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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hinweg: »Ich würde Euch ein zweites Mal entführen. Aber ich tue es für das Danelagh der Wikinger, nicht für den aufgeblasenen Popanz.«
    Chessa lehnte sich an die Bootswand und zog die Decke bis ans Kinn. Er hielt sie für eine Kriegerin? Kerek war verrückt.
    Zwei Kriegsschiffe und zwei Handelsboote verließen Rouen und segelten die Seine flußabwärts in den Kanal. Merrik hatte sich die Hände gerieben. »Wir haben Specksteingefäße, Hornkämme und schöne Armreife, die Gyre der Däne gefertigt hat. York ist eine große Handelsstadt. Wir werden mit Kisten voll Silber weiterfahren.« Er grinste seine Frau an. »Ich kaufe dir ein rotes Kleid, eine Farbe, die du mit all deinen Färbkünsten nicht hinkriegst.«
    Die Handelsschiffe hatten noch andere Gegenstände geladen - Gewänder, Holzschalen, Fischernetze und Saatgut - da niemand wußte, was sie in Schottland erwartete, wenn sie im Hafen der Handelsstadt Inverness an der Mündung der Moray Förde festmachten. Cleve hatte Kiri in Larens Obhut gegeben, die murrend die Aufsicht über ein Handelsboot und Cleves Tochter übernahm.
    »Ich will bei dir und Merrik sein«, schmollte sie.
    Merrik antwortete leichthin: »Die Männer würden deine Gegenwart begrüßen und auch deine Skaldengeschichten, doch Oleg bat mich, dir die Aufsicht über das zweite Handelsschiff zu geben, weil keiner seiner Leute dazu geeignet wäre.«
    »Du lügst mit der Leichtigkeit eines Sterbenden, der auf dem Totenbett schwört, nie wieder zu sündigen.«
    »Deshalb bist du doch so sehr in mich vernarrt.«
    Sie mußte lachen, bückte sich und hob Kiri hoch. »Komm, Liebling! Deinen Vater wirst du heute abend Wiedersehen.«
    Als die Männer in den Kanal ruderten, wandte sich Merrik an Cleve: »Ich mach mir Sorgen wegen Kiri. Du hättest sie in Malverne bei den anderen Kindern oder in Rouen lassen sollen.«
    »Nein«, entgegnete Cleve. »Wir reisen in meine Heimat, Merrik. Ich paß gut auf sie auf. Du weißt, wie ungern sie von mir getrennt ist.«
    »Das stimmt. Sie ißt nichts und spielt auch nicht mit den anderen Kindern. Sie tut, was man ihr sagt, aber sie hat an nichts Freude. Jedesmal wenn du weg bist, sieht sie aus wie ein Gespenst. Man bekommt es mit der Angst zu tun, wie die Kleine sich grämt, wenn ihr Papa fort ist.«
    »Es war also richtig, sie mitzunehmen, auch wenn es gefährlich ist. Ich konnte ihr nicht sagen, wann ich zurück bin. Lieber habe ich sie bei mir, als mir Sorgen zu machen, daß sie mir vor Kummer krank wird, wenn ich nicht zum versprochenen Zeitpunkt heimkomme.«
    »Ich zweifle nicht daran, daß wir Chessa zurückholen, aber leicht wird es nicht, Cleve. Wir müssen sie nach Rouen bringen, bevor wir nach Schottland segeln.«
    »Ich weiß. Und die Verzögerung ist lästig. Aber für die Prinzessin lohnt es sich. Sie ist klug und hübsch. Ihre Augen sind grüner als die Berge hinter Oslo nach einem schweren Regen.«
    Merrik betrachtete den Freund versonnen. »Magst du sie?«
    »Ja, ich mag sie. Sie war offen und freundlich zu mir.«
    »Aber du traust ihr nicht.«
    »Ich wäre ein Dummkopf, je wieder einer Frau zu trauen.«
    »Cleve, du mußt die Sache mit Sarla vergessen.«
    »Darum geht es nicht, Merrik. Es ist unwichtig, ob ich sie für einen Teufel oder einen Engel halte. Sie ist eine Prinzessin. Sie wird Wilhelm heiraten.«
    »Wenn Ragnor von York ihr Gewalt angetan hat, wird kein Mann adeliger Herkunft sie heiraten, das weißt du.«
    Cleve blickte den Freund an, und seine Hand fuhr unbewußt an den ziselierten Griff seines Messers im Gürtel.
    Das war interessant, dachte Merrik auf dem Weg zu Eller, klopfte ihm auf die Schulter und übernahm seinen Platz am Ruder. Bald zog er sich bis auf das Lendentuch aus, und sein Rücken glänzte schweißnaß.

KAPITEL 6
    Kurz vor dem Sturm war der Himmel schwärzer als der rußigste Boden eines Hexenkessels. Es herrschte absolute Windstille. Kein Lüftchen regte sich. Das große, viereckige Segel hing schlaff am Mast. Die Luft war schwül, selbst das Atmen fiel schwer. Die Welt schien stillzustehen.
    Der Sturm mußte jeden Moment losbrechen. Das Kriegsschiff lag unheimlich und reglos im Wasser, keine Welle klatschte gegen die Bootswand, keine Möwe kreischte. Der Kopf der geschnitzten Seeschlange am hochgezogenen Bug wirkte gespenstisch und furchterregend auf die Seefahrer. Ähnlich mochten sich Dorfbewohner an Flußufern fühlen, wenn ein Wikinger-Kriegsschiff lautlos wie ein Dämon aus der Hölle aus dem Nebel

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