Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
anderen, die im Raum waren. Er legte ihr die Hände auf den Bauch, hielt sie umfangen, wenn sie würgte und ihr Leib sich in Krämpfen aufbäumte. Bald würde sie zu kraftlos sein, um die Schmerzen zu ertragen, dann würde sie aufgeben und sterben.
    Gegen Morgen sank sie in tiefen Schlaf, einer Ohnmacht nahe. Mittags wachte sie auf und war ohne Krämpfe und ohne Schmerzen. Sie lag reglos da und wartete ängstlich darauf, daß sie wiederkehrten. Ihre Rippen schmerzten, und jeder Muskel in ihrem Leib tat ihr weh. Sie war erschöpft, kraftlos, willenlos. Sie fühlte sich wie eine alte Frau. Sie war unendlich müde.
    Als sie ein Geräusch an der Tür hörte, öffnete sie die Augen. Rorik stand da und sah sie an. »Ich habe eine Schale Fleischbrühe für dich. Utta hat sie gekocht.«
    Mirana richtete sich mühsam im Bett auf. Es kostete sie alle Kraft. Wie sollte sie es je schaffen, mit Entti zu fliehen?
    Rorik stellte ein großes Holztablett auf ihren Schoß. Der Duft der dampfenden Brühe zog ihr in die Nase. Es war ein köstlicher Geruch. »Soll ich dich füttern?«
    »Nein«, sagte sie und nahm ihm den Löffel aus der Hand. Sie schaffte es, den Löffel zum Mund zu führen, doch dann ließ sie ihn sinken. Ihre Hand zitterte, und ihre Stirn war schweißnaß.
    Rorik nahm den Löffel und drückte sie sanft in das Kissen zurück. Sie wunderte sich über seine Fürsorge. In der Nacht bevor sie krank wurde, war er ganz und gar nicht fürsorglich gewesen.
    »Mach den Mund auf.«
    Sie gehorchte. Sie schlürfte die ganze Schale Rinderbrühe aus. Es war die beste Suppe, die sie je in ihrem Leben gegessen hatte. In ihrem Magen war ein wohliges Sättigungsgefühl.
    »Warum hast du mich nicht sterben lassen?«
    »Du bist noch nicht bereit zu sterben. Du bist jung und stark. Sprich nicht mehr vom Sterben, Mirana.«
    »War noch jemand krank außer Asta und mir?«
    Er schüttelte den Kopf und schaute weg.
    »Wie geht es Asta?«
    Er schwieg lange. Angst stieg in ihr hoch. »Asta! Wie geht es ihr?«
    »Sie hat die Nacht nicht überstanden. Sie ist tot.«
    »Nein!«
    »Wir beerdigen sie heute nachmittag.«
    Mirana drehte ihren Kopf auf dem Kissen hin und her, von einer Seite zur anderen. Zerrissene, trockene Wehlaute kamen aus ihrer Kehle. »Nein«, wiederholte sie ein ums andere Mal, sie wollte es nicht glauben, nicht hinnehmen. Asta war tot. Gestern noch hatte sie die Alte Alna mit dem blauen Wolltuch geneckt, hatte mit den Frauen gescherzt. Gestern abend war sie bei Mirana geblieben, um Roriks Familie zu zeigen, daß sie auf Miranas Seite stand. Sie war so lebensfroh, ihr Lachen so ansteckend, ihr Lächeln so heiter. Und nun war sie tot. Einfach so. Das durfte nicht sein. Das durfte sie nicht zulassen. Mirana rollte sich mit hochgezogenen Knien, die Arme um sich geschlungen, zur Seite. Wimmernd wiegte sie sich hin und her. »Nein . . . nein . . . Sie hat mir ihr Kleid geschenkt, Rorik, weil es mir so gut zu meinem schwarzen Haar steht, sagte sie. Sie war immer gut zu mir, von Anfang an. Und gestern abend lächelte sie mir aufmunternd zu und blieb bei mir, um deiner Familie zu zeigen, daß ich nicht wie Einar bin. Nein . . . Asta darf nicht tot sein. Bitte nicht. Sag, daß es nicht wahr ist.«
    Rorik stand auf und schaute wehmütig zu ihr hinunter. Auch ihn schmerzte Astas Verlust sehr. Sie gehörte zu seinem Leben. Gurd war wie versteinert und völlig verschlossen. Die Frauen bereiteten Asta für das Begräbnis vor. Man mußte sich beeilen. Die Toten durften nicht lange bei den Lebenden bleiben, weil ihre Geister zurückkehren und die Lebenden vernichten konnten.
    Mirana hatte überlebt. Warum waren nur die beiden Frauen erkrankt?
    Die Alte Alna und Tora hatten versucht herauszufinden, was die beiden gegessen haben konnten. Niemand konnte sich einen Reim darauf machen. Er hatte Angst.
    Mirana stand neben Rorik auf dem Felsplateau über der schmalen Bucht, wo die Bewohner der Habichtsinsel sich versammelt hatten. Man hatte Asta mit den Füßen voran eilig aus dem Langhaus getragen, damit ihr Geist den
    Weg ins Haus nicht zurückfand. Sie wurde in ein tiefes, mit Moos ausgelegtes Grab gelegt, und ihr Leichnam rasch mit Erde zugeschaufelt. Dann hatte man den Ort des Grauens schnell verlassen.
    Nun, da keine Gefahr mehr von ihrem Geist drohte, zeigten die Bewohner offen ihre Trauer. Die Frauen weinten leise, die Männer standen in aufrechter Haltung hinter den Frauen, die Augen auf den fernen Horizont gerichtet.
    Aslak stand neben Gurd,

Weitere Kostenlose Bücher