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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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zurechtweisend. »Deine Rache ist mit Eifersucht vergällt. Sie ist nicht rein. Du sprichst mit einem Herzen voll Neid.«
    Merrik sagte gedehnt, den Blick auf seine Cousine gerichtet, deren Gesichtszüge von Haß verzerrt waren: »Ich hatte die Absicht, dich zu heiraten, da ich dich für eine große Schönheit hielt. Aber du hast deine Schönheit verloren, denn du hast keine Güte im Herzen. Ich will dich nicht mehr haben, Sira.« Damit drehte er sich um und ging. Seine Mutter starrte ihm mit offenem Mund nach.
    »Ich habe nicht gewußt, daß er dich will«, sagte sie zu Sira. »Und jetzt hast du ihn verloren.«
    »Das ist mir gleichgültig.« Sira starrte Mirana unverwandt an. »Ich bekomme Rorik, sobald die da verschwunden ist.«
    »Ich denke, du irrst«, sagte Mirana. »Alna sagte mir, daß Rorik dich verschmähte, nachdem seine Frau tot war. Warum soll er dich jetzt nicht wieder verschmähen?«
    Mit einem häßlichen Wutschrei stürzte sich Sira auf Mirana und versetzte ihr eine heftige Ohrfeige. Mirana fiel von der Bank. Sira saß blitzschnell rittlings auf ihr und schlug hemmungslos auf sie ein. Fausthiebe trafen sie im Gesicht, auf die Brust, in den Bauch.
    Tora schrie. Mirana stiegen die Tränen in die Augen. Sie mußte ihrer Peinigerin Einhalt gebieten. Wie es Gunleik ihr vor vielen Jahren beigebracht hatte, zog sie ruckartig die Knie hoch, traf das Mädchen damit in den Rücken und schlug ihr gleichzeitig die rechte Faust an den Hals. Siras Kehle entfuhr ein gurgelnder Schrei, sie griff sich an den Hals und rollte seitlich von Mirana weg, röchelnd und japsend nach Luft ringend.
    Mirana rollte sich zur anderen Seite und kam auf die Knie. Keuchend beobachtete sie Sira, die bald wieder Luft schöpfen konnte. Langsam zog sie ihr Messer aus der Scheide an ihrem Gürtel.
    Als Sira wieder zu Atem gekommen war, und der Schmerz in ihrem Rücken nachgelassen hatte, fixierte sie ihren Blick auf das Messer, das Mirana in der Hand hielt.
    »Du dreckige Schlampe.«
    »Komm her, Sira«, sagte Mirana mit gefährlich leiser Stimme. »Komm nur. Diesmal gehe ich nicht so sanft mit dir um. Diesmal ziehe ich dir die Klinge durchs Gesicht. Dann kommst du dir nicht mehr vor wie eine Göttin. Dann siehst du so häßlich aus, wie du in deinem Inneren bist. Komm, Sira.« Mirana warf das Messer von einer Hand in die andere — höhnisch und aufreizend. Sie wollte kein Opfer sein.
    »Du willst meine Cousine erstechen?«
    Das war die Stimme Roriks, der von seiner Mutter herbeigeholt worden war, und die jetzt keuchend neben ihm stand.
    »Ja, wenn sie mich dazu zwingt.«
    »Gib mir das Messer, Mirana. Ich hätte nicht zulassen dürfen, daß du es behältst. Du hast es aus meiner Truhe gestohlen, und ich Narr habe es dir nicht weggenommen. Du bist unberechenbar und bösartig.«
    Mirana blickte zu ihm auf. Wortlos streckte sie ihm das Messer hin, mit dem Griff zuerst. Er nahm es mit verwundertem Blick. Im gleichen Augenblick warf Sira sich auf Mirana und schlug ihr die Faust ins Gesicht.
    Rorik ließ das Messer fallen, packte Sira unter den Armen und zerrte sie von Mirana weg.
    »Hör auf. Schluß damit!«
    Sira schrie gellend, entwand sich seinem Griff und schlang ihre Arme um ihn. »Rorik, sie ist eine Hexe, eine Mörderin. Ich habe mich nur verteidigt. Sie hat mich geschlagen. Hilf mir, Rorik!«
    Er blickte zu Mirana, die mit bleichem, ausdruckslosem Gesicht vor ihm kauerte. Langsam stand sie auf, legte ihre Hand an die Wange, wo Siras Faust gelandet war und machte den Mund mehrmals auf und zu. Dann hob sie das Messer auf, steckte es in den Gürtel, drehte sich um und ging wortlos davon. Er sah ihr nach, wie sie sich von dem Wahnsinn, der in ihm war, der ihn umgab und der sich auf die Erde zu übertragen schien, auf der er stand, entfernte. Ihre Schultern waren gerade, wie aus Stein gemeißelt.
    Ja, die Welt, seine Welt, war ein Wahnsinn, Sinn war zu Unsinn geworden, nichts hatte mehr Bedeutung. In dieser Welt gab es für ihn keine Hoffnung. Er hielt die schluchzende Sira in den Armen, spürte ihren bebenden Körper an seinem. Er war sich bewußt, daß er kein Begehren spürte, keine aufkeimende Lust, nichts als den unendlichen Schmerz, der nicht vergehen wollte.

Kapitel 20
    »Heute nacht«, sagte Entti leise im Vorübergehen.
    Mirana nickte. »Wenn alles schläft. Aber was ist mit Hafter?«
    Entti zuckte die Achseln, doch Mirana ließ sich nicht täuschen. Sie las Sorge und noch etwas in Enttis Augen, das sie nicht zu deuten wußte.

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