Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
denn?«, fragte ich sanft.
»Weil ich zuerst dachte, du würdest mich angreifen. Ich war so entsetzt und wie gelähmt. Ich schäme mich, dass ich so etwas überhaupt denken …«
»Vergiss es. Ich dachte im ersten Moment auch, Seelenreißer wäre hinter dir her.«
Sie nickte bedächtig. »Er kam mir so nahe, dass ich die Klinge spürte. Ich glaube auch, dass sie nach mir giert. Aber diesmal hat sie mich gerettet. Ich glaube, der Bolzen hätte mich am Kopf getroffen. Ich hörte, wie er auf Seelenreißers Klinge prallte, da war er genau vor meinem Auge …«
Seelenreißer war so knapp an ihrem Gesicht vorbeigefahren, dass mir im Nachhinein noch Angst und Bange wurde.
»Was ist mit dem Nachtfalken geschehen?«
»Es war eine Sie. Sie war halb verkohlt und muss sofort tot gewesen sein. Sie liegt noch immer im Innenhof, wohin sie gefallen ist.« Sie sah mich an. »Ich verstehe das nicht, Havald, ich bin nicht gut genug, um einen solchen Blitz zu bewirken, es hätte mich umbringen sollen.«
»Vielleicht liegt es daran, dass der Weltenstrom wieder fließt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er fließt wieder, das ist richtig, ich sehe, wie kräftig die Farben der Magie sind, es ist wunderschön anzusehen.« Sie blickte verträumt an mir vorbei. Dann lachte sie. »Wenn ich zu lange hinsehe, bekomme ich fürchterliche Kopfschmerzen! Aber es geht darum, dass ich diese Kraft in mich aufnehmen muss, um sie dann zu formen und neu zu gestalten. Und darin bin ich nicht gut genug. Wenn ich es jetzt versuchen würde, würde ich verglühen wie Balthasar. Aber … wenn ich wütend bin, ist es irgendwie anders. Dann denke ich nicht … Es ist Instinkt.«
»Gerupft und geröstet.«
Sie zog fragend eine Augenbraue hoch.
»Armin sagte kurz vorher so etwas«, erklärte ich ihr. »Wenn du wütend genug bist, gibt es einen Nachtfalken gerupft und geröstet. Er hat recht behalten.«
Einen Moment lang sah sie mich mit großen Augen an, dann fing sie an zu lachen. Ich fiel ein. Es tat weh, aber trotzdem war es schön und befreiend. Leandra war außer Gefahr, und sie hatte ihren Nachtfalken erlegt.
18. Der Hüter der Schatten
Ich musste geschlafen haben, denn als ich aufwachte, war Leandra gegangen und ich fand Natalyia über mein Bett gebeugt.
»Ich habe den Priester gebracht«, sagte sie.
»Das ist gut«, antwortete ich. Mehr wusste ich nicht zu sagen, ich fühlte mich matt und fiebrig.
»Ich hoffe es«, sagte Natalyia, warf dem Priester einen undeutbaren Blick zu und verschwand mit einer Verbeugung durch die Tür.
»So«, sagte der junge Mann in den dunklen Roben meines Gottes missbilligend. »Ihr seid also der, der sich für den Engel meines Herrn ausgibt.« Er musterte mich, wie ich da auf dem Bett lag. Dann bemerkte er mit einer hochgezogenen Braue Seelenreißer, der neben dem Bett stand.
»Nein«, gab ich zurück. »Ich habe das nie behauptet.«
»Da habe ich anderes gehört«, sagte er kühl. »Ich kam nicht freiwillig her. Bruder Almir schickte mich. Ich las gerade die Schriften über die Entstehung der Völker«, teilte er mir vorwurfsvoll mit. »Ich hätte Fragen an ihn gehabt. Ich habe meditiert und gefastet, um die Worte meines Gottes zu verstehen. Als Bruder Almir in meine Zelle kam, war ich erfreut, weil ich dachte, er käme meinetwegen und um mir bei meinen Studien zu helfen. Aber er kam, um mich zu Euch zu schicken.«
»Dafür bin ich dankbar«, sagte ich. Das stimmte auch, nur wünschte ich mir, er hätte einen anderen geschickt. Offenbar interpretierte er meinen Gesichtsausdruck ganz gut, denn er lächelte schmal.
»Ich bin der beste Heiler im Tempel. Ich könnte reich sein, doch ich widme mein Leben meinem Herrn.« Er sah sich in meinem kostbar eingerichteten Raum um und rümpfte beinahe die Nase. »Ich widme meine Fähigkeiten sonst nicht reichen Herren. Ich tue das, was sonst niemand tut, ich kümmere mich um die Armen. Bruder Almir wies mich drauf hin, dass eine reiche Spende dem Tempel und den Bedürftigen hilft. Ihr seid ein schöner Engel meines Herrn, wenn Ihr seine Gunst mit Gold erwerben müsst.«
»Ich spende ihm üblicherweise nichts«, erklärte ich dem guten Bruder, vor allem weil er meine Geduld zwickte. »Die Art, wie er mir seine Gunst zeigt, gefällt mir weniger.«
Er musterte mich. »Bruder Almirs Worte waren deutlich, sonst wäre ich Euch dankbar für diesen Anlass zu gehen. Ist das das angeblich verfluchte Schwert?«, fragte er mit einem Blick auf Seelenreißer.
»Ja«, sagte
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