Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
zogen sich langsam zusammen und wallten auf zu einer riesigen Wolkenglocke; sie muss eine Meile hoch gewesen sein. Am Abend stand ein großer Regenbogen über den Bergen im Osten; und dann verschwand der Sonnenuntergang hinter einem dichten Sprühregen, der auf die Berghänge fiel. Es wurde ganz still. Nur in der Ferne heulten traurig noch ein paar Wölfe. In der Nacht unterbrachen die Ents den Zufluss und lenkten den Isen wieder in sein altes Bett. Und damit war alles vorüber.
Seitdem fällt das Wasser wieder. Ich nehme an, die Keller werden irgendwelche Abflüsse haben. Wenn Saruman aus einem Fenster schaut, hat er eine schöne Bescherung vor Augen. Wir kamen uns sehr verlassen vor. Nicht ein Ent, mit dem wir hätten reden können, war zwischen all den Trümmern zu sehen, und niemand brachte uns Nachrichten. Über Nacht blieben wir auf dem Torbogen; da war es kalt und feucht, und wir fanden keinen Schlaf. Es war uns, als könnte jeden Augenblick etwas geschehen. Saruman ist immer noch in seinem Turm. Wir hörten ein Geräusch, wie wenn ein Wind das Tal heraufbliese. Ich glaube, das waren die Ents und Huorns, die fortgegangen waren und nun zurückkamen; aber wo sie jetzt sind, weiß ich nicht. Es war ein feuchter, nebliger Morgen, als wir runterkletterten und uns wieder umschauten. Niemand war zu sehen. Unddas ist so ungefähr alles, was es zu erzählen gibt. Nach all dem Aufruhr scheint es hier jetzt fast friedlich zu sein. Und irgendwie sicherer fühlt man sich auch, seit Gandalf wieder da ist. Jetzt könnte ich schlafen.«
Alle schwiegen eine Weile. Gimli stopfte seine Pfeife neu. »Eins wüsste ich gern noch«, sagte er, als er sie mit Zunder und Feuerstein anzündete: »Was ist mit Schlangenzunge? Zu Théoden habt ihr gesagt, er ist bei Saruman. Wie ist er da hingekommen?«
»Ach ja, den hab ich vergessen«, sagte Pippin. »Er ist heute Morgen erst angekommen. Wir hatten gerade Feuer gemacht und ein bisschen gefrühstückt, da ist Baumbart wieder aufgetaucht. Wir hörten ihn draußen brummen, und er rief nach uns.
›Ich komme nur, um zu sehn, wie es euch geht, Kinder‹, hat er gesagt, ›und hier habt ihr ein paar Neuigkeiten: Die Huorns sind zurück. Alles ist gutgegangen, sehr gut sogar, und wie!‹ Er lachte und schlug sich auf die Schenkel. ›Isengard hat keine Orks mehr und keine Äxte! Und bevor der Tag sich neigt, kommen Leute von Süden herauf, darunter einige, die ihr gern wiedersehen werdet.‹
Kaum hatte er das gesagt, da hörten wir auch schon Hufschläge auf der Straße. Wir rannten vors Tor hinaus und guckten, und ich erwartete schon fast, dass nun Gandalf und Streicher an der Spitze eines Heeres angeritten kämen. Aber aus dem Nebel heraus kam ein Mann auf einem müden alten Gaul, und der Mann selbst sah irgendwie seltsam schief und verrenkt aus. Niemand folgte ihm. Als er nah genug war, um zu sehen, wie alles vor ihm in Trümmern lag, hielt er an und glotzte und wurde fast grün im Gesicht. Er war so verblüfft, dass er uns zuerst gar nicht zu bemerken schien. Als er uns dann doch sah, schrie er auf, riss sein Pferd herum und wollte sich davonmachen. Aber Baumbart war mit drei Schritten bei ihm, streckte seinen langen Arm aus und hob ihn aus dem Sattel. Das Pferd ging durch vor Schreck, und der Mann wand sich am Boden. Er sagte, er sei Gríma, der Freund und Ratgeber des Königs, ausgesandt mit wichtigen Botschaften Théodens an Saruman.
›Niemand getraute sich, durchs offene Land zu reiten, wo es von Orkgesindel nur so wimmelt‹, hat er gesagt; ›darum wurde ich geschickt. Und nach diesem gefährlichen Ritt bin ich nun müde und hungrig. Ich musste einen weiten Umweg nach Norden machen, um den Wölfen, die mich verfolgten, zu entkommen.‹
Ich bemerkte die schrägen Blicke, mit denen er zu Baumbart aufsah, und sagte mir, ›du Lügner!‹ Baumbart hat ihn mehrere Minuten lang auf seine bedächtige Art angeschaut, und der elende Kerl schien sich in den Boden verkriechen zu wollen. Dann sagte Baumbart: ›Ha, hm, ich hab dich schon erwartet, Herr Schlangenzunge.‹ Der Mann zuckte zusammen, als er den Namen hörte. ›Gandalf war vor dir da. Darum weiß ich über dich schon alles, was ich wissen muss, und ich weiß auch, was ich mit dir anfange. Steck doch alle Ratten in einen Käfig! hat Gandalf gesagt, und das werd ich tun. Der Herr von Isengard bin jetzt ich, aber Saruman sitzt eingesperrt in seinem Turm; und da kannst du nun hingehn und ihm so viele Botschaften überbringen, wie
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