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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Klinke herab und öffnete die Tür. »Schnell, hinein!«
    Johan und Lea reagierten sofort. Hinter ihnen huschte N i co auf den Dachboden, schloss leise die Tür und begann erneut zu summen. Diesmal reagierte der betagte Mech a nismus schneller. Nico ließ erleichtert die Hand sinken und beugte sich zum Schlüsselloch hinab, durch das ein dünner Lichtstrahl fiel.
    »Wenn ich dich nicht kennen und es mit eigenen Augen sehen würde, ich täte es nicht glauben«, sagte Johan.
    »Pscht!«, machte Nico. »Sie kommen.«
    Die Reitpeitsche Toni, der massige Horst und mindestens ein Dutzend anderer Randalierer wogten gegen die Tür.
    »Wir müssen uns verbarrikadieren!«, raunte Nico und deutete auf einen alten Schubladenschrank mit Marmorpla t te zu seiner Linken. »Schaffen wir die Kommode her.«
    Mit vereinter Anstrengung schoben sie das schwere M ö bel über die Bodenbretter. Das dabei entstehende Geräusch war eigentlich unüberhörbar, aber die Aufmerksamkeit im Treppenhaus konzentrierte sich offenbar gerade auf and e res. Die Tür erzitterte unter einem gewaltigen Schlag. Der menschliche Rammbock Horst hatte sich ans Werk g e macht.
    »Noch zwei oder drei solche Hiebe, und sie brechen durch«, spornte Nico den Meister und seine Frau an. O b wohl die Novemberkälte auch auf dem Dachboden Einzug gehalten hatte, schwitzte er aus allen Poren.
    Ein zweiter Stoß ließ die Tür erbeben. Endlich kam der Schrank davor zum Stehen. »Stemmt euch dagegen!«, flü s terte Nico.
    Schlag Nummer drei donnerte gegen das massive Holz.
    »Ein Glück, dass sie früher so stabil gebaut haben«, hauchte Johan.
    »Glück allein wird uns nicht retten«, gab Lea zu bede n ken.
    Als es zum vierten Mal polterte, wurden sie alle ein Stück weit zurückgestoßen. Schnell verstärkten sie den Druck auf die Barrikade. Undeutlich drang eine Stimme durch die Tür.
    »Ich rufe die Polizei, wenn Sie nicht sofort von da oben verschwinden. Der Revierleiter ist ein Freund von mir.«
    »Das ist Bruno«, sagte Lea hoffnungsvoll. Sie meinte den kunstliebenden Nachbarn Grimschitz.
    »Halt’s Maul!«, antwortete ein Unbekannter.
    »Sie landen alle im Knast. Ich geh jetzt und ruf das Revier an.« Im vierten Stock krachte eine Tür ins Schloss und die in der Etage darüber zum fünften Mal.
    »Das ist schon ein Angriff mehr, als du prophezeit hast«, machte Johan seinem Gesellen Mut.
    Nico verzog das Gesicht, was in der Dunkelheit niema n dem auffiel. »Der Pharao hat auch erst nach zehn Plagen klein beigegeben.«
    Die Tür erzitterte abermals.
    Sich weiter gegen die Marmorplatte stemmend, streckte Nico die Hand aus.
    »Was hast du vor?«, raunte Johan.
    »Wart’s ab.« Die Linke des Jungen erreichte den Lich t schalter.
    »Nicht!«, zischte der Meister in Verkennung von Nicos Absichten.
    Denn plötzlich verschwand der gelbe Schimmer aus dem Schlüsselloch.
    »Schaltet mal jemand das Licht ein?«, nörgelte die Rei t peitsche.
    »Schon versucht, aber es ist kaputt«, antwortete eine le i sere Stimme von unten.
    »Dann holt eine Handlampe.«
    »Du hast gesagt, heute Nacht brauchen wir nur Fackeln.«
    »Auch Recht. Her damit.«
    »Die sind alle unten. Wegen der Brandgefahr.«
    Nun meldete sich Horst zu Wort. »Bestimmt ist das wi e der dieser Hexer.«
    »Trottel!«, zischte der Dünne. »Jetzt mach endlich die verdammte Tür auf.«
    »Sie könnten bewaffnet sein. Im Dunkeln ist schlecht kämpfen«, gab ein anderer zu bedenken.
    »Wir sind in der Überzahl.«
    »Aber blind«, sagte Horst.
    »Sie etwa nicht?«
    »Zauberer können auch im Dunkeln sehen.«
    »Herrjemine! Du bringst mich noch zur Verzweiflung.«
    »Lasst uns verschwinden«, schlug eine Fistelstimme vor. »Vielleicht hat der Bursche da unten ja tatsächlich die Pol i zei gerufen. Wozu hier die Zeit verschwenden und Scher e reien riskieren, wenn unsere Liste noch so lang ist?«
    Ein zustimmendes Gemurmel erklang.
    Zum siebten und letzten Mal krachte die Tür, allerdings hörbar schwächer als zuvor. Es musste wohl die Reitpei t sche gewesen sein, die mit dem Hieb ihrer Enttäuschung Ausdruck verliehen hatte. Ungezählte Füße polterten die Treppe hinab.
    Nico sank erschöpft auf die Kommode herab. Seine e r hitzte Wange lag auf der kühlen Steinplatte, als er stöhnte: »Das war nun wirklich knapp!«
     
    Als der Eisenbahnzug endlich anruckte, fühlte sich Nico auf eine zwiespältige Weise befreit. Er und die Mezeis blickten mit gemischten Gefühlen auf die Stadt, die mehr oder w e niger lang ihr

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