Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
soviel ich weiß: Die Reiter rasten hinter dir her, sobald du geflüchtet bist. Sie brauchten ihre Pferde nicht mehr als Blindenführer: du warst für sie nun sichtbar, weil du schon auf der Schwelle zu ihrer Welt standest. Und der Ring zog sie an. Deine Freunde sprangen beiseite, sonst wären sie niedergeritten worden. Sie wussten, dass es für dich keine Rettung mehr gab, außer dem weißen Pferd. Die Reiter waren zu schnell, als dass man sie hätte überholen, und zu zahlreich, als dass man sie hätte abwehren können. Zu Fuß konnten auch Glorfindel und Aragorn zusammen es nicht mit allen neun Reitern auf einmal aufnehmen.
Als die Ringgeister vorübergebraust waren, rannten deine Freunde ihnen nach. Dicht bei der Furt ist eine kleine Mulde, gegen die Straße hin abgeschirmt durch ein paar verkümmerte Bäume. Dort zündeten sie rasch ein Feuer an. Glorfindel wusste, dass eine Flutwelle den Fluss herabkommen würde, wenn die Reiter den Übergang wagten, und dass er dann mit denen fertig werden müsste, die etwa noch am Ufer zurückgeblieben wären. In dem Augenblick, als die Flut kam, rannte er los, Aragorn und die andern hinterdrein, alle mit brennenden Knüppeln. So eingezwängt zwischen Feuer und Wasser und mit einem Elbenfürsten in seiner Zornesgestalt konfrontiert, bekamen es die Reiter mit der Angst, und die Pferde gingen ihnen durch. Drei waren gleich von der ersten Flutwelle mitgerissen worden; die anderen stürzten nun mit ihren Pferden ins Wasser und wurden weggeschwemmt.«
»Und das war das Ende der Schwarzen Reiter?«, fragte Frodo.
»Nein«, sagte Gandalf. »Ihre Pferde werden dabei umgekommen sein, und ohne die sind sie hilflos. Aber die Ringgeister selbst sind so leicht nicht zu vernichten. Einstweilen aber haben wir von ihnen nichts mehr zu befürchten. Deine Freunde sind über den Fluss gegangen, als die Flut vorüber war, und oben auf der Böschung hast du gelegen, bäuchlings und mit einem zerbrochenen Schwert unter dir. Das Pferd hielt bei dir Wache. Du warst bleich und kalt, und sie haben befürchtet, du seiest tot oder wer weiß was noch Schlimmeres. Elronds Leute sind ihnen entgegengekommen und haben dich langsam nach Bruchtal getragen.«
»Wer hat die Flut losgelassen?«, fragte Frodo.
»Elrond hat sie befohlen«, antwortete Gandalf. »Der Fluss in diesem Tal gehorcht ihm und schwillt wütend an, wenn er es für nötig hält, die Furt zu sperren. Sobald der Hauptmann der Ringgeister ins Wasser ritt, wurde die Flut ausgelöst. Ich, wenn ich das sagen darf, habe meinerseits auch noch ein paar Tupfer hinzugefügt: Du hast es vielleicht gar nicht bemerkt, aber manche Wellen nahmen die Gestalt großer weißer Rosse an, mit schimmernd weißen Reitern drauf, und mit ihnen kamen viele polternde und malmende Felsbrocken. Einen Augenblick hab ich befürchtet, wir hätten eine Gewalt entfesselt, die wir nicht bezähmen könnten, und die Flut würde euch alle wegspülen. In den Wassern, die von den schneebedeckten Hängen des Nebelgebirges herabfließen, steckt eine ungeheure Kraft.«
»Ja, nun fällt mir alles wieder ein«, sagte Frodo. »Ein gewaltiges Tosen. Ich dachte, ich müsste ertrinken, mit Freund und Feind. Aber nun sind wir ja in Sicherheit!«
Gandalf blickte Frodo rasch an, aber der hatte die Augen geschlossen. »Ja, ihr seid alle vorläufig in Sicherheit. Bald gibt es hier ein Festmahl und Lustbarkeiten zur Feier des Sieges an der Bruinenfurt, und ihr alle werdet dabei einen Ehrenplatz einnehmen.«
»Herrlich!«, sagte Frodo. »Es ist doch wunderbar, dass große Herren wie Elrond und Glorfindel, um von Streicher gar nicht zu reden,meinetwegen solche Umstände machen und mich so freundlich aufnehmen.«
»Na, dafür haben sie allerlei Gründe«, sagte Gandalf und lächelte. »Ein guter Grund bin ich. Ein zweiter ist der Ring: du bist der Ringträger. Und du bist Bilbos, des Ringfinders, Erbe.«
»Der gute Bilbo!«, sagte Frodo schläfrig. »Ich frage mich, wo er steckt. Ich wollte, er wäre hier und könnte sich das alles anhören. Was würde er lachen! Die Kuh sprang über den Mond ins Gras! Und der arme alte Troll!« Gleich darauf war er fest eingeschlafen.
Nun lag Frodo wohlbehalten im Letzten Heimeligen Haus östlich des Meeres. In diesem Haus, wie Bilbo schon vor vielen Jahren berichtet hatte, »stand alles zum Besten, ob es einem nun auf gutes Essen oder ruhigen Schlaf ankam, auf spannende Geschichten oder schöne Lieder oder einfach auf ruhiges Dasitzen und Nachdenken oder
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