Der Herr der Falken - Schlucht
Wasser. So hielt er sie einige Zeit, bis sie plötzlich tief Luft holte, schauderte und ihn japsend von sich schieben wollte.
»Du bringst mich um«, schrie sie gurgelnd. »Ich sterbe vor Kälte. Bitte, Cleve, bring mich nicht um. Ich sag' auch nie mehr, daß ich ein Kind von dir bekomme.«
Erleichtert und unendlich glücklich hob er sie hoch und küßte sie mitten auf den Mund. »Ich hätte mir denken können, daß du beim Aufwachen als erstes von meinem Kind sprichst. Komm, wir wollen ins Trockene.«
Sie blickte zum Schiff und zu den Männern, die lachend über den Bootsrand hingen. »Du bist nicht mehr Isla. Was ist passiert? Wo ist die Königin?«
Cleve lachte und hob sie Hafter entgegen, der sie ins Boot zog. »Ich wollte sie schon den Fischen vorwerfen, aber sie hat mich nicht losgelassen.«
»Was ist los? Wo sind wir?«
Cleve kletterte ins Boot, schüttelte sich wie Kerzog und grinste. »Wir haben dich befreit. Die Königin gab dir einen Schlaftrunk. Im Gegenzug gab ich Ragnor einen Schlaftrunk. Dann haben wir einen Tausch gemacht. Die Königin war zwar nicht einverstanden, begriff aber, daß du ohne Ragnor als formellen König das Danelagh nicht regieren kannst. Leider erwachte der reizende Prinz nicht, als wir ihn Kerek und der Königin übergaben. Es hätte mir großen Spaß bereitet, ihm zu sagen, daß seine Isla, in die er so vernarrt ist, sein schlimmster Alptraum ist - nämlich ich - und daß ich ihm Uttas Met zu trinken gab. Du bist in Sicherheit, Chessa. Nun wollen wir uns beide trockene Sachen anziehen.«
»Ich habe großen Hunger, Cleve. Ich hab' seit gestern nichts gegessen.«
»Du hast seit zwei Tagen nichts zwischen die Zähne bekommen«, sagte Rorik und reichte ihr eine Decke. »Wie fühlst du dich?«
»Mir ist kalt und ich bin am Verhungern.«
»Dann komm«, sagte Cleve. »Möchtest du an meinen Brüsten saugen? Ich habe sie mitgenommen. Der arme Baric wollte sie nicht behalten. Ihr Anblick hätte ihn wohl zu traurig gestimmt, wir hatten großen Spaß miteinander.«
»Diesmal hättest du mich Stöckchen zählen lassen sollen, Papa. Sie wären mir nicht ausgegangen.«
Cleve küßte Kiri. »Schluß mit Stöckchen zählen. Ich habe mein Versprechen gehalten. Hier ist Chessa.«
»Papa!« Kiri warf sich an Chessas Brust und schlang ihre dünnen Ärmchen um ihren Hals.
Chessa lachte und küßte das Gesicht der Kleinen. »Dein Papa - dein erster Papa - war ein großer Held. In York hielt man ihn für Thor, der mit Blitz und Donner vom Himmel fuhr, um dem König und der Königin Angst zu machen, bis sie mich freiließen. Und du warst sehr brav, Kiri. Ich bin stolz auf dich, daß du nicht wieder in Hungerstreik getreten bist.«
»Tante Laren sagt, seit ich zwei Papas habe, bin ich etwas Besonderes. Meine Papas wären furchtbar traurig, wenn mir etwas zustoßen würde. Also habe ich brav gegessen.« Damit entwand sich Kiri Chessas Armen und rannte nach draußen, um mit Aglida zu spielen.
Cleve wandte sich an Mirana. »Chessa und ich werden heiraten, damit sie nicht noch mehr Dummheiten anstellt. Ich habe jetzt schon graue Haare. Ich schicke Boten zu Herzog Rollo und König Sitric.«
»Morgen«, krächzte die alte Alna. »Morgen ist Hochzeit. Und dann wird sie endlich richtig schwanger. Rorik, warum hast du Torric nicht mitgebracht? Er ist ein so schöner Mann.«
Während des Nachtmahls und danach erzählte Cleve von seinen Abenteuern in York. Er zeigte seine Verkleidung und alle baten ihn, sich nur noch ein einziges Mal in Isla zu verwandeln. Er weigerte sich standhaft mit der Begründung, Kiri würde an ihrem Papa verzweifeln.
Laren stellte viele Fragen über die Höflinge und den Palast in York, die Cleve und Chessa ausführlich beantworteten. Bald würde Laren eine Skaldengeschichte daraus spinnen. »Ich bitte dich inständig, Laren«, flehte Cleve, »laß mich ein Mann bleiben. Mir graut vor dem Gedanken, wie die Leute mich ansehen und hinter meinem Rücken tuscheln, wenn in deiner Geschichte vorkommt, Cleve von Malverne hat sich als Hure mit Riesenbrüsten verkleidet und sich das Gesicht mit dicker Schminke zugekleistert, um die junge, eigensinnige Prinzessin zu befreien.«
Laren versetzte ihm einen scherzhaften Schubs. »Das muß ich mir noch überlegen. Ein paar Tage nach der Hochzeit werde ich Chessa fragen. Wenn sie glücklich ist, darfst du der allmächtige Thor bleiben.«
Cleve grinste Laren zufrieden an, die er liebte wie seine Schwester. »Ich werde mein Bestes tun,
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