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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Herzog Rollo sie mit seinem Sohn Wilhelm Langschwert vermählen will?«
    »Er will mich nicht mehr, Kerek.«
    »Ihr irrt, Prinzessin. Ihr seid die Tochter des Königs von Irland.«
    »Darüber sollte man nachdenken.« Die Königin nahm einen tiefen Schluck aus dem Kelch, den einer der drei Männer ihr reichte. »Du hast diesen Wein hoffentlich nicht vergiftet«, wandte sie sich an den König, der mit zufriedener Miene eine Schale süßes Birnenkompott schlürfte.
    »Nein, er ist nicht vergiftet. Ich habe dich nicht erwartet«, entgegnete der König trocken und fügte hinzu: »Sie hat ein gebärfreudiges Becken.«
    »Er hat sie gestreichelt, Mutter, ihre Hüften und ihren Bauch. Er hat seinen Mund auf ihre Brüste gedrückt. Sie heiratet mich, nicht ihn. Und sie ließ es geschehen. Wenn ich sie so anfassen wollte, würde sie mich umbringen.«
    »Ach, Ragnor, halt endlich deinen Mund.« Der König wies mit dem Finger auf eine Fleischplatte. »Ich will noch davon«, befahl er, und die Dienerin beeilte sich, ein Stück Fleisch abzuschneiden und es sorgfältig vorzukauen. Chessa wandte rasch den Blick, um nicht ansehen zu müssen, wie sie ihm den vorgekauten Brei in den Mund schob.
    Die Königin tat es ihr gleich und erhob sich. »Laß dir die Hand verbinden, Ragnor. Prinzessin, ich sehe dich morgen früh. Versuche nicht, den Palast zu verlassen.«
    Sie rauschte aus dem Speisesaal, und die drei Wächter folgten ihr auf den Fuß. Der König grunzte und schmatzte weiter.
    »Ich bringe Euch in Euer Gemach«, wandte sich Kerek an sie.
    Der König rief ihnen nach: »Bevor du zur Königin gehst, kommst du zu mir. Vergiß nicht, ich bin der König. Ich bin der Herrscher. Ragnor, laß dir die Hand verbinden.«
    Chessa holte tief Luft, sobald sie den Speisesaal verlassen hatten. »Das ist alles höchst sonderbar, Kerek.«
    »Ja«, pflichtete er ihr bei. »Ihr seht, wie dringend Ihr gebraucht werdet. Die Sachsenkönige werden das Danelagh überrumpeln, wenn Ragnor auf den Thron kommt.«
    »Ich hoffe, die Sachsen tragen Ragnors Kopf auf einer Silberplatte im Triumphzug durch die Stadt.«
    Kerek verzog das Gesicht schmerzlich und schwieg. Vor ihrem Gemach wünschte er ihr eine gute Nacht, dann redete er leise mit den zwei an der Tür postierten Wachen.
    Chessa legte sich in das Kastenbett und zog die weiche Fuchsdecke bis ans Kinn. »Ingurd? Bist du noch da? Du kannst jetzt gehen.«
    Das junge Mädchen stand händeringend in einer Ecke. »Aber Herr Kerek sagte, ich darf Euch nicht alleine lassen. Ich soll Euch wie ein Schatten folgen ...«
    »Na schön. Wo willst du schlafen? Doch nicht auf dem Fußboden. Einer der Wachleute soll dir eine Pritsche bringen.«
    Ingurd blickte erstaunt. Eine weiche Pritsche, das erste weiche Lager in ihrem Leben. Ihre neue Herrin war eine Prinzessin. Und jemand, der von den Göttern so sehr gesegnet war, konnte jeden Befehl erteilen. Als sie sich auf der Pritsche ausstreckte, wußte sie, daß die Prinzessin kein Miststück war, wie Prinz Ragnor sie brüllend genannt hatte.
    Chessas Hand glitt unter das Kissen und befühlte das Tuch, in das sie ihren Dolch gewickelt hatte. Am nächsten Morgen würde sie ihn irgendwie an ihrem Bein befestigen.
    Sie dachte an Cleve, sah ihn verdreckt und abgerissen vor sich, sein goldblondes Haar glanzlos, und seinen zerzausten blonden Bart, der das hohlwangige Gesicht bedeckte. Er hatte fürchterlich gestunken. Dennoch war er ihr schöner erschienen als das letzte Mal auf der Habichtsinsel.
    Auf der Fahrt nach York hatte sie den festen Entschluß gefaßt, wenn sie ihn lebend vorfand, alles zu tun, was in ihrer Macht stand, um ihn zu ihrem Ehemann zu machen.
    Nun war sie selber eine Gefangene. Sie mußte aufhören, an Cleve zu denken. Sie mußte sich einen Fluchtplan ausdenken.
    Immer noch in Gedanken bei ihm schlief sie ein. Wenigstens konnte Kiri sich freuen, ihren ersten Papa wiederzuhaben.

KAPITEL 14
    Drei Wachmänner standen vor dem Gemach der Königin. Chessa nickte ihnen zu und wartete, bis einer die Tür aufsperrte. Sobald sie eingetreten war, drehte sich der Schlüssel wieder im Schloß.
    Die Königin hatte nach ihr geschickt. Und Chessa war gerne gekommen. Der Auftritt der Königin am Vorabend hatte sie fasziniert. Nun stand sie allein in dem großen, hellen Gemach. Nie zuvor hatte sie ein so sauberes Zimmer gesehen. Die Wände waren schneeweiß gekalkt, nirgends ein Fleck, nirgends ein Stäubchen. Die Einrichtung bestand aus einem schmalen Kastenbett, einem

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