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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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begehrt sie immer noch, er wartet nur ab, bis das Kind geboren ist, um ihr dann wieder nachzustellen. Hoffentlich war Argana vor Varricks Gewalt sicher, zumindest solange Chessa ihr Kind austrug. Cleve brauchte die Hilfe seines Vaters, so sehr ihm das auch gegen den Strich ging. Varrick steckte den Burra ehrfürchtig wieder in die Scheide zurück. Was wäre der Mann eigentlich ohne seinen Zauberstab?
    Cleve, Varrick und Igmal überlegten, welchen Weg Kerek genommen haben mochte.
    »Er nimmt den Seeweg«, meinte Cleve. »Kerek würde niemals Chessas Leben aufs Spiel setzen und durch Schottland reiten. Er kennt weder das Land noch seine Gefahren. Der Seeweg ist zudem wesentlich schneller, vorausgesetzt das Wetter hält.«
    »Es ist Herbst«, hielt Varrick dagegen. »Stürme aus dem Norden können die Seefahrer ohne Vorwarnung überraschen und ihnen zum Verderben werden.«
    Varrick besaß drei Kriegsschiffe, Cleve eines. Gemeinsam verfügten sie über sechzig Gefolgsleute, von denen die meisten Pikten waren, kaltblütige, grausame Kämpfer, die nicht einmal vor der Hölle der Christen zurückschreckten. Allerdings waren sie keine guten Seeleute, und das bereitete Cleve Sorgen. Am liebsten wäre er auf der Stelle aufgebrochen, um die Verfolgung aufzunehmen. Doch es war dunkel, und kein Mann würde sich nachts auf den See hinauswagen. Es hätte gar keinen Sinn, den Männern diesen Vorschlag überhaupt zu unterbreiten. Deshalb beschlossen sie, im ersten Morgengrauen in See zu stechen. Cleve überlegte den ganzen Abend hin und her, hörte sich Igmals Vorschläge und auch die seines Vaters und der anderen Männer an. Kurz bevor Varrick aufbrach, um in die Festung zurückzukehren, verkündete er: »Ich habe einen Plan. Vater, bist du gewillt, dich meinen Befehlen zu unterwerfen, um Chessa zu retten?«
    Varrick wußte um die Kraft und die Klugheit seines Sohnes. Wie sonst hätte Cleve fünfzehn Jahre in der Sklaverei überlebt? Er war sein Sohn, der nach ihm auf Kinloch herrschen würde. Doch diese Gedanken waren es nicht, die ihn bewogen, seine Zustimmung zu geben. Es war Chessa. Er mußte sie zurückhaben, und wer war besser geeignet, sie zurückzuholen als ihr Ehemann? »Ja. Was hast du vor?«
    Cleve unterbreitete ihm seinen Plan. Als er geendet hatte, nickte Varrick bedächtig und zog den Burra wieder aus dem Gürtel. Der Stab pulsierte vor Wärme und war so leicht, daß er zum Gebälk hinaufschweben würde, hätte er ihn losgelassen. Er reichte ihn Cleve: »Was fühlst du?«
    Cleve blickte argwöhnisch auf das heidnische Ding, griff zögernd danach und hätte es beinahe fallengelassen, so schwer war es. Cleves Nackenhaare sträubten sich. Er mußte den Stab, der nicht länger als eine Elle war und nichts Ungewöhnliches aufwies, außer diesen seltsamen Zeichen, mit beiden Händen festhalten . Er dachte an Chessas Gesicht, als sie den Stab gehalten hatte, an ihr Staunen, ihre Faszination
    und schließlich ihre Furcht. Er gab den Stab seinem Vater zurück. »Behalte deinen Burra bei dir. Er ist schwer und kalt. Ich nehme an, daß er Eigenschaften besitzt, die nicht von dieser Welt sind. Ich will seine Geheimnisse nicht wissen. Nimm ihn, Vater, und zwing mich nicht, ihn noch einmal anzufassen.«
    Varrick nahm den Stab und balancierte ihn auf einem Finger. Cleve hatte keine Macht über den Zauberstab. Aber Chessa besaß diese Macht. »Wir brechen im Morgengrauen auf. Bist du vom Erfolg deines Planes überzeugt?«
    Cleve nickte. »Mit einer großen Anzahl Männer können wir sie nicht befreien. Mein Plan ist gut.« Dann verzog er sein Gesicht zu einem bösen Lächeln, das Rache und Tod versprach.
    »Ich brauche keinen Burra, um es regnen zu lassen, den See in einen brodelnden Hexenkessel zu verwandeln, oder das Ungeheuer zu rufen«, sagte Cleve. »Ich habe den Verstand und die Willenskraft eines Mannes, und damit werde ich Erfolg haben.«
    »Es gibt viel Ungewisses«, sagte Varrick abwägend, bevor er sich zum Gehen wandte. »Dein Plan ist gut. Eine kleine Schar, verkleidet als Palastwachen in York. Ja, ich glaube, das könnte klappen, zumal du den Palast kennst. Sollte dein Plan freilich mißlingen, wirst du mich brauchen, Cleve. Auf die Macht der Magie sollte niemand vorschnell verzichten.«
    Grauer Nebel hing dicht über dem See und waberte um das Langboot. Es war kalt und feucht, und Chessas Zähne klapperten trotz des warmen Wollumhangs, den Kerek ihr umgelegt hatte. Die sechs Männer an den Rudern des kleinen Bootes

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