Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
Vom Netzwerk:
verloren. Da war nichts mehr als Schatten und Sand und Tod. Dass sein Erdbruder hier war, kam ihm ganz natürlich vor.
    Jareds Augen lagen tief in ihren Höhlen und waren dunkel, als ob irgendetwas in ihm zerbrochen war, und er hob eine Hand und zerrte Tallis am Arm.
    »Komm.«
    Außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen, folgte ihm Tallis vom Brunnen weg, hinaus in die Schatten der Wüste.

17
    S ie liefen durch die Nacht. Die Mondsichel verblasste und sank schon zum Horizont hinab, und die Wüste wurde eine Welt der Schatten, dunkel und still. Die Luft war kalt, und Tallis beobachtete die weißen Nebelwölkchen, die aus seinem Mund strömten, während Jared und er sich immer weiter von den Gebieten entfernten, die er kannte.
    Kaum sichtbar am Horizont türmte sich die Silhouette der Schwarzen Berge, eine zerklüftete Gebirgskette, in der es kaum Leben gab. Sie ragte steil und scharf wie Zähne aus dem Sand. Tallis’ Brust fühlte sich hohl an, und etwas schien sein Herz zu verzehren. Er warf einen Seitenblick auf Jared, konnte ihn jedoch in der Finsternis kurz vor Anbruch der Dämmerung nur erahnen. Er musste die ganze Nacht auf den Beinen gewesen sein, um sie noch einzuholen. Hatte er gewusst, was er vorfinden würde?
    »Bald geht die Sonne auf«, sagte Jared. »Wir müssen jagen, wenn wir etwas essen wollen.«
    Tallis nickte und lief weiter. Die Stille zwischen ihnen zog sich in die Länge.
    »Werden wir noch mal zurückkehren?«, fragte er leise, und seine Stimme klang ganz schwach in seinen Ohren.
    Jareds Augen wurden von seiner Kapuze überschattet. »Wir haben unsere eigenen Clansmänner getötet, Bruder. Wir können nie mehr zurück.«
    Die Luft in Tallis’ Lungen wurde eisig, und eine kalte Hand griff nach seinem Herzen. Jared hatte recht. Das Blut klebte noch immer an seiner Haut; er konnte es riechen, intensiv und metallisch, tief mit den Fäden seines Hemdes verwoben. Clanblut. Es würde sich nie wieder auswaschen lassen.

    »Wieso bist du hier?« Er zwang die Frage zwischen seinen trockenen Lippen hindurch.
    »Die Träumerin kam zu mir, nachdem du aufgebrochen warst. Sie sagte mir, dass ich dich suchen müsse. Die Führer hätten ihr gezeigt, dass unsere Wege uns vom Clan wegbringen würden in die Gegenden jenseits der Schwarzen Berge. Sie wollen uns nicht mehr zurück, Tallis. Es ist entschieden.«
    Seine Stimme war tonlos, als ob Kaa ihm bereits sein Leben genommen hätte. Tallis konnte nichts erwidern. Ein scharfer Windstoß blies ihm die Haare aus der Stirn, aber die Kälte war kein Vergleich zum klirrenden Eis seiner Verzweiflung. Was war es, das jenen, die er liebte, so etwas antat? Sein Vater war tot, seine Mutter allein, und nun auch noch Jared. Was wollten die Führer von ihm?
    »Komm.« Jared legte ihm eine Hand auf den Arm. »Die Sonne geht auf. Lass uns jagen. Wir müssen etwas essen, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
    Fahles Licht kroch über den Horizont und zeichnete die Umrisse der steilen Gipfel der entfernt gelegenen Berge nach. Tallis’ Kehle war trocken, und er ballte die Hände zu Fäusten. Jareds Gesicht wirkte ausgezehrt, und um seine Lippen lag ein harter Zug, den Tallis nicht kannte. Ihm wurde schlecht, als er seinen Erdbruder so sah, aber er sagte nichts. Er würde Jareds Opfer nicht mit Worten des Bedauerns besudeln.
    Als er den Blick nach Westen wandte, spürte er das vertraute Ziehen in seinen Eingeweiden, diesen verhassten Krampfen, der versuchte, ihn von den Landstrichen wegzulocken, die er liebte. Er hatte nie verstanden, warum ihn solche Empfindungen überfielen, aber vielleicht wussten es die Führer. Vielleicht hatten sie immer gewusst, dass er keiner der ihren war, und hatten dieses Drängen in seine Seele gepflanzt, um sich seiner zu entledigen. Und doch schickten sie ihn nach Osten. Nichts ergab mehr einen Sinn. Er senkte den Kopf und folgte seinem Erdbruder, als sie die Jagd begannen.

     
    Sie erlegten genug Fleisch für zwei Tage, kochten und wickelten es ein, dann setzten sie ihren Weg in Richtung Berge fort. Jared gab Tallis ein Stück Stoff, damit er es als Haldar benutzen konnte, und sie saugten ausreichend Wasser aus den Wurzeln der Wüstengewächse, um weiterlaufen zu können. Da sie nachts und während der kühleren Morgenstunden wanderten, ruhten sie sich in den Stunden aus, wenn die Sonne am heißesten war.
    Und mit jedem Tag rückte die massive Felsenlinie näher. Die Schwarzen Berge erstreckten sich, so weit Tallis blicken konnte,

Weitere Kostenlose Bücher