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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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sicher sein, unerkannt zu bleiben. Er tötete sogar deine Sklaven, statt sie zu rauben. Ich begreife das nicht. Einar ist kein Verschwender. Er will möglichst viele Sklaven besitzen, wie jeder, der nach Macht strebt. Warum hat er das getan?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht bereitete ihm das Leiden, das Blutvergießen und Sterben einfach Vergnügen. Leid und Tod scheinen ihm große Befriedigung zu verschaffen. Ich weiß nicht, ob die Geschichte mit dem Silberschatz wahr ist. Ich weiß nur, daß Einar eine abscheuliche Bestie ist. Ich verstehe die Gedankengänge eines solchen Menschen nicht.«
    Rorik machte eine Pause und starrte in den Schein der Fackel hinter Mirana. Dann sprach er mit leiser, heiserer Stimme weiter:
    »Während er meine Frau vergewaltigte, zwang er seine Männer und meine Leute, die noch nicht abgeschlachtet waren, ihm dabei zuzusehen. Inga wehrte sich verbissen. Deshalb mußten seine Männer sie an Armen und Beinen festhalten, während er sie mißbrauchte. Er lachte über ihre Schreie. Dann überließ er sie seinen Männern. Und er lachte, während die Kerle sie einer nach dem anderen vergewaltigten. Erst danach tötete er sie. Die Alte Alna war eine der Zeugen, die alles mit ansahen, auch wie er sie verprügelte und ihr am Ende das Messer in die Brust stieß.
    »Dann brachte man ihm meine beiden Kinder, Zwillingsgeschwister, keine zwei Jahre alt. Er spießte beide Kinder auf sein Schwert.«
    Bittere Galle stieg ihr in den Mund. Sie schluckte. Entti blickte von Rorik zu Mirana. »Wie kann ein Mann ein solcher Satan sein? Mirana, hast du je solche Grausamkeit, solche Gemeinheit bei deinem Bruder gesehen?«
    Mirana nickte sehr langsam. »Ich wollte es nur nicht wahrhaben. Ich habe die Augen davor verschlossen und mir eingeredet, er sei ganz normal. Einar ist wie sein Vater Thorsson, der unsere Mutter beinahe zu Tode geprügelt hat, bevor ein Sklave ihn tötete, um ihr das Leben zu retten. Einar brachte daraufhin den Sklaven um. Ihm war egal, was aus seiner Mutter wurde. Wenige Monate später heiratete sie mein Vater, der sie aus Clontarf fortbrachte. Sie hatte wohl gewußt, daß Einar nicht normal war. Nach dem Tod meiner beiden Eltern wurde ich als Elfjährige zu Einar gebracht. Ein irischer Häuptling hatte unser Gehöft in Brand gesteckt und meine Eltern getötet.« Sie sprach ruhig, ohne Hast und ohne Erregung. Das Leben war oft grausam. Daran war nichts zu ändern. Der Schmerz über den Tod ihrer Eltern war im Lauf der Jahre versiegt. Manchmal erinnerte sie sich an den Geruch ihrer Mutter, die stets von einem Hauch Rosenduft umgeben war. Und manchmal glaubte sie, ihre leise summende Stimme zu hören.
    Rorik sagte leise: »Das tut mir leid. Hat Einar dich gut behandelt?«
    »Nein. Anfangs hat er mich nicht beachtet, aber als ich mich für Waffen und die Kriegsspiele der Männer interessierte, ließ er mich von Gunleik ausbilden. Der Gedanke gefiel ihm wohl, eine Schwester zu haben, die ebenso gut kämpfen und töten wie kochen und nähen konnte. Und Gunleik bildete mich gern aus, damit ich mich selbst verteidigen konnte. Er ist ein ehrenwerter Mann. Er kannte Einar genau, aber auch er wollte seine Grausamkeit nicht wahrhaben. Gunleik erzählte mir, was mit Einars Vater geschehen war und wie Einar dazu stand.«
    »Gunleik ist der Mann, der das Messer nach mir geworfen hat.«
    »Ja. Er hätte dich töten können, aber das paßt nicht zu ihm. Ich bedauere, daß er in Clontarf bleiben mußte und
    Einars Zorn ausgeliefert war, nachdem du mich entführt hast.«
    »Warum hat Gunleik dir so viel über die Vergangenheit erzählt?« fragte Rorik und rieb sich gedankenverloren die Schulter.
    »Er hat mich gern«, antwortete sie. »Er wollte mich irgendwie vor Einar schützen.« Sie hob den Kopf. »Ich fürchte, Einar hat ihn umgebracht, weil er dich mit mir entkommen ließ.«
    »Wenn er das getan hat, ist er ein Narr. Gunleik ist ein ausgezeichneter Krieger, der ihm von großem Nutzen sein kann.«
    Sie seufzte tief. »Ich habe Einar falsch eingeschätzt. Heute ist mir klar, daß er fähig ist, Gunleik zu töten, nur um seinen Rachedurst zu stillen. Einar war siebzehn, als er Herr auf Clontarf wurde. Heute ist er fünfunddreißig, sieht aber wesentlich jünger aus, nicht älter als du, Rorik. Er ist ein schöner Mann. Gunleik sieht aus, als wäre er sein Vater, obwohl er nur fünf Jahre älter ist.«
    Rorik wandte den Blick. Zorn umwölkte seine Stirn. Sie wußte, daß er wieder daran denken mußte, wie

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