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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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»Verfluchte Feiglinge, das Ufer ist fast unter euren Füßen. Rudert!«
    Wieder ein Stoß. Caldon schob das Boot auf das Land zu, nicht vom Ufer weg, dachte Chessa. Wenn die Seeschlange die Männer an Land zwang, hatte Chessa eine Chance zur Flucht.
    Da schrien die Männer erleichtert auf, sprangen aus dem Boot ins seichte Wasser und rannten los. Kerek packte Chessas Arm, kletterte mit ihr aus dem Boot und brüllte die Männer an, es an Land zu ziehen.
    Doch es war zu spät. Sobald Kerek Chessas Füße auf den Kies gesetzt hatte, tauchte Caldon neben dem Boot aus dem Wasser auf. Der Nebel lichtete sich, und ihr langer, gebogener Hals wurde sichtbar, dann der kleine Kopf. Caldon öffnete das Maul und stieß einen lauten Trompetenschrei aus. Den Männern fielen die Leinen aus den Händen. Sie standen wie gelähmt und waren zu keiner Bewegung, zu keinem Laut fähig.
    Chessa lächelte, als Caldon den mächtigen Hals beugte und das Boot mit der Schnauze vom Ufer auf den offenen See hinaus wegstieß. Kerek stapfte ins tiefere Wasser und schrie dem Ungeheuer hinterher, das nun samt Boot vom dichten Nebel verschlungen war. Es war totenstill, der Geruch der Angst hing in der Luft. »Das Ungeheuer ist fort und hat unser Boot mitgenommen«, stieß Kerek schließlich dumpf hervor. »Männer, reißt euch zusammen! Schüttelt eure Angst ab und kommt wieder zu Verstand. Der Spuk ist vorbei. Wir müssen hier übernachten. Halak, du machst Feuer. Ihr anderen sammelt Brennholz. Wir wollen uns wenigstens warm halten, bis die Sonne aufgeht.«
    »Wenn sie aufgeht«, sagte Chessa laut zu Kerek gewandt. »Hast du vergessen, Kerek, daß ich die Tochter des größten Zauberers aller Zeiten bin?«
    Er blickte auf sie herab und war bleich vor Angst. Sein Haar klebte ihm im Gesicht. Er und seine Männer waren bis auf die Haut durchnäßt. Chessa hingegen war völlig trocken. Kerek fröstelte. Sie wußte nicht, ob vor Kälte oder vor Angst. Sie lächelte seelenruhig; seine Angst gab ihr Genugtuung.
    Die Männer entzündeten ein Feuer und kauerten sich im engen Kreis um die wärmenden Flammen. Chessa hatte die Wolldecke um die Schultern gelegt. Der Nebel legte sich weich auf ihr Gesicht und strich wie zarte, feuchte Finger über ihre Haut.
    Kerek ging unter die Bäume, um sich zu erleichtern. Sobald er außer Hörweite war, redete sie auf die Männer ein: »Ihr habt den Zauber erlebt. Ihr habt das Ungeheuer gesehen. Caldon hat euch nur deshalb nicht getötet, weil ich im Boot war. Sie wollte mir keinen Schaden zufügen. Wenn ich morgen die Sonne scheinen lasse, müßt ihr mich nach Hause bringen. Solltet ihr Kereks Befehlen gehorchen, werdet ihr allesamt umkommen.«
    »Hört nicht auf sie!« Kerek war zurückgekommen, und in seiner Stimme schwang tiefer Zorn. »Sie ist keine Hexe und keine Zauberin. Wir wissen alle, daß in diesem See ein Ungeheuer haust. Es kam unserem Boot zu nahe, und ihr habt es abtreiben lassen. Morgen wird die Sonne wieder scheinen. Schlaft nun und hört nicht auf sie.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Wollt ihr wissen, warum Königin Turella sie haben will? Ich sage es euch. Wegen ihrer Willenskraft. Sie wird Ragnor heiraten und das Land regieren, nicht dieser Narr. Die Sachsen werden das Danelagh nicht erobern, sobald sie in York das Heft in der Hand hält. Eben wart ihr Zeugen ihrer Willenskraft. Denkt darüber nach. Und jetzt legt euch schlafen.«
    »Kerek widerspricht sich selbst«, sagte Chessa. »Einmal redet er von meiner unbeugsamen Willenskraft und dann wieder meint er, Turella könne mich zwingen, diesen Ragnor zu heiraten. Seht mich an. Glaubt einer von euch, daß ich Ragnor heirate?« Sie schüttelte den Kopf und spuckte ins Feuer, daß es zischte. »Ich selbst werde das Danelagh zerstören. Ich werde es eigenhändig an die Sachsen ausliefern. Ihr werdet mich nicht als Gemahlin des Königs erleben.«
    »Es wäre besser, der Narr stirbt«, knurrte einer der Männer.
    »Ja«, pflichtete ihm ein zweiter bei. »Tötet ihn.«
    Chessa seufzte. Eine Flucht war unmöglich. Der See war voller tückischer Strömungen, und sie wußte nicht, in welche Richtung sie schwimmen sollte. Sie hatte sich für die Magie entschieden und damit gedroht, Ragnor zu töten. Sie blickte zu Kerek, der ihr immerklich zulächelte.
    »Die Prinzessin ist sehr wertvoll für uns alle«, sagte er. »Nun legt euch schlafen. Bald geht die Sonne auf.«
    Gegen ihren Willen schlief sie tief und traumlos und wachte erst auf, als Kerek sie am Arm

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