichmäßige Scheiben Brot ab.
Torg unterbrach seine Arbeit und beobachtete sie, während sie sich mit unsicherer Hand Butter auf ein Stück Brot strich. Er wartete so lange mit einer Antwort, dass Shaan ebenfalls innehielt und aufsah. »Was ist denn?«
Er schüttelte den Kopf. »Was soll ich nur mit dir machen, Mädchen? Heute Nacht kannst du auf keinen Fall
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