Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
Vom Netzwerk:
aller Fremden - Russen, Japaner, Engländer, Amerikaner, Franzosen - aller! «
    »Ich bezweifle, daß Ihnen das gelingen wird«, sagte ich. »Und selbst wenn, so würden Sie vermutlich verhungern. Sie brauchen ausländische Gelder.«
    »Nicht wirklich. Nicht wirklich. Ausländer - insbesondere die Briten mit dem Opiumhandel - haben unsere Wirtschaft zugrunde gerichtet. Es wird schwer sein, sie allein wieder aufzubauen, aber wir werden es schaffen.«
    Ich erwiderte nichts darauf. Er pflegte offensichtlich messianische Träume, die denen Sharan Kangs nicht unähnlich waren - er hielt sich selbst für weit mächtiger, als er es tatsächlich war. Da tat er mir fast leid. Es bedurfte lediglich einer Flotte von Seiner Majestät Luftschlachtschiffen, um seine Träume in Alpträume zu verwandeln. Nun da er Akte der Piraterie gegen Großbritannien durchgeführt hatte, war er mehr geworden als ein lokales Problem, das man den chinesischen Behörden überlassen konnte.
    Als ob er meine Gedanken lesen könnte, sagte er: »Die Passagiere und Mannschaftsmitglieder der Loch Etive geben nützliche Geiseln ab, Mr. Bastable. Ich bezweifle, daß wir bald von Ihren Schlachtschiffen angegriffen werden, was meinen Sie?«
    »Vielleicht haben Sie recht. Und wie sind Ihre Pläne, nachdem Sie ganz China befreit haben?«
    »Natürlich die Welt.«
    Nun war es an mir zu lachen. »Oh, ich verstehe.«
    Er lächelte in sich hinein. »Wissen Sie, wer in der Stadt des Sonnenaufgangs lebt, Mr. Bastable?«
    »Woher sollte ich? Mitglieder Ihrer zukünftigen Regierung?«
    »Ja, ein paar. Aber die Stadt des Sonnenaufgangs ist eine Stadt der Ausgestoßenen. Hier leben Emigranten aus jedem unterdrückten Land der Erde. Es ist eine internationale Siedlung.«
    »Eine Verbrecherstadt?«
    »Einige würden es gewiß so nennen.« Nun schlenderten wir durch breite Straßen, die von Weiden und Pappeln gesäumt wurden, von üppigen Rasenflächen und strahlenden Blumenbeeten. Aus einem offenen Fenster erklang Violinmusik von Mozart. Shaw blieb stehen und lauschte, die Mannschaft der Rover kam stolpernd zum Stehen hinter uns. »Wundervoll, nicht wahr?«
    »Sehr schön. Ein Phonograph?«
    »Ein Mensch. Professor Hira. Ein indischer Physiker. Wegen seiner Sympathien für die nationale Befreiungsbewegung wurde er ins Gefängnis gesteckt. Meine Leute waren ihm bei der Flucht behilflich, nun setzt er seine Forschungen in einem unserer Laboratorien fort. Wir haben viele Laboratorien - viele neue Entdeckungen. Tyrannen verabscheuen eigenständiges Denken. So werden eigenständige Denker in die Stadt des Sonnenaufgangs getrieben. Wir haben hier Naturwissenschaftler, Philosophen, Künstler, Journalisten - sogar ein paar Politiker.«
    »Und eine Menge Soldaten«, fügte ich hart hinzu.
    »Ja, eine Menge Soldaten - und Waffen und Munition«, sagte er vage, als habe ihn mein Einwurf leicht aus dem Konzept gebracht.
    »Und das wird alles vergeudet sein«, erklärte plötzlich Dutschke und wandte den Kopf, um uns anzusehen. »Weil du zuviel Macht konzentrieren willst, Shaw.«
    Shaw winkte gelangweilt ab. »In der Beziehung habe ich doch Glück gehabt, Rudi. Ich besitze Macht, ich muß sie einsetzen.«
    »Gegen andere Genossen. Man hat mich in Brunei erwartet. Ein Aufstand war geplant. Ohne meine Führung ist er vermutlich zusammengebrochen. Inzwischen wird er schon gescheitert sein.«
    Ich starrte ihn an. »Sie kennen sich?«
    »Sehr gut«, antwortete Dutschke ärgerlich. »Viel zu gut.«
    »Dann sind Sie auch Sozialist?« fragte ich Shaw.
    Shaw hob die Schultern. »Ich ziehe den Begriff Kommunismus vor, aber eigentlich spielen Begriffe keine Rolle. Darin liegt Dutschkes Problem - er macht sich viel zuviele Gedanken über Definitionen. Ich sagte dir doch, Rudi, daß die britischen Behörden schon warteten, um dich zu verhaften, daß die Amerikaner schon wußten, daß mit der Rover etwas nicht stimmte, als ihr in Saigon angekommen seid. Euer Funker muß heimlich Nachrichten an sie abgesetzt haben. Aber du wolltest ja nicht hören - und Barry und der Funker mußten wegen deines Starrsinns sterben!«
    »Du hattest kein Recht, das Schiff zu kapern!« rief der deutsche Graf. »Nicht das geringste Recht!«
    »Wenn ich es nicht getan hätte, säßen wir nun alle in irgendeinem britischen Gefängnis - oder wären tot.«
    Korzeniowski sagte schwach: »Es ist alles vorbei. Shaw hat uns mit einem fait accompli konfrontiert, und da haben wir es. Aber ich wünschte, Sie hätten Ihre Leute

Weitere Kostenlose Bücher