Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
mich hinlegen; dann steigt mir dieser Trank nicht zu Kopf und macht mich nicht schläfrig.«
Auf der rechten Seite der Nische stand ein großes Bett auf niedrigen Pfosten, nur zwei Fuß hoch, mit einer dicken Schicht von trockenem Gras und Farnkraut bedeckt. Langsam ließ Baumbart sich darauf nieder (fast ohne jede Biegung der Leibesmitte), bis er in voller Länge ausgestreckt lag, die Arme unterm Kopf verschränkt und zur Decke hochblickend, wo Lichtflecken tanzten wie auf Blättern im Sonnenschein. Merry und Pippin setzten sich neben ihn auf große Kissen von Gras.
»Nun erzählt mir eure Geschichte, aber nicht zu eilig!«, sagte Baumbart.
Die Hobbits begannen, ihm ihre Abenteuer zu erzählen, angefangen bei ihrem Aufbruch aus Hobbingen. Sie hielten keine strenge Reihenfolge ein, denn sie fielen sich immer wieder gegenseitig ins Wort, und Baumbart unterbrach sie oft, um auf einen früheren Punkt zurückzukommen, oder stellte vorgreifend eine Frage nach den späteren Ereignissen. Bei alledem jedoch sagten sie nichts von dem Ring, erklärten ihm nicht, warum sie auf diese Fahrt gegangen waren oder wohin sie eigentlich wollten; und er fragte auch nicht nach ihren Gründen.
Für alles schien er sich lebhaft zu interessieren: für die Schwarzen Reiter, für Elrond und Bruchtal, den Alten Wald und Tom Bombadil, für die Minen von Moria, für Lothlórien und Galadriel. Über das Auenland und seine Landschaft konnte er nicht genug hören, und als sie es ihm in allen Einzelheiten beschrieben hatten, stellte er eine merkwürdige Frage. »Ihr seht niemals irgendwelche, hm, so ein paar Ents dort in der Gegend, oder? Das heißt, nicht Ents, sondern Entfrauen, sollte ich sagen.«
»Entfrauen?«, sagte Pippin. »Sind die denn überhaupt so wie du?«
»Ja, hm, oder auch nicht: So genau weiß ich das gar nicht mehr«, sagte Baumbart nachdenklich. »Aber euer Land würde ihnen gefallen, darum fragte ich.«
Besonders eingehend fragte Baumbart aber nach allem, was Gandalf betraf; und am meisten interessierten ihn Sarumans Machenschaften. Die Hobbits bedauerten sehr, dass sie darüber so wenig wussten: Von Sam hatten sie nur ungenau erfahren, was Gandalf dem Rat in Bruchtal berichtet hatte. Aber so viel war ihnen jedenfalls klar, dass Uglúk und sein Trupp aus Isengard gekommen waren und Saruman als ihren Herrn bezeichnet hatten.
»Hm, hommm!«, sagte Baumbart, als ihre Erzählung auf vielen Umwegen endlich bis zu der Schlacht zwischen den Orks und den Reitern von Rohan gefunden hatte. »So, so! Das sind ja Neuigkeiten, kann man wohl sagen! Ihr habt mir nicht alles erzählt, ach was, bei weitem nicht. Aber ich hab keinen Zweifel, ihr macht alles so, wie Gandalf es wünschen würde. Eine sehr große Sache ist da im Gange, so viel seh ich, und was es ist, das werde ich zu irgendeinerguten oder bösen Stunde wohl noch erfahren. Wurzel und Zweig, was für eine seltsame Geschichte! Da wächst ein kleines Volk aus dem Boden, das nicht in den alten Listen steht, und sieh an, die vergessenen neun Reiter tauchen wieder auf und machen Jagd auf die Kleinen, Gandalf geht mit ihnen auf eine große Reise, Galadriel beherbergt sie in Caras Galadhon, und die Orks verfolgen sie durchs ganze wilde Land: Da muss sich wohl ein großer Sturm um sie zusammenbrauen. Ich hoffe nur, sie überstehen ihn!«
»Und wie stehst du selbst dazu?«, fragte Merry.
»Hommm, hm, ich hab mich um die großen Kriege nicht gekümmert«, sagte Baumbart, »die gehen meistens die Elben und die Menschen an. Das ist Sache der Zauberer: Zauberer sind immer in Sorge wegen der Zukunft. Ich kümmere mich nicht gern um die Zukunft. Ich bin nicht ganz und gar auf jemandes Seite, denn niemand ist ganz und gar auf meiner Seite. Versteht mich recht: Niemand liegt an den Wäldern so viel, wie mir an ihnen liegt, nicht einmal den Elben, heutzutage. Trotzdem, von den Elben halte ich mehr als von anderen, denn die haben uns einst von der Stummheit geheilt, und da haben sie uns einen großen Dienst erwiesen, den man nicht vergessen darf, auch wenn sich unsere Wege seither getrennt haben. Und dann gibt es natürlich noch manche, auf deren Seite bin ich nun überhaupt nicht: diese … burárum « (er gab wieder einen Laut tiefen grollenden Abscheus von sich) »… diese Orks und ihre Herren.
Damals hab ich mir Sorgen gemacht, als der Schatten auf dem Düsterwald lag, aber als er nach Mordor abzog, war ich für eine Weile beruhigt: Mordor ist weit weg. Aber nun scheint der Wind wieder
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