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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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bückte und ihr ins Gesicht schaute. »Er ist noch ein kleiner Junge, Liebes. Er weiß noch nicht, daß er den Ball mit den Händen fangen muß. Hab Geduld mit ihm. Das ist das Los der Frauen in diesem Leben - Geduld. Du solltest beginnen, dich früh genug darin zu üben.«
    Cleve lachte. »Ja«, nickte er. »Hör gut zu, Kiri. Dann kannst du das an deinen zweiten Papa weitergeben, denn ihr fehlt es gelegentlich an Geduld.«
    »Ja, meine Kleine.« Igmal ging vor Kiri in die Hocke. »Mit den Buben muß man Geduld haben, wie Inga sagt. Sie brauchen oft etwas länger, um reif und weise zu werden.«
    »Na schön«, erwiderte Kiri und hielt Torik die Hand hin. »Ich geh mit ihm zum See und rufe Caldon. Sie kommt, wenn ich sie rufe.«
    »Aber paß auf!« mahnte Igmal. »Du bist schon ein großes Mädchen und mußt auf den kleinen Torik achtgeben. Bleibt nicht zu lange!«
    Kiri nickte, nahm Toriks schmutziges Händchen und zog ihn aus dem Haus.
    Es war wie in Malverne, wie auf der Habichtsinsel. Jeder, ob Mann oder Frau, kümmerte sich um die Kinder, und trug sein Scherflein zum Gemeinschaftsleben bei. Cleve spürte ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit, das ihm den Großteil seines Lebens verwehrt war, bis er es auf Malverne kennengelernt hatte. Doch das hier war wieder anders. Hier war er zu Hause. Das war seine und Chessas Heimat. Ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit stieg in ihm auf. Er sehnte sich nach Chessas Umarmung, wollte sie auf den Mund küssen und an ihrer Unterlippe knabbern, was sie so gern mochte.
    »Inga, wo ist Chessa?«
    »Sie hat Teig geknetet, das war etwa vor einer Stunde. Dann ging sie nach draußen. Seitdem hab ich sie nicht gesehen. Ich frag' mal die anderen.«
    »Ja, und ich sehe draußen nach.«
    Chessa ging gern zum Wasserfall und setzte sich, mit dem Rücken gegen die knorrige Eiche gelehnt, auf die moosbewachsenen Felsen und träumte vor sich hin. Aber warum sollte sie das Teigkneten unterbrechen, um sich an den Wasserfall zu setzen?
    Ein kühler Windstoß fuhr ihm durchs Haar und ließ ihn frösteln.
    Alle suchten nach ihr, aber niemand fand sie. Gegen Abend kam Varrick herüber und eröffnete Cleve: »Chessa wurde entführt. Ich weiß nicht von wem, aber ein Mann nahm sie mit. Ich habe es deutlich gesehen.«
    Cleve starrte seinen Vater verblüfft an. »Wir suchen sie schon den ganzen Nachmittag. Wer sollte sie entführen? Wer kann sich durch die Palisaden hereinschleichen und sie wegbringen?«
    »Ich weiß nicht, aber er drang hier ein, paßte sie ab und entführte sie.«
    »Woher weißt du das?«
    Varrick zog den Burra aus seinem Gürtel. »Ich habe es gespürt, und dann habe ich es gesehen. Ich sah einen großen, kräftigen Mann mit wilden Augen und roten, von grauen Strähnen durchzogenen Haaren. Aber ich sah bei Chessas Anblick auch Freude in seinen Augen. Ich sah, wie die beiden miteinander redeten, sich stritten, und er eindringlich auf sie einredete. Schließlich steckte er einen Knebel in ihren Mund, band ihre Handgelenke zusammen, wickelte sie in eine Decke und legte sie sich über die Schulter. Er ist fort, und ich weiß nicht wohin. Ich sehe keine Bilder mehr. Aber er hat sie weggeholt.«
    »Wie alt ist dieser Mann?«
    »Etwa in meinem Alter. Er wirkt älter, sein Gesicht ist faltiger, grobschlächtiger. Kennst du ihn, Cleve?«
    »Ja«, antwortete Cleve leise. »Ich kenne ihn. Sein Name ist Kerek, und er ist der Getreue von Königin Turella.«
    »Turella?« Varricks Blick verlor sich in der Feme. »Turella? Wie seltsam.«
    »Wenn ich dir die Geschichte erzähle, die dahintersteckt, findest du alles mehr als seltsam. Turella ist die Königin des Danelagh. Man munkelt, der König halte sie seit vielen Jahren als Gefangene, doch das ist ein Gerücht. Sie regiert das Land. Er ist ein alter Narr, und sie läßt ihn in dem Glauben, er habe die Zügel in der Hand. In York muß etwas geschehen sein. Turella wollte unbedingt, daß Chessa ihren Sohn Ragnor heiratet. Chessa sollte nach Turella die Regierungsgeschäfte übernehmen, um die Sicherheit des Danelagh zu garantieren. Ragnor ist ein eigensüchtiger, verwöhnter Fratz, nicht erwachsener als Athol.«
    »Athol bessert sich«, entgegnete Varrick abweisend. »Nachdem ihr Kinloch verlassen habt, fand er sein inneres Gleichgewicht wieder. Sein gebrochenes Bein heilt zusehends.«
    Cleve knurrte: »Willst du mich begleiten, um Chessa zurückzuholen?«
    »Ja«, antwortete Varrick gedehnt. »Wir finden Chessa.«
    Und Cleve dachte, er

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