Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Belange Aragorn und den anderen Fürsten, trat auf die Kuppe des Hügels und rief zu den Adlern hinauf; und zu ihm herab kam Gwaihir, der Windfürst.
»Zweimal schon hast du mich getragen, Freund«, sagte Gandalf. »Aller guten Dinge aber sind drei, wenn es dir recht ist. Du wirst mich nicht viel schwerer finden als zuletzt auf der Zirak-zigil, wo mein früheres Leben verbrannt war.«
»Ich trage dich, wohin du willst«, antwortete Gwaihir, »und wärest du von Stein.«
»Dann komm und nimm deinen Bruder mit und noch einen von den Schnellsten aus deinem Volk! Denn wir müssen schneller sein als der Wind und die Schwingen der Nazgûl.«
»Der Nordwind weht, doch wir werden ihn hinter uns lassen«, sagte Gwaihir. Und er nahm Gandalf auf den Rücken und flog nach Süden, und mit ihm kamen Landroval und der junge, schnelle Meneldor. Und sie flogen über Udûn und die Gorgoroth und sahen das Land unter sich in Aufruhr und vor sich den Schicksalsberg, glühend und Feuer speiend.
»Ich bin froh, dass du bei mir bist«, sagte Frodo. »Hier, am Ende von allem, Sam.«
»Ja, ich bin bei dir, Herr Frodo«, sagte Sam und legte sich Frodos verwundete Hand sanft an die Brust. »Und du bist bei mir. Und die Fahrt ist zu Ende. Aber wo wir jetzt einmal so weit gekommen sind, möchte ich noch nicht aufgeben. Versteh mich recht, aufgeben liegt mir irgendwie nicht.«
»Mag sein, Sam«, sagte Frodo, »aber so geht’s nun mal zu auf der Welt. Hoffnungen werden enttäuscht. Irgendwann kommt das Ende. Wir werden nicht mehr lange warten müssen. Ringsum stürzt alles ein, und für uns gibt es kein Entrinnen.«
»Ich weiß nicht, Herr Frodo, wir könnten wenigstens sehen, dass wir von dieser gefährlichen Stelle hier Abstand gewinnen, der Schicksalskluft, wie das wohl heißt. Meinst du nicht? Komm, Herr Frodo, gehn wir den Weg hinunter!«
»Na schön, Sam, wenn du meinst, dann komm ich mit«, sagte Frodo; und sie standen auf und gingen langsam die Straße hinunter, und als sie gerade das bebende Land am Fuß des Berges erreichten, spien die Sammath Naur eine große Rauch- und Dampfwolke aus, die Seite des Kegels riss auf, und ein breiter Strom glühenden Auswurfs ergoss sich donnernd langsam den Osthang hinab.
Die Hobbits konnten nicht weiter. Ihr letztes bisschen Kraft und Lebensmut schwand rasch dahin. Sie hatten einen niedrigen Aschenhügel am Fuß des Berges erreicht, aber von da gab es keinenFluchtweg mehr. Der Hügel war nun eine Insel, die im Wüten des Orodruin nicht lange Bestand haben konnte. Ringsum klafften Spalten im Boden, und aus der Tiefe schossen Rauch- und Dunstschwaden empor. Der Berg hinter ihnen schüttelte sich in Krämpfen. Risse in seiner Flanke taten sich auf, und glühende Bäche kamen die langen Hänge herab langsam auf die Hobbits zugeflossen. Bald würden sie überspült werden. Ein heißer Aschenregen ging nieder.
Da standen sie nun, und noch immer hielt Sam Frodos Hand und streichelte sie. »Was für eine Geschichte, Herr Frodo, die wir da miterlebt haben, nicht?«, sagte er und seufzte. »Ich wollte, ich könnte mal hören, wie man sie sich erzählt. Was meinst du, ob man wohl sagen wird: Jetzt kommt die Geschichte vom Neunfingrigen Frodo und dem Schicksalsring? Und dann sind alle mucksmäuschenstill, so wie wir, als wir in Bruchtal die Geschichte vom einhändigen Beren und dem großen Edelstein hörten. Wenn ich das doch hören könnte! Und ich wüsste auch gern, wie es nach unserem Teil weitergeht.«
Aber während er noch so redete, um ihnen die Furcht bis zum letzten Atemzug vom Leibe zu halten, ließ er den Blick nach Norden schweifen, dorthin, wo der Himmel in der Ferne hell war und wo der kalte Wind herkam, der nun zum Sturm anschwoll und Dunkelheit und Wolkenfetzen vertrieb.
Und so sah sie Gwaihir mit seinen fernsichtigen Augen, als er vor dem Wind herangeflogen kam und, allen Gefahren der rasenden Lüfte zum Trotz, über ihnen kreiste: zwei kleine dunkle Gestalten, verlassen, Hand in Hand auf einem Aschenhaufen stehend, während Feuerbäche heranströmten und die Welt unter ihnen bebte und keuchte. Und als er sie eben erspäht hatte und hinabstieß, sah er sie umfallen: vor Erschöpfung oder erstickt von Qualm und Hitze oder endlich doch der Verzweiflung nachgebend und die Augen vor dem Tod verschließend.
Seite an Seite lagen sie; und herab senkten sich Gwaihir, Landroval und der schnelle Meneldor; und träumend, ohne zu wissen,welches Schicksal ihnen beschieden war, wurden die Hobbits
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