Der Herr der Unruhe
Opfer ruhig ins Visier, warteten, bis sie freie Schusslinie hatten, und eröf f neten das Kreuzfeuer. Die im offenen Gefecht unerfahrenen Partisanen hatten keine Chance. Sie starben wie die Fli e gen.
Zur gleichen Zeit spitzte sich die Lage bei der Wagenk o lonne dramatisch zu. Mehrere Salven durchlöcherten von innen her die Planen der Transporter. Dann sprangen die Soldaten heraus und schossen ziellos ins Dickicht. Die G e genwehr der Partisanen war gering.
Während Hansen einem in der Nähe stehenden Major noch Befehle zurief, zog er seine Pistole aus dem Gürte l holster und zielte auf Bruno.
»Nein!«, schrie Nico.
Der Schlagbolzen klemmte.
»Das kenne ich!«, schnaubte Manzini. Er saß, die Hände im Schoß, geduckt im offenen Wagen.
Nico rollte sich in Richtung der Büsche, und auch Bruno zog sich rasch zurück, aber bevor sie sich im Blattwerk unsichtbar machen konnten, flog unerwartet eine Handgr a nate auf sie zu. Der Werfer war Massimiliano Manzini. Als Nico das diabolische Grinsen seines Gegners sah, wurde ihm bewusst, wer diesen Hinterhalt zum Hinterhalt ausg e heckt hatte. Manzini war der ausgefuchsteste Gauner von Nettunia. Ihn zu unterschätzen konnte leicht tödlich enden.
Die Handgranate landete genau vor Brunos Füßen.
Der Partisan erstarrte.
Nico drückte sich mit Armen und Beinen vom Boden hoch, machte einen Satz nach vorn und landete genau auf dem scharfen Sprengkörper. Er hörte Bruno seinen Namen rufen. Zahlreiche Augenpaare richteten sich auf den im feuchten Sumpfgras liegenden Körper, der jeden Moment zerrissen werden musste.
Aber nichts dergleichen geschah.
Plötzlich herrschte Stille auf dem Schlachtfeld. Sogar die Scharfschützen in ihren Verstecken ließen die Waffen schweigen, vielleicht weil ihre Kameraden in der Fah r zeugkolonne so jäh zur Ruhe gekommen waren oder ei n fach weil sich ihnen keine neuen Ziele boten. Aus der Ferne erklang das Hämmern eines Graukopfspechtes.
Nico erhob sich. Sein Rücken war den Männern im K ü belwagen zugewandt. Langsam drehte er sich um. Die Gr a nate lag auf seiner offenen Handfläche. Er sah auf sie ni e der, dann zu Manzini, holte aus und warf die Bombe.
Sekunden später explodierte sie in einem verheerenden Feuerball.
Der Partisanenführer warf die Hände hoch. »Warum hast du den Fettwanst und seinen General nicht in die Luft g e jagt? Wirfst die Granate in einen Tümpel! Ich verstehe dich nicht.«
»Bitte schön. Ich habe dir gerne das Leben gerettet«, e r widerte Nico spitz. Im dämmrigen Licht einer natürlichen Höhle saß er auf einem Felsen. Sein Kopf dröhnte. Er fühlte sich ausgelaugt. Ihm war übel; er hatte sich schon zweimal übergeben. Die Verfolger irrten vermutlich noch irgendwo in den Sümpfen herum. Ab und zu hallten Schüsse den b e waldeten Berghang empor, wohin sich die Überlebenden gerettet hatten.
»Danke«, sagte Bruno in etwas gemäßigterem Ton. »Aber ich bin nicht mehr wert als jeder meiner Kameraden. Zwölf Frauen und siebzehn Männer von uns sind gefallen, Nico.«
»Gibst du dafür etwa mir die Schuld? Wenn du mich fragst, dann war diese Aktion von Anfang ein Witz. Wer zum Schwert greift, kommt dadurch um.«
»Jetzt fang nicht an, die Bibel zu zitieren! Das kann ich im Augenblick wirklich nicht gebrauchen.«
»Ich wiederhole nur, was ein Freund gesagt hat, der kl ü ger als wir beide ist. Er hätte sich vermutlich nicht von dir breitschlagen lassen, dir bei diesem irren Plan zu helfen.«
»Du redest von dem geheimnisvollen Mönch?«
»Was spielt das jetzt noch für eine Rolle. Ich will nur nach Hause und mich ausschlafen.«
»Um dich von den Patrouillen in Nettunia schnappen zu lassen?«
»Ich werde eine Weile im Torre Astura unterkriechen.«
Brunos Stirn krauste sich. »He, das ist mein Versteck!«
»Stört’s dich?«
»Lass dich nur nicht erwischen. Die Apostolische Ka m mer schickt da ab und zu jemanden vorbei.«
»Keine Sorge. Ich pass auf. Wo werdet ihr hingehen?«
»Wir ziehen uns wieder mal in die Lepini-Berge zurück. Hör zu, Nico, wenn wir das nächste Mal …«
»Es gibt kein nächstes Mal, Bruno. Jedenfalls nicht für mich.«
»Sei doch nicht so stur, amico mio ! Du hast ihre sämtl i chen Motoren – wie nanntest du das? – zum Streik überr e det: Sie sind einfach alle stehen geblieben …«
»Womit ich an den Rand meiner Kräfte gegangen bin, Bruno. Ich bin halb tot. Bist du erst zufrieden, wenn ich das nächste Mal ganz zusammenbreche?«
»Meinetwegen ruh
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