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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Die Resistenza ist ständig dabei, nach lohnenden Zielen Ausschau zu halten, um den Besatzern das Leben zu vermiesen. Wir haben da etwas Neues ausbaldowert, das dir nützlich sein könnte. Du eri n nerst dich noch, was ich dir beim letzten Mal gesagt habe?«
    »Dass ich dir für deine Hilfe etwas schulde. Ich stehe zu meinem Wort.«
    Bruno hielt seinem Freund die Hand hin. »Versprochen?«
    Nico schlug ein. »Versprochen.«
    »Also gut. Dann sind wir ab jetzt Partner. Ich werde dir den Plan haarklein erklären. Du bekommst von mir eine Reiseerlaubnis mit echtem Wehrmachtsstempel und alles Übrige. Die Sache hat nur einen Haken.«
    »Und der wäre?«
    »Wir sind da an den Dienstplan eines Militärarztes g e bunden, der unsere Schlüsselperson ist. Der Mann wird übermorgen an einen anderen Frontabschnitt versetzt.«
    Nico riss die Augen auf. »Aber das heißt ja …« »Ganz richtig«, sagte Bruno mit ausdrucksloser Miene. »Morgen Abend muss die Operation steigen.«
     
    Dicke Perlenschnüre aus Regentropfen gingen auf Nett u nia nieder. Nico fröstelte. Hoffentlich brach seine Malaria nicht ausgerechnet jetzt wieder durch! Seine Augen suchten den Himmel ab. Die Angriffe der alliierten Jagdbomber waren in den letzten Tagen immer häufiger geworden. Er hatte sich in einen viel zu großen Mantel aus Ölzeug gew i ckelt, ein Geschenk von Ennio Cardelli, dem Filmvorführer und ehemaligen Fischer aus Anzio. Die wasserfeste Kle i dung war auch nötig, denn der heimliche Späher lag im zugigen Keller einer Ruine am Rande der Stadt; das alter s schwache Gebäude war ganz von allein eingestürzt. Es bot zwar w e nig Schutz gegen Kälte und Feuchtigkeit, aber einen he r vorragenden Ausblick auf das Kühlhaus.
    Endlich rollten die Lastwagen heran, die den im Meer vor Anzio gefangenen Fisch abholen und in die Castelli hinau f schaffen sollten. Generalmajor Wilhelm Raapke und seinen Stab gelüstete es nach frischen Meeresfrüchten. Aus dem Kübelwagen, der die Fahrzeugkolonne angeführt hatte, sprang ein Feldwebel der Wehrmacht. Er sprach Italienisch.
    »Haben Sie die Ware?«
    Der kahlköpfige Verwalter des Kühlhauses überreichte ihm wortlos eine Liste.
    Der Deutsche überflog kurz den Inhalt. »Wunderbar. Ich hoffe, der Fisch ist in besserem Zustand als das welke G e müse, das uns Ihr Kollege letztens andrehen wollte.«
    Nico grinste diebisch. Da hatte er so seine Zweifel.
    Der Verwalter klang brüskiert. »Ich habe mich persönlich um das Kühlaggregat gekümmert. Es ist Tag und Nacht gelaufen.«
    »Ja, mit unserem Treibstoff.«
    »Von dem wir uns ein paar Tröpfchen ausgeliehen haben« flüsterte Nico erwartungsfroh. Jetzt kam das Beste.
    Der Glatzkopf nestelte eine Weile mit seinem kleinen Schlüssel an dem Vorhängeschloss herum, das die Kühlha l le vor hungrigen Mitbürgern schützen sollte. Endlich sprang es auf. Er packte den Griff des riesigen Tores und zerrte es in den Laufschienen zur Seite.
    Der Oberkörper des Feldwebels ruckte nach hinten. Schützend riss er den Arm vor das Gesicht. »Ähhhh! Was für ein widerlicher Gestank! Soll das der frische Fisch sein, den Ihr Chef uns versprochen hat?«
    Der Verwalter warf die Arme in die Höhe. »Ich kann mir das nicht erklären …«
    »Ich schon«, unterbrach ihn der Offizier. Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter. »Oder wollen Sie mir wei s machen, dass Sie nicht die Wärme spüren, die aus dem Kühlhaus kommt? Wir zeigen euren Fischern, wie sie die Seeminen umschiffen können, und zum Dank heizt ihr den Fang, bis die Maden herausquellen!«
    »Aber wie ist das möglich?«, jammerte der Kahlköpfige.
    Nicos Lippen formten die Antwort. »Indem man der Kühlmaschine ein paar warme Gedanken einflüstert.«
    »Vielleicht sollte Ihr Stadtoberhaupt etwas mehr Härte gegenüber den Partisanen zeigen. Rufen Sie ihn sofort her.«
    »Feldwebel …«
    »Keine Widerrede. Ich möchte auf der Stelle Massimili a no Manzini sprechen. Oder wollen Sie, dass wir ihn für ein Mitglied der Resistenza halten? In jüngster Zeit geht alles in die Hose, was er für uns tut. Er soll sich für die Schwe i nerei hier verantworten.«
    »Könnten Sie ihn nicht selbst aufsuchen, Herr Feldwebel? Don Massimiliano ist so ziemlich der Einzige, der noch in seinem Haus wohnt, und …«
    »… außerdem wollen Sie sich die Unannehmlichkeit e r sp a ren, ihm Rede und Antwort zu stehen. Ein Offizier der Deutschen Wehrmacht wird nicht zu Ihrem ›Gouverneur‹ kriechen wie einer seiner Lakaien. Sagen Sie

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